25. November 2011

Ob ich es wagen sollte, noch einmal einen Blogeintrag zu riskieren? Bin heute zwar etwas langsam, aber dabei nicht unentspannt, vielleicht das warme Vollbad vorhin. Ich glaube, die jungen Leute nennen das gerne chillen. Komisch, es gibt mitunter aus der Jugendsprache rührende Begriffe, die mir zwar überaus geläufig sind, aber dieser Ausdruck hat es noch nie in meinen aktiven Wortschatz geschafft. Der kann sich noch so anstrengen, er schafft es einfach nicht. Wahrscheinlich ist mein Lebensstil insgesamt nicht chillig genug, es fehlen vermutlich die Anlässe für die sinnvolle Verwendung im Alltag. Noch früher hat man dazu 'abhängen' gesagt. Nun ja, die Schulzeiten sind bei mir schon länger vorbei, als Abhängen noch als Variante attraktiver Freizeitgestaltung zur Auswahl stand.

Am Hackeschen Markt (eine hochfrequente wie gleichermaßen hoch frequentierte Ecke in der Mitte von Berlin, für Ortsunkundige) kleben jetzt überall große Werbeplakate für "The Voice of Germany". Hab ich gestern auch geguckt, weil ich Lena - Quatsch - Nena gut leiden kann, und die anderen Coaches kommen auch ganz sympathisch rüber, sogar mitunter dieser Naidoo, der es sonst ausgezeichnet drauf hat, mit seiner latenten Oberlehrer-Klugscheißer-Miene und der unvermeidlichen (und für seinen speziellen Typ nicht kleidsamen) Mütze im Verbund mit entschieden zu dickem Brillengestell, nicht nur optisch meinen Langmut zu strapazieren. Die Boss-Hoss-Jungs sind anscheinend ganz okay, auch wenn ich mir keine Platte kaufen muss. Und der andere mit den längeren Haaren, dieser Brite (oder Ire?), wo ich mir den Namen nie merken kann - Raymon oder so ähnlich, wirkt in dieser Aufgabe direkt temperamentvoll, im Gegensatz zu seinen mir allerdings nur dunkel erinnerbaren Bühnenleistungen. Ach, wobei - ich kann das gar nicht beurteilen. Habe vielleicht vor fünfzehn Jahren mal ein, zwei Auftritte im Fernsehen mitgekriegt, mehr nicht. Einen Hit gab es wohl auch, an den ich mich aber auch so gar nicht erinnern kann.

Aber dass unsere Nena neuerdings Gitarre spielt, finde ich ja sehr niedlich. Hat sie vielleicht zum Fünfzigsten geschenkt gekriegt. Sieht sehr schick aus. Und die jungen Sänger im Wettbewerb recht talentiert. Aber auch die nicht mehr ganz so jungen. Schön, dass die Altersgruppe keine Rolle zu spielen scheint. Eine aus Amerika eingewanderte Sängerin ist sogar schon dreiundfünfzig und hat nach Sexy-Hexie-Manier, aber auch mit viel Stimme, ziemlich aufgemischt. Und dann dieser Charles Dings... (Nachtrag: Simmons) der das Lied von Seal gesungen hat. Alter Profi halt. Lustigerweise selber Gesangs-Coach und sehr angenehmer, besonnener Charakter scheint mir. Er kann mutmaßlich mehr als die fünf Hobby-Coaches aus der Jury zusammen. Ich vermute, sie erhoffen sich eher, von ihm zu lernen. Und dafür kriegt er ein bißchen Nachhilfeunterricht, wie er sich prominenter ins Bühnenlicht setzt. Sicher ein guter Deal für ihn. Und dann war da noch so ein introvertiert wirkender ganz arg sympathischer Josef mit einem breiten bayrischen Akzent, der mir mit seinem Gesang auch ans Herz ging und der dauernd von der innigen Bindung zu seinem Zwillingsbruder geredet hat. Man wollte gleich Zwilling sein. Den Rest habe ich schon wieder mehr oder weniger vergessen. Also nicht komplett, aber nicht so wichtig. Frau Kutschera mit dem Piratentuch hat mich vom Gesicht her ein bißchen an Nico erinnert. Sehr hübsch. Viel Stimme und Temperament auch.

