30. Juni 2013



Foto: Jan Sobottka
Am elften April besuchte ich Jan bei Carpentier, er hielt die Galerie für Besucher auf und arbeitete dabei an seinem Buch, über das wir uns intensiv per E-Mails ausgetauscht hatten. Er schickte mir immer Layout-Dateien mit Portraits, die er in Betracht zog, dann wieder verwarf. Ein Interview mit ihm, um meinen Senf dazuzugeben, ein bißchen zu korrigieren, aber vor allem, um Feedback zu bekommen. Das tat ich gerne. Anschließend hatte er noch Lust, mit nach Mitte zu fahren, es gab eine Eröffnung bei Harry Judy Lybkes Galerie EIGEN+ART. Dort war es brechend voll. Allerlei hippe Galeriebesucher drängelten sich um eine komplizierte Installation im Kellerraum, die irgendetwas mit Magnetismus und Elektrizität bewegte, sehr raumgreifend. Ich dachte, das gehört doch eher in ein technisches Museum oder in den naturwissenschaftlichen Unterricht, aber egal. Später erst realisierte ich, dass das elektronisch gefütterte Bild, vor dem mich Jan ablichtete, in ständiger Veränderung begriffen war und sich keine Form wiederholte und es wohl ein Teil der Konstruktion im Keller war. So ganz habe ich es nicht durchschaut, aber hinterher fand ich es dann spannender, als in dem Moment, wo ich dort war und das nicht wusste. Ein komisches Völkchen war dort. Man merkte, dass nicht der Künstler oder die Installation den Magnetismus für diese überfüllte Vernissage verursachte, sondern der Ruf, der der Galerie vorauseilt. Der Galerist Judy Lybke vertritt Neo Rauch, den derzeit vielleicht kommerziell erfolgreichsten Maler unserer Zeit. Brad Pitt kauft unter anderem Werke von Neo Rauch, da darf es schon etwas mehr kosten. Nur mal so, als Einlassung für die Leser, die sich nicht unbedingt damit befassen, welche Galeristen welchen Maler vertreten und wie sich der Hype dann anderweitig auswirkt. Die Galerie ist praktischerweise in der Auguststraße, so hatte ich es nicht weit nach Hause. Wir waren ungefähr sieben Minuten dort, bestimmt nicht viel länger. Und nichts getrunken. Damals hatte ich ja alkoholische Getränke zwecks Rekonvaleszenz vorübergehend komplett gestrichen, was mir auch gut getan hat. Also das zu dieser Farb- und Schwarzweiß-Version einer Aufnahme, die Jan dort gemacht hat. Ich hatte meine Kamera an diesem Tag zwar dabei, aber keine Lust, sie zu benutzen. Es gab tatsächlich kein einziges Bild, das ich unbedingt hätte festhalten wollen. Außer vielleicht zwei kleine Mädchen, die Straßenmusik machten, an der Ecke zur Tucholskystraße. Die Idylle war fast schon zu perfekt, das dekorative Notenblatt auf einem alten Stuhl, die putzigen Zöpfe, der Eifer, die Geschäftstüchtigkeit der kleinen Künstlerinnen. Die waren wunderbar. Obwohl sie saumäßig schlecht spielten. Sie übten im Grunde nur, absolute Anfängerinnen. Aber dieser Mumm, sich da hinzustellen, an die Kreuzung vor dem Keyser Soze und sich unfassbar schiefe Töne zu leisten, ohne die Übung abzubrechen. Kein Wunder, dass der Hut voll war. Einfach toll, dieser Mut. Jan amüsierte sich über meine Begeisterung und dass ich ihn mehrfach darauf hinwies, dass es sich um Kinder handelt und ich mich positiv, ja begeistert äußere, was er doch bitte zur Kenntnis nehmen möge. Ich schimpfe ja immer über die mitgeschleppten Kinder und Säuglinge in den Galerien, die mir dort so unnütz und wie entführt vorkommen. Aber da habe ich die Kamera eben auch nicht ausgepackt, ich dachte, ich zerstöre vielleicht den Zauber und wie man sieht, ich habe es auch ohne Fotos nicht vergessen.

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