01. April 2011



Einigermaßen überraschender Kommentar in der heutigen B.Z.:

German Angst.


"(...) Aber wie reagieren andere Nationen auf so etwas? Tanzen sie erst einmal Sirtaki, um die mediterrane Lässigkeit zu feiern? (...) "Typisch deutsch": Dieser genervte Seufzer ist mir in letzter Zeit andauernd begegnet. Ausgestoßen wird er grundsätzlich von Deutschen, die ihre Landsleute wahnsinnig kleinkariert und peinlich finden. Sie selbst sind natürlich ganz anders, sonst würden sie ja nicht so darunter leiden ..."Typisch deutsch" - so wird zurzeit auch die neue Atomkraft-Debatte geschmäht. Über die Gefahren nachzudenken, wird als "German Angst" belächelt. Während sich etwa die Franzosen die Laune nicht verderben lassen, nehmen die Deutschen das Unglück in Japan doch tatsächlich zum Anlass, ihr eigenes Konzept zu hinterfragen" Stephanie Jungholt, B.Z. vom 01.04.11

[ durchaus.]
Eugene Faust - Fr, 1. Apr, 22:06

Bei mir handelt es sich um German Zorn!

g a g a - Fr, 1. Apr, 22:11

Hier beides. Was mich fassungslos hinterlässt, ist die scheinbar uneingetrübte Heiterkeit bei einigen Menschen. Ich stehe wie gelähmt davor. Sprachlos. Verständnislos. Fassungslos. Man kann nur versuchen zu sensibilisieren. Ich denke schon, dass es mit absichtsvoller Verdrängung zu tun hat. Eben das zitierte 'Pfeifen im Dunkeln'. Existentielle Ängste vor persönlichen Veränderungen spielen vielleicht auch eine Rolle. Beharrungsvermögen. Verstrickungen des täglichen Lebens, des Arbeitgebers. Ich will das gar nicht weiter mutmaßend ausführen. Ich spüre da einiges. Beharrungsvermögen ist mir selbst nicht fremd, aber der Einschnitt, die latente Körperverletzung ist so nah. Ich meine: in diesem Leben nicht mehr Tokio zu sehen, ist ein Luxusproblem. Das hätten andere gerne. Aber es wäre schön gewesen. Unsere Nahrung jedoch... Die Luft. Die Pflanzen. Das Meer. Die Meeresbewohner. Im Pazifik schwimmen zu können. Als Fisch oder Mensch... Der Mensch durfte, der Fisch muss. Es ist sein einziger Lebensraum auf der Erde. Die Nachricht, dass sich ein Biobauer aus Fukushima eine gute Woche nach der Katastrophe das Leben nahm, weil niemand mehr sein Gemüse kaufen wollte. Sein Leben. Es muss schön dort gewesen sein, in Fukushima. Damals, vor der Katastrophe. So wie es schön ist, an so vielen Orten der Erde. Wie schön und heil mir so vieles hier jetzt klar erscheint. Und doch filigran. Alles.
arboretum - Fr, 1. Apr, 23:04

Ja, es wäre schön gewesen.

Meine japanischen Freunde haben mich 1998 zum ersten Mal eingeladen, sie in Tokio zu besuchen, und danach auch noch einige Male, doch ich hatte nie das Geld.

Meine Freunde haben zwei sehr liebe Kinder, 17 und 9 Jahre alt. Wie schön wäre es, wenn sie gesund aufwüchsen.
g a g a - Fr, 1. Apr, 23:32

ja. das wäre schön.
Ich muss gerade an die Geschichte von Matashichi Oishi denken, dem japanischen Fischer der bei der Zündung der größten Wasserstoffbombe 'Bravo' auf dem Bikini-Atoll verstrahlt wurde und dessen Geschichte in den letzten Tagen durch die Welt ging. Ich muss deswegen daran denken, weil er darin erzählt, wie schwer es für seine Tochter war, einen Lebenspartner zu finden, nachdem bekannt wurde, dass ihr Vater verstrahlt ist und kein Mann eine Frau, und keine Familie eine Schwiegertochter wollte, deren Kinder wegen der Herkunft von verstrahlten Eltern nicht gesund wären. Und so werden die Menschen aus Fukushima ausgegrenzt werden. Aus Angst vor der Strahlung, die ihnen anhaftet, in ihnen arbeitet, wenn sie kontaminierte Nahrung zu sich genommen haben. Und das haben sie.
arboretum - Sa, 2. Apr, 21:03

