31. Juli 2024
Memory Box Mama. Gestern noch einmal in ihr Adressbuch vertieft. Bei Namen und Adressen, die nicht durchgekreuzt waren, und auch nicht das "gestorben"-Kreuz-Symbol hatten und kein Sterbedatum, habe ich versucht, über online Telefonbücher und googeln herauszufinden, ob diejenigen noch leben könnten.
Wie alt die einzelnen Adresseinträge sind, ist schwer zu sagen. Wenn es bereits eine fünfstellige Postleitzahl gab, immerhin aus diesem Jahrhundert, habe ich Hoffnung, dass es ankommt. Und sie hat bis zuletzt aktualisiert, wie ich ja auch an Sterbedaten der letzten fünf Jahre sehen kann. Ich freue mich über jeden Adresseintrag ohne Sterbedatum.
Schlimmstenfalls kommt es zurück - aber ich hoffe, dass es auch beständige Einträge gibt. Wer will denn im hohen Alter noch zig mal umziehen, ohne Not. Bis jetzt ist nur eine Post zurückgekommen, heute habe ich noch mal vier verschickt und morgen noch mal zwei. Die beschrifte ich gleich. Gehen an zwei Adressen, die so weit weg vom Ort der Beisetzung sind, dass es auch keine Überrumpelung ist, wenn sie es eine knappe Woche davor erfahren, weil es höchst unwahrscheinlich ist, dass sie eine größere Reise deswegen auf sich nehmen.
Wenn ich schon gar nicht weiß, um wen es sich bei manchen Einträgen handelt, können es auch keine engeren Kontakte der letzten Jahre gewesen sein. Sie hat ja nur noch wenige neue private Begegnungen gehabt. Und die nennenswerten sind mir bekannt, die sind alle längst unterrichtet.
Vorgestern hatte ich sogar eine Antwort-Mail von einem Herrn aus dem Adressbuch, dem Sohn von einem verstorbenen Ehepaar, das viele Jahrzehnte eng mit meinen Eltern befreundet war. Besonders seine Mutter mochte ich sehr gerne. Er machte eine mich überraschende Bemerkung in seiner Kondolenz-Mail. Sein Vater hat mit meinem Vater jahrzehntelang bei vielen Auftritten gemeinsam musiziert.
Er schrieb: "Meine Eltern, mein Vater und Hans, standen sich ja sehr nah durch ihrer beider Leidenschaft, die Musik. Da mussten die Frauen oft etwas zurückstehen. (...)" Hat mich irgendwie irritiert, die Einschätzung des Sohns. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter meinem Vater seine häufige abendliche Abwesenheit aufgrund seiner musikalischen Verpflichtungen vorgeworfen hätte. Das wusste sie ja schon, als sie ihn geheiratet hat.
Diesen Schreiber, den Sohn des Paars habe ich meiner Erinnerung nach nie oder nicht bewusst getroffen. Ich weiß weder, wie alt er ist, noch wie er aussieht. Vielleicht ist es mir in den Jahrzehnten auch entfallen. Es ist nicht unbedingt oft der Fall, dass befreundete Ehepaare nach dem Tod des Paars noch nennenswerten Kontakt zu deren Kindern haben, zumal wenn sie erwachsen und eigenständig sind.
Aber meine Mutter scheint einen sporadischen telefonischen Kontakt zum Schreiber der Mail gepflegt zu haben. Seine Mutter war immerhin eine gute Freundin meiner Mutter. Und sie hat in ihrem Adressbuch an einer Stelle notiert, wann sie zuletzt mit ihm telefoniert hat, das war relativ wenige Jahre her, daher schickte ich ihm Post. Zur Beisetzung kann er leider nicht kommen, seiner Frau geht es nicht gut, da muss er sich kümmern.
So, nun will ich endlich die beiden letzten Umschläge beschriften, die morgen auf den Postweg gehen. Die Notizbücher und Briefe und losen Fotos, die ich zurückbekam, sind alle in der Schachtel. Und in anderen Kisten, auf dem einen oder anderen Dachboden oder Keller, wartet noch so manches andere. Aber damit will ich mich zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen. In Ruhe, eilt nicht.
g a g a - 31. Juli 2024, 21:24
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