11. September 2024

[ Reisenotizen 14. Juli 1991 ]



"Sonntag in Griechenland. Die blühende Insel Spetses mit der „clear air“ verursachte mir trotz Willenskraft-Kampf Atemnot zur Schlafenszeit. Meine Eindrücke sind noch nicht so ergiebig verdaut. Natürlich liebe ich alle Griechinnen und auch die Männer. Die Damen haben großes Talent, das wirk-lich Beste auch aus einem weniger eindeutigen Typ zu machen. Frisur, Make up, Haltung – nötigen wohlwollende Zustimmung ab! Anerkenndes Pfeifen! „Innerlich“ quasi…. Schönes Gelabere. Mein übliches Asthma-Ablenkungsmanöver. Ich muß mich halt erst einleben, „ein-atmen“…. Wie der Appartement-Besitzerin-Sohn oder Neffe erklärt hat: „The Cyclades… - the architecture – yes! – it is more striking – but – it’s too dry… it’s better here…. It’s better….”



Und die gigantischsten Bananen-Bäume, die das Auge je erblickt hat… Ein Blatt, das 2 Meter breit ist und um ein Vielfaches länger. Und wilder Wein und Pfirsiche, noch grün, und alle Kräuter und Bäume, viele Kiefern und hohe Gräser und Blüten, die der Insel ein Frühlingsgesicht geben – und das lauteste Grillen-Zirpen als immerwährendes Hintergrund-Geräusch. Schafe zwischen Panama-Gras beim Blick vom weiß-gekalkten – natürlich – Balkon. Der in Ermangelung einer Hanglage des Hauses, nicht vorhandene Meer-Blick (vom Reiseveranstalter übrigens in keiner Weise zugesagt), hat ein deutsches Paar mit Angeber-Attitüde zu einem hysterischen Anfall mit dem einfältigen und nutzlosen Refrain „But we want to see sea, we want to see sea, we want to see sea!“ hingerissen.



Womit sie sich für die Schublade der blöden Deutschen qualifiziert haben. „They make me ill….“ sagte die Lady aus Athen, „Tell me…. What shall we do about them…? Shall we tell them to go to Hydra?...?” Es gibt einen klassischen Athener. Onassis-Style. Tiefdunkle Sonnenbrillen, häufig Goldrand, Das gute 60er-Jahre-Design. Und beige und weiße Polo-Hemden zu beigen oder weißen Baumwollhosen mit Schlag… Dazu beige oder weiße Slipper. Reeder-Look. Und ein sinnlicher, herrischer Mund unter markanten Nasen. Und eine angemessene, goldene Uhr am angenehm-behaarten Handgelenk. Stolz. Sehr…. Der Steward auf dem „Flying Dolphin“ von Piräus nach Spetses…. In blütenweiße Baumwolle gewandet, die nacht-schwarze Brille (die braunen Oberarme…). Eigensinniger Gesichtsausdruck. Stolzer Grieche, gar nicht lächerlich, sondern jedem eingebildeten New Yorker an Coolness überlegen. Da weiß man, was man hat! (...Da wüßte "frau", was "frau" hätte...)"





Kleine Fußnote zu diesen in einer schlaflosen Nacht auf dieser blühenden Insel Spetsai entstandenen Notizen: ich hatte bis vor achtzehn Jahren, also bis 2006, seit meiner Kindheit jeweils in den Sommermonaten Juni, Juli und August nächtliche Asthma-Attacken, die mir allnächtlich bis Ende August ab drei Uhr nachts den Schlaf raubten. Ich konnte dann nur aufrecht sitzend einigermaßen atmen oder in seltsam gekrümmten Körperhaltungen und hatte immer entsprechende Aerosol-Sprays parat. Kann sein, dass ich 1991 noch kein Spray hatte. Seit 2006 ist dieses Leiden vollständig verschwunden, seit ich meine Ernährung umgestellt habe. Die Attacken wurden durch die Kombination meines überforderten Immunsystems provoziert, wenn gleichzeitig Blütenpollen flogen und ich mir Getreide einverleibte. Nur jeweils ein Aggressor von beiden konnte von meiner Immunsystem-Verteidigungs-Armee abgewehrt werden, beides gleichzeitig ließ mein Immunsystem kapitulieren. Seither vermeide ich Getreide beim Essen und habe seither keine Asthmaanfälle mehr. Ich habe mich also mit 25, als ich das schrieb, weniger gesund gefühlt als heute. Die Charité hat im Rahmen einer Studie festgestellt, dass sich mein Lungenvolumen seither von 70 auf 120 Prozent erhöht hat. Auch ab und zu eine zu rauchen, macht mir nichts aus. Alle Aerosol-Sprays gegen Asthma-Anfälle habe ich vor fünfzehn Jahren entsorgt. Dagegen ließ mich ein Aufenthalt 2004 in Wüstenregionen von Arizona aufatmen. Die extrem trockene Luft der vegetationsarmen Landschaft war überaus erholsam für mich.
g a g a - Do, 12. Sep, 18:04

Ina Weisse
Interessant wie du den Typ mediterranen Mann beschreibst. Wie ich fand, immer eine Spur zu operettenhaft wild.

Gaga Nielsen
Das ist eine Beschreibung des GRIECHISCHEN oder noch genauer ATTISCHEN Mannes, nicht des mediterranen Mannes. Da gibt es riesige Unterschiede, finde ich. Ebenso wie zwischen Nord- und Süditalienern. Der Grieche, mal pauschal gesagt, präsentiert sich wohlerzogen und respektvoll den Damen gegenüber, aber weiß diskret, freundlich lächelnd, unübergriffig, sein Interesse zu vermitteln. Und zwar recht unaufgeregt und eher gar nicht wild. Besonnen. Er sieht gefährlicher aus, als er sich verhält. Das schafft Vertrauen. Das komplette Gegenteil davon wäre der sizilianische Mann, der ohne Lächeln übergriffig zischt, schnalzt und pfeift und gefährlich böse wird, wenn man ihn nicht erhört. In Griechenland habe ich mich nie belästigt gefühlt, sondern nur angenehme Signale empfangen, in Sizilien leider das Gegenteil.

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