11. Juli 2024

Die Bestatterin schickt mir immer ein aktualisiertes Gesprächsprotokoll über die Vereinbarungen zur Trauerfeier. Dabei habe ich ein ganz neues Wort gelernt (bzw., dass es nicht nur eine Schokoladenmarke ist). Unten ist ein kurzer Auszug aus dem Protokoll. Bei der Zeile "Prediger: evang. Sprengel aus Stein" dachte ich, "Sprengel" sei der Name des evangelischen Predigers.

Habe ergebnislos nach evangelischen Pfarrern mit Namen "Sprengel" in der Region gegoogelt. Dann bin ich drauf gekommen, dass er vielleicht noch gar nicht namentlich feststeht und Sprengel bedeutet: aus dem Einzugsbereich der zuständigen Gemeinde. So ist es. Wikipedia hat einen umfangreichen Eintrag zu dem Begriff "Sprengel" und der Herkunft des Wortes. Hatte usprünglich mit Weihwasser sprengen zu tun. Also bin gespannt, was für ein Pfarrer es wird. Es muss einer sein, der dem letzten amtlich gemeldeten Wohnort der/des Verstorbenen zugeordnet war.

Man kann also nicht sagen: "Der Pfarrer Gotthelf aus Kleinkirchheim hat das doch immer so schön gemacht, und schon den Opa unter die Erde gebracht, der soll das machen!" So läuft es nicht. Meine Mama war zuletzt in einer Pflege-Einrichtigung und auch dort amtlich gemeldet, das ist bei einem zeitlich unbefristeten Langzeitaufenthalt gesetzlich angeordnet. Deswegen muss es nun ein Pfarrer aus Stein sein, obwohl sie mit dem Ort Stein bei Nürnberg in ihrem Leben vorher nicht so sehr viel zu tun hatte. Aber die Trauerfeier und Beisetzung im Familiengrab findet davon unbeeinträchtigt im angrenzenden Nachbarort statt (der zu einem anderen Landkreis und damit "Sprengel" gehört"), wo sie bis vor drei Jahren den größten Teil ihres Erwachsenenlebens verbracht hat. Da, wo mein Elternhaus steht. Das heißt, der Pfarrer aus Stein muss einen Ausflug in einen anderen Sprengel machen.

Die saphirblaue Urne mit dem goldenen Baum habe ich gewählt, weil sie meine Mutter auch für meinen Vater am schönsten fand und sie mir auch bei der Beisetzung meines Vaters gut gefiel. Dann haben sie eine letzte Verbindung im Grab.

Die Reihenfolge der Musik habe ich mir ausgedacht, die Musikauswahl - in Kenntnis ihrer Vorlieben - auch. Bei der Live-Version von Belafontes "Try to Remember" habe ich davor und danach den Applaus weggeschnitten. Es ist die Version, die mir am besten von allen gefällt, das war mir die Mühe wert. Dazwischen gibt es entsprechend der Liturgie die Predigt und Erinnerung und die Aussegnung. Wenn die Urne heruntergelassen wird, singen (quasi) die Engel. Das wundervolle Blumenduett aus der Oper Lakmé von Delibes. Daneben gibt es eine Schale mit bunten Blütenblättern. Meine Mama war eine leidenschaftliche Gärtnerin und liebte Blumen über alles. Das wird schön.

: : : :

Feier

Prediger: evang. Sprengel aus Stein
Schmuckurne: Bio Tec, saphirblau 52811161
Musik: Anlage



Einzug: Maria Callas, Arie "Ah, non credea miriarti"

Harry Belafonte "Try to Remember"

Esther und Abi Ofarim "Hush-a-bye"

Auszug: Esther und Abi Ofarim "Morning of my Life"

Am Grab beim Ablassen der Urne: Delibes - Lakmé "Flower Duet"


: : : :
g a g a - Do, 11. Jul, 11:08

Jan Sobottka
mein Beileid. Gruß Jan

Elvira V.
Die Berliner Eltern melden sich doch ständig um wegen der Sprengelbindung bei Grundschulen. Ich kannte das Wort allerdings vorher auch nur vom Weihwasser, bei meiner Oma kam der kath. Pfarrer zum Sprengeln.

Gaga Nielsen
Liebste Elvira, ich hatte doch nie ein Schulkind.
Habe aber als Kind gerne Sprengel-Schokolade gegessen und auch ab und zu mal den Rasen 'gesprengt' 🙂

Gaga Nielsen
P.S. Aber wie können Eltern sich ummelden ohne umzuziehen? Gibt's da einen Trick? Fake-Untermiet-Vertrag bei Freunden und Bekannten, die im Wunsch-Schulbezirk/-Sprengel ein Haus oder einen Hauptmietvertrag haben?

g a g a - Do, 11. Jul, 13:27

Duke Meyer
Hey, ich wünsche Dir einen friedlichen Abschied, eine schöne Zeremonie und Deiner Mama eine gute Heimkehr.

Gaga Nielsen
Danke, lieber Duke.

g a g a - Do, 11. Jul, 17:55

schneck
11. Juli 2024 um 16:55
Wg. „Sprengel“ – einfach mich fragen, bin doch Pfarrmann ;-) Oder noch besser: Frau Mullah herself! „Sprengel“ als Kirchenbezirk. Jüngst waren wir mit „dem Sprengel“ im Baltikum. Und ja, immer diejenigen Pfarrers sind zunächst zuständig, wo der letzte Wohnort von Verstorbenen lag. Gab’s denn auch schon ein „Trauergespräch“?