Schon ein anderes Level in dieser Sendung, keine Frage. Und Sebastian Deyle oder wie der heißt, ein Soap-Star und Moderator wie ich gestern erst gelernt habe, ist ja äußerst attraktiv anzusehen. Er hat den Schlager auch ganz anmutig gesungen, hat aber nicht gelangt. Aber so peinlich wie die Klatschpresse tut, war es ja nun weiß Gott nicht. Klavier hat er auch gespielt. Und der Anzug hat toll gesessen. Ein schöner junger Mann. Eher suspekt bis unsympathisch war mir hingegen der exaltierte, leicht angekokst wirkende dunkelhäutige Sänger, der wohl schon mal Backgroundsänger bei Nena war und diktatorisch verkündet hat, er verträgt kein Nein. Ich hab den Namen vergessen. Bin zu faul auf die Seite zu gucken. Das würde meinen Chill beeinträchtigen. Ach ja - und die IKEA-Kassiererin aus Israel war auch noch sympathisch und talentiert. Na jedenfalls stehe ich da vorhin so an der Kreuzung am Hackeschen Markt an der Ampel und gucke auf die riesen Plakate mit den vier Coaches mit ihren zum Victory-Zeichen gereckten Händchen und denke so: was muss das für die beiden Berliner Jungs von Boss Hoss für ein Gefühl sein, sich in einer Reihe mit Nena und Naidoo, der alten Betschwester und diesem Raimonn oder wie er heißt so riesig und wirklich gut fotografiert überall in der City zu sehen. Schön für die beiden.



Ich nehme jetzt noch weiter gepflegt meinen Tee und esse sicher noch das eine oder andere Häppchen und lasse es sonst einen schönen ruhigen Abend in der warmen Hütte sein, an diesem historischen Tag. Jawohl, historisch. Heute jährt sich der Tag, an dem ich beschloss, für einen längeren Zeitraum dem Alkoholgenuss zu entsagen. So als Test, ob man das aushält, mental. Und um zu sehen, ob sich ungeahnte Kräfte entfalten. Ich kann schon ein Fazit ziehen. Ein strenges Jahr ist aber dann auch genug. Wenn ich am 25. November 2010 den ersten Tag auf Alkohol verzichtet habe und heute ist wieder der 25. November, dann ist das Jahr doch voll. Oder nicht sogar schon einen Tag drüber? Jedenfalls ist die Prohibition morgen beendet. Was aber nicht heißen muss, dass ich ab dann wieder trinken muss. Es wäre nur kein Sakrileg mehr.


P.S. bei der Suche nach dem Josef-Link gerade gesehen, heute gab's ja schon die zweite Folge. Dachte, das käme nur einmal die Woche. Dann gucke ich jetzt mal die Konserve von heute.
schneck08 - Sa, 26. Nov, 00:08

Glückwusch! (wege das mit dem drinken!)

g a g a - Sa, 26. Nov, 00:35

Ja, danke! Ich finde es eigentlich auch spektakulär, insbesondere in Anbetracht des Sachverhaltes, dass ich schon von Kindesbeinen an - zwar behutsam aber stetig - an den Genuss herangeführt wurde. Ich wurde frühzeitig an Weinverkostungen beteiligt. Geschadet hat es mir gewiss nicht. Ich glaube, die größte Errungenschaft dieses abstinenten Jahres ist - also jetzt nur im Hinblick auf den unterlassenen Alkoholgenuss - dass ich über eine lange Strecke Klarheit darüber erlangt habe, inwieweit Stimmungsaufhellung durch Bordeaux konditioniert war oder eben auch nicht. Und ich denke, ich kann ab jetzt, wenn es doch einmal in der Luft liegt, effizienter trinken. Oder besser: virtuoser. Ich bilde mir ein, jetzt die feine Grenze besser zu kennen, ab welcher Menge der kleine berauschende Effekt gewährleistet ist und wo die Obergrenze ist, um am nächsten Tag nicht das Gefühl zu haben, sich ein paar Stunden entgiften zu müssen oder etwas abzuarbeiten, bis der Stoffwechsel wieder oben auf ist. Ich denke, die Grenze liegt bei mir bei einem großen oder eineinhalb kleineren Gläsern Wein. Das wäre schon äußerst virtuos, das derart im Rahmen zu halten und zu kultivieren. Ich traue mir das jetzt zu. Es ist schon eine extrem feine Sache (neue Erfahrung für mich), sich morgens - und zwar ausnahmslos an jedem Morgen - wie zu Kinderzeiten ausgeruht, frisch und voller Tatendrang zu fühlen, dieses juchhuu! Auf zum Spielplatz! Das hängt damit zusammen, wenn einem das abhanden kommt. Ich fühle mich tief regeneriert und werde das nicht auf's Spiel setzen.

