30. November 2011
»Ansonia«. Es ist eine Adresse. Wer braucht jetzt mehr als eine Adresse? Es ist ein Bett. Wer braucht jetzt mehr als ein Bett? Wer nicht aus dem Morgenmantel will, nicht über den Damm ins Bistro gehen, der hat einen Spirituskocher hinter der spanischen Wand versteckt. Wie Hanna Luke, die exilierte Schriftstellerin im vierten Stock, die in ein und demselben Topf, über dem blauen Flämmchen ihren Tee, ihre Eier und ihre Morphiumspritze abkocht. (...) Der eine wandert zum Montparnasse, zu seiner schäbigen Bleibe. Der andere zwei Querstraßen hinauf, zur Avenue Wagram. Dort macht ein Mädchen das Trottoir, ein rothaariges Mädchen, das »die Spinne« genannt wird. Sie hat einen Spezialpreis für Emigranten. Man kann bei ihr liegen, die ganze Nacht, und ihr von der Bayreuther Straße erzählen, und vom kleinen Grunewaldsee.
Friedrich Hollaender, Von Kopf bis Fuß, S. 268, 276, 277
Friedrich Hollaender, Von Kopf bis Fuß, S. 268, 276, 277
g a g a - 30. November 2011, 10:27
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