19. Januar 2014
Wien Berlin. Das ist nicht nur eine Ausstellung, das ist eine Auseinandersetzung. Eine private. Oder Zusammensetzung. Demnächst eine Zusammensetzung. Einiger Fragmente, Puzzleteilchen. Erinnerungen. Ich schreibe nicht so gerne über Ausstellungen, das wird schnell langweilig. Man kann hingehen und sich das mit eigenen Augen ansehen. Meine Fotos zeigen auch viel, wenn auch nicht die Exponate, Fotografieren ist in dieser Sonderausstellung nicht erlaubt. Nur das: da sind so berühmte Sachen wie das Mädchen von Christian Schad mit dem Pagenkopf, das jeder von der Briefmarke kennt. Tatsächlich aber ist der Antrieb, mir die Ausstellung gerade jetzt anzusehen, vor einer Woche vielmehr, ein privaterer Bezug. Ich treffe im Mai jemanden in Wien. Für ihn ist Wien ungefähr das, wie für mich Berlin. Nur, dass er gerade nicht da wohnt. Ich habe eine Wohnung im vierten Bezirk gefunden. Nur für wenige Tage. Da war dieses kleine Hin- und Her per Mail, an irgendeiner Stelle die Frage von ihm, ob ich Wien überhaupt kennen würde. Ein paar Mails und Nächte später dachte ich mir: soll er mir doch sein "Wien, Wien nur du allein" zeigen. Flug habe ich auch gebucht. Ja, sollte man gesehen haben, bin ich mir sicher, keine Frage. Wie eben so manche europäische Metropole. Ich war nur einmal ganz kurz dort, auf der Durchreise, 1981 oder 1982. Sehr bizarrer Hintergrund. Hatte mit dem psychotischen Aktionskünstler Otto Mühl zu tun. Bei dem war ich, in seiner Alternativ-Kommune. Fürchterliche Sache. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich freue mich auf "baba" und "waast es eh" und "heast". Mir ist der Dialekt entweder zu geknödelt oder auf eine zeitweise vulgär anmutende Art gedehnt. Die Langsamkeit wirkt auf mich auch nicht gemütlich sondern, grob gesprochen, lahmarschig. Wenn ich ab und zu aus Versehen den Fernseher anmache und auf die 3-Sat-Taste drücke und dann zufällig die Nachrichtensendung vom ORF kommt, bin ich nicht elektrisiert von den österreichischen Kollegen. Das hat immer so einen fünfziger Jahre-Vibe, ich bin da ja auch sehr auf Äußerlichkeiten fixiert. Schlecht geschnittene Anzüge, vernuschelte Endsilben, schwerfällige Bewegungsabläufe. Ich möchte gar nicht wissen, worüber die reden. Aber sei's drum. Ich schaue mir die dekorativen Bauwerke, das Haus der Sezession und die Kaffeehäuser an und vielleicht das Ernst-Fuchs-Museum und durchaus auch die Klimts im Belvedere und vielleicht das Sissi-Museum und das vom Freud. Lustigerweise wurde meine Idee, meinen lieben alten Freund als Fremdenführer zu engagieren, mit dem Hinweis beantwortet, er hätte ja einen ganz schlechten Orientierungssinn, aber er könnte sich da ja bestimmt so eine App oder weiß der Geier... Nun gut. Ich sehe schon, bis Mai kenne ich nicht nur den Stadplan grob auswendig, sondern werde ihn zu mancher Sehenswürdigkeit lotsen. Einiges wird wahrscheinlich sowieso unter den Tisch fallen, weil ich ja unheimlich gerne ausschlafe, was ja in einer Ferienwohnung exzellent möglich ist. Und nun habe ich kurzfristig auch noch ein Lebenszeichen von meinem früheren Freund von 1985, der nach Wien gezogen ist, der von dem ich dachte, er wäre womöglich tot. Vielleicht kann man sich auch für einen Abend treffen. Mal sehen, was das wird! Auf jeden Fall freue ich mich auf die Wohnung und endlich mal wieder Geld in den Wirtschaftskreislauf zu bringen! Ich habe mir auch gleich am Freitag zwei Bildbände und einen Reiseführer und einen Stadtplan gekauft. Aber den Stadtplan tausche ich morgen wieder um. Ich dachte, die hätten alle die typische Falk-Patentfaltung, aber der nicht, der ist wie so ein großer Lappen. Ich will den anderen. Sehr angetan hingegen war ich vom Namen meines Vermieters der Wohnung in Wien. Ein Name wie aus einem Roman. Alter österreichischer Adel. Habe die Ehre! Und den monströsen zehn-Kilo Schinken mit allen Klimtwerken von Taschen bestellt. Und die Heller-Autobiographie. Also ich denke, ich bin bis Mai bestens vorbereitet. Voraussichtlich werde ich dann Führungen zu meinen persönlichen Highlights anbieten können, dann ist die Miete gleich wieder drin! In den Bildbänden habe ich schon ganz viel gesehen, was mich überhaupt nicht interessiert, die ganzen Kirchen, keinerlei Bedarf. Ich war in genug Kirchen in meinem Leben. Tipps brauche ich auch keine, das vewirrt mich eher. Bei den größeren Museen mit den Gemäldesammlungen habe ich auch schon das meiste gestrichen. Kennst du eines, kennst du alle! Die Wohnung ist in der Nähe vom Belvedere, ich denke das reicht in der Hinsicht. Ja, die haben in einem anderen auch die größte Schiele-Sammlung der Welt, aber bin ich so ein Schiele-Fan? Da gerade in der Ausstellung war wieder einiges. Ich bin da eher zwiespältig. Wenn man dann womöglich anstehen muss, ist ja der Nachmittag schon wieder erledigt. Also Hauptsache draußen herumlaufen und schauen und immer schön viel trinken. Kaffee mit Schlagobers und später Alkohol! Womöglich rauche ich auch. Und dann natürlich noch die Gespräche. Vergangenheitsbewältigungsgespräche. Haha. Ich bin ja wirklich gespannt. Den einen habe ich vor zwölf Jahren zuletzt gesehen, über die Umstände möchte ich hier nicht näher ins Detail gehen, den anderen vor
g a g a - 19. Januar 2014, 23:33
Mein Lieblings
liedstückerlHerbert:
http://www.youtube.com/watch?v=_1J0NKtlRwM
...und hea auf zum waanan!
durch den Windmerkwürdig flüchtig, vielleicht von dem scharfen Wind, der durch diese Schluchten pfeift. Aber Paris: Ja. Keine Chance. Geht aber jedem so, wie ich das höre. Andererseits saß ich mal käsebrotmümmelnd im Jardin de Luxembourg und wurde gleich von einer schönen Frau angesprochen. Gut, war eine Deutsche, wie sich herausstellte, die mich wohl aufgrund der Landestracht erkannte.Aber es stimmt, solche ersten Momente prägen. Die Wiener, von denen es ja heißt, die granteln so, waren extrem freundlich zu mir. Ein Tramfahrer ließ mich am frühen Morgen von irgendwo umsonst mitfahren, weil ich mich so unbeholfen mit dem Tarifsystem anstellte. ("Wo wolln's denn hian?") Kleinigkeiten wie Kopf oder Zahl. Sehr angenehm. Und vor allem ist mir Wien eins: vorstellbar. Da gibt es einen Kern und Ring und Gürtel, das macht einfach Sinn (auch wenn ich dort immer mal wieder Nroden und Süden durcheinanderwerfe). Dieses Zerfranste Ihrer (natürlich superinteressanten) Stadt macht mich ganz wuschig. Dafür bin ich zu provinziell.