leider nicht. ich habe mich so um 1981/82 herum begeistert mit dalí beschäftigt und wollte damals auch sehr gerne dorthin. dann wurden andere dinge wichtiger und ich habe es und ihn aus den augen verloren. damals hatte mich ein bildband aufmerksam gemacht, in dem fotografien des ortes und der räume waren.
es war sehr eigenartig, dieser besuch vorgestern. ich bin eher aus einer überlegung, dass es ja bei mir um die ecke ist, hingegangen, ich dachte eigentlich an nichts aufregendes oder neues. beinah ein wenig gelangweilt. da sind aber sehr schöne lithographien und radierungen, die mir völlig unbekannt waren und mir in erinnerung brachten, wie virtuos er war. nicht diese bis zum überdruss bekannten motive.
das beste war aber neben einem gläsernen koffer, der film, der in einem spartanischen vorführraum gezeigt wurde. salvador dalí - a soft self-portrait. er hat sich selbst in seiner umgebung in szene gesetzt (die datierungen schwanken zwischen '65 - '72). veruschka taucht auch auf. sie hat mich überhaupt auf die ausstellung aufmerksamer gemacht, als ich es gewesen wäre, da in irgendeiner notiz im internet erwähnt wurde, dass sie bei der ausstellungseröffnung anwesend war. der film zeigt sein ganzes universum. zum anfassen. wahnwitzig, was er aus seinem kopf und geist in die materielle welt geholt hat. diese eier.
danach wusste ich wieder, warum er mich als halbwüchsige so fasziniert hat. auf den bildern war immer ein weiter horizont und der grenzenlose geist sichtbar. damit habe ich mich sofort identifiziert. und heute noch mag ich, dass er sich selbst bei der inszenierung seines universums nicht ausgespart hat. er war kein schnöder handwerker, der hinter dem werk in den schatten tritt und dabei sehr witzig. im film, den es bei amazon.com als dvd gibt, erklärt er auch zu beginn seine seltsame sprechweise: dalínian english. er hat wohl sogar seinerzeit eine schallplatte veröffentlicht, auf der div. lektionen dieses in seinen augen einzig wahren englischs zu hören sind.
ein weiteres interessantes exponat, leider unter glas, in einer vitrine, ein von ihm gemaltes tarotdeck. hätte ich gerne gesehen, aber man konnte nur den aufgehäuften stapel sehen, nicht die einzelnen karten.
es hat sich also wider erwarten gelohnt und mich in das staunen von vor fünfundzwanzig jahren zurückversetzt. das war mir diesen kleinen film wert.
Hier sollte was zu hören sein. Ich war 1983 in Figueres, obwohl ich schon damals Dalí (und das, was einem landläufig so als "Surrealismus" schmackhaft gemacht werden sollte) eher langweilig fand. Brennende Giraffen! Käseuhren! Kunstkurs 11. Klasse! Im Museum gefiel mir Vostells "Fernsehturm" fast am besten, aber dann heißt es ja auch immer, Fluxus begann in Wuppertal.
Dalís "Regentaxi" war dann aber schon beeindruckend. Damals, als unbedarfter jüngerer Mensch, fand ich es auch nicht so platt wie viele seiner bekannteren Werke. Und die "optischen Täuschungstricks", die es im Museum zu bewundern gilt, wirken natürlich auch immer... als Taschenspielerei. Mal sehen, in Berlin laufen ja gerade ein paar interessante Sachen. Vielleicht schaue ich auch mal dort vorbei.
natürlich auch das - français dalíesque! dieser perfektionistische spinner.
ich war auch schon 1981 zwei jahre jünger ;-) und hatte nicht das privileg, durch irgendeinen kunstkurs oder ein akademisches elternhaus an diese dinge herangeführt zu werden. insofern ist das bei mir als halbwüchsiger wie regen auf die wüste gefallen. wenn ich hier schreibe, wie ich zu dem buch, diesem bildband gekommen bin, lachen sie mich wahrscheinlich aus. oder auch nicht. das hat mir damals eine menge bedeutet. es war der beweis, dass man in dieser welt verrückt sein darf und damit überleben kann, ja mehr als das: freude, ruhm und ehre erlangen kann. diese information wurde mir bis zu jenem zeitpunkt komplett vorenthalten.