Was mir ehrlicherweise sehr gefehlt hat, und zunehmend: dieses Rituelle. Und auch die Aromen, gerade auch zum Essen (vor allem tanninreicher Rotwein aber auch die von hochwertigen Obstbränden). Und das Anstoßen. Wenn auch oft nur mit mir selbst. Aber ich liebe das. Diese kleinen Feiertags-Augenblicke. Die sind schon arg schön und ein hohes Kulturgut. Das geht mit einer abendlichen Tasse Tee oder noch so teurem Holunderbeersaft einfach nicht. Da fehlt die Tradition und ich kann mich auch nicht anders konditionieren, das im Alleingang neu zu besetzen. Außerdem ist es manchmal auch sinnig, sich eine Festlichkeit schön zu trinken, wenn sie ein bißchen lau daherkommt. Manchmal entsteht dann eine Inspiration oder ein Überschwang, den der Abend gut brauchen kann. Und manchmal springt ein Funke über und alles wird, wie es sein sollte: ein Fest.
Frau Klugscheisser - Sa, 26. Nov, 19:05

Nachdem ich mich eingehend sowohl mit dem Beitrag als auch den weiterführenden Verweisen auseinandergesetzt habe (ja, ich lese ALLES bis zu ENDE) komme ich nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass die Bonanzas und der Raimund oder wie der nommal heißt so bissel Fähnchen im Wind sind. Die urteilen doch nicht nach Können, die gucken sich das Publikum an und wenn die Stimmung geil gut ist, drücken die das Karussell und wenn ein Furz quer sitzt dann halt nich. Die anderen beiden sind da schon was kritischer.

Ein schönes Restwochenende.

g a g a - Sa, 26. Nov, 19:24

Die Reaktion vom Publikum ist wahrscheinlich eher ein Hinweis auf die optische Darbietung. Die jubeln ja eigentlich immer und wenn die Damen oder Herren auf der Bühne äußerlich was hermachen, wird umso mehr angefeuert. Die beiden von Boss Hoss müssen glaube ich zusehen, dass sie genug Pferde in ihren Coaching-Stall kriegen, weil die meisten Begabteren zu Naidoo oder Rea tendieren. Dass man von Nena nun großartig Singen lernen kann, würde ich auch nicht unterstellen. Sie hat so ihren eigenen Sprechgesang und eine markante Stimme und das ganze Päckchen stimmt halt, aber das ist in die Wiege gelegt, das kann sie nicht jemandem beibringen. Spaß kann man sicher jede Menge mit ihr haben. Und ich denke, sie kann gute Hinweise geben, wenn sie etwas hört, was man davon besser weglässt und was eher ausbaut. Sie weiß das aber ja selbst vermute ich, deshalb hält sie sich auch bei sehr guten männlichen Sängern oft zurück, die wollen ohnehin von einem guten männlichen Coach Erfahrungswerte und Hinweise haben. Daher sind bislang ja auch nur Bewerberinnen in Nenas Kader. Auf jeden Fall interessant, dass die Kandidaten überwiegend schon professionell oder semi-professionell im Musikgeschäft unterwegs sind und meisten viel Erfahrung und eine eigene künstlerische Biographie mitbringen. Bis jetzt wurde noch kein Kandidat abgelehnt, den ich gut genug gefunden hätte. Ist mir überwiegend nachvollziehbar, wie entschieden wird. Ich mache auch meistens die Augen zu, damit ich nicht sehe, wie der Sänger aussieht und gucke erst, wenn der Song vorbei ist. Wenn es gut war, kann man nochmal mit Bild gucken. Macht schon Spaß. Für die übrigen Casting-Formate kann ich mich nicht erwärmen. Das ist doch mehr so Kindergarten, unbeleckte Teenager, die berühmt werden wollen, zu viel Eitelkeit und zu wenig Profil.

Aber ein schönes Restwochenende wünschen wir uns am Samstag noch nicht. Es hat doch gerade erst angefangen! Da kommt gleich Untergangsstimmung auf. Rest-Wochenende ist so ab Sonntag-Mittag akzeptabel. Falls überhaupt. Sie machen das ja auch nur, weil Sie neulich meine schlimme Beichte gelesen haben, so als Anspielung. Sehr aufmerksam ;-)

Danke für diesen Kommentar und für das unermüdliche zu-Ende-Lesen!

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