"Mein Bruder drängte bis vor wenigen Jahren darauf, ein Geheimnis daraus zu machen, dass ich in Hiroshima war, als die Atombombe fiel. Dabei ist er Arzt. Er müsste doch wissen, dass die Befürchtungen irrational sind. Er sorgte sich darum, dass seine Kinder Schwierigkeiten bekämen, einen Ehepartner zu finden mit einem Onkel wie mir. Deshalb wollte er auch nicht, dass der Name unserer Mutter in der Gedenkstätte der Atombombenopfer in Hiroshima angebracht wurde. „Warte wenigstens, bis meine Kinder verheiratet sind“, sagte er. Ich habe 60 Jahre lang gewartet, ihm zuliebe."

Hideto Sotobayashi, Professor für Physikalische Chemie, im Interview im Tagesspiegel. Er erlebte als 16-Jähriger die Atombombenexplosion in Hiroshima und wohnt mit seiner deutschen Frau in Berlin.
g a g a - So, 3. Apr, 10:41

"Eine zehn Meter hohe Welle, das ist Schicksal. Man muss sich damit abfinden und alles wieder aufbauen. Aber Hiroshima und Fukushima sind keine Naturkatastrophen. Daran ist der Mensch schuld. (...)"

"(...) genau wie heute für Fukushima gilt: Man kann nicht einfach eine Linie ziehen. Strahlung verbreitet sich nicht so homogen. Es war auch nicht nur die Entfernung, die darüber entschied, ob man erkrankte oder nicht."

"(...)
Sie haben am Fritz-Haber-Institut gearbeitet, wo Otto Hahn an der Kernspaltung geforscht hat. Ja, und ich habe in den 50er Jahren Lise Meitner kennen gelernt. Keiner von beiden dachte daran, die Bombe zu bauen. Die beiden betrieben Grundlagenforschung, das entspricht der menschlichen Neugier. Die Anwendung ist keine Frage der Wissenschaft mehr, sondern eine Frage der Moral, der Ethik und der Politik."

Danke für diesen Link zu diesem bewegenden Gespräch.
g a g a - So, 3. Apr, 10:55

Viele Notaufnahmelager nehmen nur noch 'saubere' an, keine Menschen aus Fukushima.

Hier ein Artikel über die letzten Bewohner von Fukushima, die trotz der Empfehlung der Regierung, Fukushima so schnell wie möglich zu verlassen (wir wissen ja mittlerweile, dass es sehr brisant sein muss, wenn die Verniedlichungsbrigade der Regierung eine derartige Empfehlung ausgibt), es nicht über's Herz bringen ihre Heimat zu verlassen.
arboretum - So, 3. Apr, 16:48

Alle drei Links führen zu demselben Artikel, ist das beabsichtigt?
g a g a - So, 3. Apr, 16:52

oh - das war ein Versehen. Es sind jetzt nur noch zwei Links, den ersten ('saubere') habe ich gerade korrigiert.

Diesen Artikel habe ich gerade erst gefunden:
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/japan/2708259/man-fuehlt-sich-stigmatisiert.story
arboretum - So, 3. Apr, 17:23

Das dachte ich mir schon. Passiert mir auch leicht.

Dass die Aufnahmelager nun keine verstrahlten Menschen mehr aufnehmen, wusste ich noch gar nicht. Grausam.
Der menschlichen Dummheit kann offenkundig nicht einmal Uran etwas anhaben, die trotzt allem.

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