ich denke gerade wieder über diesen mechanismus nach, dass sehr bekannte werke von sehr populären künstlern irgendwann so selbstverständlich da zu sein scheinen, dass man sie kaum mehr ohne den kontext des populären zu beurteilen vermag. ein schaler geschmack stellt sich ein. man möchte die drucke beschränken.
die ausstellung ist sehr schlicht gehalten und wie schon erwähnt auf radierungen und lithographien reduziert. keine einzige leinwand. ein paar kleine bronzen. ich sah immerhin vier oder fünf radierungen, die ich gerne um mich hätte. flirrend, komplex, licht, filigran. ach ja und: viele, viele zeitungsartikel. alte vergilbte spiegelausgaben etc. ausstellungstechnisch allerdings nicht sehr dalíesk aufbereitet. mir zu simpel. der film ist das, was davon bleibt.
man kann natürlich den fokus darauf richten, was bei alldem fehlt. eher schwer vorstellbar, dass mich eines seiner werke zum weinen brächte. am meisten rührte mich noch das bekannte portrait des verlorenen zwillingsbruders, wobei ich nie recht verstand, ob es eine phantasie war, eine obsession oder real. aber egal. echte sentimentale ergriffenheit hat sich bei mir nur eingestellt, als ich damals die ersten bilder des schwerkranken mit den schläuchen im gesicht sah. er hat so viel er konnte, von seiner welt in diese gegeben und das war viel. was will man mehr. niemand ist alles.
Ich habe ein paar Mal in meinem Blog über diese merkwürdige Rezeptionsdegenerierung des Surrealismus' geschrieben (und bin dafür verdeckt & offen angegriffen worden), wobei ich im Grunde etwas ganz ähnliches meinte. Manche Kunstwerke werden durch ihre Allgegenwart zu harmlosen Ohrwürmern (Augenzucker?), denen man das ursprünglich Aufrüttelnde (meinetwegen "Revolutionäre") nicht mehr anmerkt. "Blowin' in the Wind" als unerträgliche Fahrstuhlmusik. Miró ist auch so ein Kandidat - unerträglich. Er selbst kann natürlich nichts dafür, und seine riesigen Gemälde muß man mal "in echt" gesehen haben, um diese armseligen Poster erst recht zu hassen.
Der Rezipient ist aber auch nicht dümmer geworden. Man ist Komplexes gewohnt, hat sich geübt am Ungewöhnlichen. Ein bißchen Alltags-Freud hier und postmoderne Zitier- und Collagierfähigkeit da - und schon verliert das ach so Ungewöhnliche des surrealistischen Oxymorons, der Montage seinen Reiz. Ob Ernst, Dalí, später auch Wunderlich - die landen alle im Badezimmerkalender vom Taschen-Verlag, und schrecken keinen Bürger mehr aus seiner Ruh'.
Leute wie Magritte waren lange Jahre zum Partywitz verkommen, man meint, einmal hinter den Spiegel geschaut und den "Trick" kapiert zu haben. (Magritte finde ich übrigens langsam wieder interessant.)
Dalí (ich erinnere mich noch an die Tagesschau-Berichte rund um seinen Tod, der alte Mann mit den Schläuchen im Rollstuhl) war am Ende Liebling einer Marbella-Schickeria und würde heute vielleicht Paris Hilton malen. Aber gleich wie ich jedem A-Blogger seinen Whirlpool gönne, neide ich Dalí auch das nicht. Berühren muß es mich freilich nicht.
Duchamp hat es immer noch am besten gelöst: alles rechtzeitig sein lassen, nur noch Schach spielen und Damen hofieren. Wunderbar.
Zufälle, von wegen: Ich klaube gerade was über Squeeze zusammen - und was muß ich finden? Die Illustrierung meiner Aussagen. Immerhin wissen die Briten wie das geht mit der Ironie. (Musik darf man vergessen, da waren Squeeze bereits ebenso passé.)
Am Anfang dachte ich ja noch...
... aber dann nicht mehr. :)