14. Dezember 2012
Mein Pulver heute beim Kommentieren verschossen. Also bitte. Solche Kommentare würde mancher gerne als Eintrag schreiben.


g a g a - 14. Dezember 2012, 23:59
Trackback URL:
https://gaga.twoday.net/stories/5272334/modTrackback
/Ich dagegen war ja nun im Westen gewesen in jenen Tagen, gleichwohl fuhr auch hier der Blitz hinein ins Weltgeschehen. Es war 1990 oder ein Jahr später, da unternahmen wir mit der Akademieklasse eine Exkursion nach ParisderStadtderKunst, wo der Professeur stets stolz seinen zweiten Atelier-Wohnsitz innehielt. Ich hatte mir alles schön ausgerechnet, denn die Aufteilung der Hotelzimmer im Vorfeld der Reise besagte, dass mindestens in einem Falle ein genderübergreifendes Chambre zu belegen sei in der Herberge nahe dem Place d´Italie. Wir waren ja alle volljährig. Ich also wollte unbedingt clever mit der schönen Monika in ein Doppelbett, wir hatten schon unsere allerlei Vorgeschichten gehabt bis dahin ein wenig im Kopf-an-Kopf, komme was wolle, und alles schien sich nach meinem Plan ganz trefflich anzubahnen, als PLÖTZLICH Georg aus Dresden, der von der dortigen Hochschule ein OstWest-Gastsemester im Westen belegte für Freie Graphik, am Empfang stand und kein Zimmer sich auftat, da keiner mit Georg aus Dresden, dem Unbekannten, seine Bettstätte sich teilen wollte. Es ging also, nachdem alle Männer und Frauen (ausgenommen Monika, die offenbar einen ähnlichen Plan wie ich verfolgt hatte) darum, ob Georg als Einziger der Gruppe ein Einzelzimmer bekäme - als letztlich "ungeliebter" Fremdling ein schier unmögliches Statement zur gerade vollzogenen Wiedervereinigung - oder ob einer der Studenten männlicherseits sich mit ihm aufs Zimmer quartierte, um so der Völkerverständigung dienstvoll den Zoll zu schulden. Und nun raten Sie mal.
Monika verzog sich schließlich lächelnd auf ihr Einzelzimmer und ich fand mich wieder im Ehebett mit Georg. Ich bin ja ein Menschenfreund. Alle anderen lachten, nachdem sie vorher mir freundlich zugenickt. Die grosse Nacht im Eimer. Zunächst. Bis Georg, der vorher schweigsam gewesen, anfing zu erzählen. Ganz ernst. Er sprach sichtlich betroffen vom "Kulturschock", den er in Paris empfände angesichts der ganzen Kunstgeschichte und allem anderen auch, ich weiss noch, wie er ausgestreckt und endlich in der Stadt angekommen auf dem Bett lag und zuletzt weinte. Und ich dann auch mit ihm. Da war alles plötzlich dann ganz ernst. Er erläuterte allerlei ausführlich und erzählte mit Geschichten seines und deutschen Lebens. Und derer der DDR, während ich dann gerne dreimal losging, um nochmal zwei weitere bewegte französische Biere zu besorgen unten im Empfang. Wir hatten eine wunderbare Wiedervereinigungsnacht nebeneinander und Monika verzieh mir später und ich ihr später auch. Die anderen hatten was versäumt, das war noch lange Georgs und mein unbedingt empathisch wortarmes Einverständnis.
(da kannte ich die Schlossstrasse noch gar nicht, wusste nicht um weder Bierpinsel noch Steglitzer-Kreisel (Jugendamt), herrjeh)
ganz wundervolle Replik
Georg aus Dresden. Ich stelle mir vor, wie er sich aus der Ferne mit Paris beschäftigt hat, in Dresden das ja seinerseits spektakuläre alte Bausubstanz hat. Aber wie muss es sein, ohne sinnliche Erfahrung mit jeglicher Verfügbarkeit von allem, in die Ur-Metropole der Luxusgüter gebeamt zu werden. Was wohl aus ihm geworden ist, wo er wohl heute leben mag? Ganz arg schöne Geschichte.