24. Juli 2025

Fällt das eigentlich noch jemandem außer mir auf? Immer mehr Online Shops für Schmuck, Lederwaren und Kleidung werben in Pop up Fenstern (vor allem auf youtube in der Seitenleiste) für eine Art "Ausverkauf" oder "Schlussverkauf" aufgrund angeblicher altersbedingter Geschäftsaufgabe, garniert mit Portraitfotos von grauhaarigen Damen im Rentenalter an ihrer Werkbank oder in der Nähstube. Der Duktus betont mitleiderregend bis weinerlich à la:

"Nach vierzig Jahren Geschäftstätigkeit muss ich nun mein kleines Schmuckatelier/Lederwarengeschäft/etc. aufgeben, das ich mir in harter und schwerer Arbeit aufgebaut habe. Es fällt mir wirklich schwer. Hier noch einmal die Gelegenheit, einmalige Schmuckstücke zum Vorzugspreis erwerben, Silberanhänger mit Halbedelstein, nur tausend Euro / edle Geldbörse aus Schweinsleder, nur 249,50 Euro"

Vielleicht irre ich auch und das sind WIRKLICH regionale Kleingewerbetreibende kurz vor dem Ruhestand, die auf den letzten Metern E-Commerce für sich entdecken. Aber eigentlich traue ich dem Braten nicht. In meiner blühenden Phantasie sind das KI-generierte Online-Shops mit Geschäftssitz in China oder Timbuktu oder Takatuka-Land, wo die "edlen Waren" in fensterlosen Fabriken am Fließband zusammengeschustert werden. Aber vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo dazwischen. Jedenfalls bin ich nicht emotional erpressbar, nur weil auf youtube (seit die Adblocker-Sperre eingetreten ist) ein grauhaariges Mütterchen wehmütig auf "ihre letzte Schmuckkollektion", IHR LEBENSWERK guckt, das ich ihr bitte abnehmen soll.

Schon wieder das Thema "Nachlassangst"! Ein von Ingeborg Bachmann erfundenes Wort. Sie hatte nämlich reichlich Nachlassangst. Aber nicht in dem Sinne, dass sie fürchtete, dass sie Zeug hinterlässt, das keiner braucht oder haben will oder nicht zu schätzen weiß. Nein, sie war recht selbstbewusst, selbstsicher, was den Wert ihres Nachlasses anbelangt. Ihre Nachlassangst bestand in der Befürchtung, dass spätere Biographen private Eckdaten in ihre Auswertungen einbeziehen, die sie in privater Korrespondenz finden. Sie war schon in ganz jungen Jahren, bevor sie großen Ruhm erlebte, davon überzeugt, dass sie in die Kategorie Person des öffentlichen Lebens fällt. Und tatsächlich kam es dann ja auch genau so.

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Margarete 24. Juli...
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