26. Juni 2025
"Mit der Zeit war auch für Marianne ein Leben in Berzona vorstellbar. Es war Anfang Mai 1965, als sie ins Tessin zogen. (...) Für die Einheimischen blieben sie Städter. Neben Anderschs und dem Typographen Jan Tschichold, der 1933 in die Schweiz geflüchtet war, hatte auch Golo Mann ein Haus in Berzona. Bei der ersten Einladung beichtete Frisch, er habe zu seiner eigenen 'Schande' Thomas Mann nie besucht. Dabei vertraute ihm Adorno öfter an, der Meister habe nur darauf gewartet, dass Frisch sich melde und einmal nach Kilchberg komme. Frisch ging lediglich zu Thomas Manns Beerdigung, hatte immerhin einiges vom Dichterkollegen gelesen, aber ihm fiel wenig dazu ein, und er wusste nicht, was er mit Thomas Mann hätte reden sollen. Zu seiner Überraschung stieß er bei Golo Mann auf Verständnis, der mit dem unvergesslichen Satz geantwortet haben soll: "TM war nicht ergiebig." Allerdings hielt Frisch auch Thomas Manns Sohn auf Distanz, was Marianne bedauerte, denn an den wenigen gemeinsamen Abenden und bei mindestens einer Wanderung in den Sechzigerjahren genoss sie den unterhaltsamen und witzigen Golo Mann, der sich als Konservativer seinerzeit nicht näher zu Frisch und seinen Büchern hingezogen fühlte. Ihm missfiel, wie Frisch in dem bescheidenen Tessiner Dorf seinen luxuriösen Lebensstil mit Jaguar und Swimmingpool zur Schau gestellt habe. In seinem höher gelegenen Haus litt er zudem unter Wassermangel, wenn Frisch zu viel für seinen Pool verbrauchte."
Julian Schütt, "Max Frisch - Biographie einer Instanz", S. 225 - 227

Fotos: Max Frisch im Pool Berzona 1968: Renate v. Mangoldt, Max Frisch und sein Jaguar 1885: Karin Pilliod, Max Frisch und Golo Mann Rüschlikon 1968: Pia Zanetti
Julian Schütt, "Max Frisch - Biographie einer Instanz", S. 225 - 227

Fotos: Max Frisch im Pool Berzona 1968: Renate v. Mangoldt, Max Frisch und sein Jaguar 1885: Karin Pilliod, Max Frisch und Golo Mann Rüschlikon 1968: Pia Zanetti
g a g a - 26. Juni 2025, 15:37
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