Gaga Nielsen
11. Juli 2024 um 17:38
Ach… da schau her! Der Pfarrer Sprengel war also auch mit zur „Studienreise“ mit der Herzensdame im Baltikum!

;-)

Also ein „Trauergespräch“ gibt es auch! Interessant. Ich weiß nicht, ob sich das Gespräch, das ich nächste Woche (sie ist gerade noch in Urlaub) mit der Frau Pfarrerin führen werde, aus ihrer Sicht so nennt. Aus meiner Sicht ist es ein Gespräch zum Informationsaustausch, wo sie mir sagt, wie die übliche oder passende Dramaturgie der liturgischen und der Gesprächsteile inclusive Lebensstationen und Predigt bei der Trauerfeier in Abwechslung mit der von mir gewählten Musik ist. Wenn sie mir darüberhinaus noch ein paar tröstende Worte zuteil werden lässt, so nebenbei, ist das für mich auch in Ordnung. Ich packe aber keine extra Packung Tempotaschentücher neben das Telefon. Ist ja in meinem Fall alles telefonisch. Bin auch nicht versessen auf einen Videocall. Ich hab schon vom Foto her gesehen, dass sie mir angenehm ist, umgekehrt ist es dann halt eine Überraschung :-) Ich bin in der Kirchengemeinde konfirmiert worden, da gab es die Pfarrerin aber noch nicht und im Jahre 1994 bin ich ausgetreten und seither konfessionslos. Finde das seelsorgerische Kerngeschäft von Pfarrern und auch die Rituale bei Beisetzungen aber durchaus relevant, angenehm und angemessen, bin da also in keinster Weise kontra oder auf Krawall gebürstet. Au contraire. Jedem sein Plaisir!:-)

g a g a - Do, 11. Jul, 22:33

schneck
11. Juli 2024 um 20:38
„Trauergespräch“ bedeutet (so wie ich es bei Frau Mullah mitbekommen habe) weniger eine Seelsorge gegenüber den Anverwandten, als einen Austausch über das Leben der/des Verstorbenen, Stationen, Familie, Eigenheiten, Leidenschaften, Berufe etc. zu beleuchten, um dann bei der Ansprache ein Bild zu zeichnen, welches dem/der Verstorbenen gerecht wird. Die Pfarrers wissen ja oft gar nicht genau, um was für einen Menschen es sich handelte, der da jetzt in Sarg oder Urne liegt. Und bei dem auch den Teilnehmenden Erinnerungen möglich sind, vielleicht auch ein Schmunzeln hie und da (so wars jedenfalls bei meiner Mutter Beerdigung…).

Gaga Nielsen
11. Juli 2024 um 22:22
ach so, ja dann ist es definitiv das „Trauergespräch“. Mir ist daran gelegen, der Frau Pfarrer recht viel Input zu geben. Zum Schmunzeln bieten einige Eckdaten leider so gar keinen Anlass… wenig Anekdotenpotenzial – bzw. das, was mich zum Schmunzeln gebracht hat, erst vor wenigen Jahren, ist äußerst zweischneidig. Mein Vater hat treu-konservativ immer CSU gewählt, meine Mutter tat immer, als ob sie sich ihm unterordnet und seinem Beispiel folgt und hat sich (opportunistisch) in seinem Beisein sehr selten mit gegenläufigen politischen Meinungen aus dem Fenster gelehnt. Ich habe aber bald beobachten dürfen, dass sie Anfang der Achtziger der neu auf dem politischen Parkett erschienen Petra Kelly Sympathien entgegenbrachte. Mit gesenkter Stimme, fast verschämt, aber auch ein bißchen subversiv, flüsterte sie in meine Richtung „ich finde die irgendwie gut, die Petra Kelly“. Ich war je ein rebellischer Teenie auf dem Ökotrip, mir konnte sie das pikante Geheimnis anvertrauen. Ich dachte aber trotzdem, dass sie gehorsam auch CSU wählt, weil sie (wie gesagt opportunistisch) im Beisein meines Vaters – wenn z. B. Franz Josef Strauß ins Fernsehbild kam – Herrn Strauß ein Pokerface-Lächeln schenkte.

Jahre später, Kelly war schon tot, schickte sie mir die Biographie über Kelly und Bastian, weil sie das Buch selbst so interessant fand. Tatsächlich habe ich sie erst vor ca. 2 Jahren mal gefragt, was sie eigentlich zuletzt so gewählt hat. Mit diebischem Grinsen (hört man durchs Telefon) verlautbarte sie: „ph – ich hab immer grün gewählt!“ Ich war platt! DENN: als ich zum ersten mal wählen durfte, 1983 glaub ich, hab ich sogar für die grüne/alternative Liste für den Gemeinderat kandidiert, mein Bruder auch. Und glaube mal nicht, dass sie uns dazu je gratuliert hätte oder Unterstützung geäußert. Nun ja. Viel mehr Anekdoten hab ich leider nicht auf Lager und diese zeigt ja ein doppeltes Gesicht und lässt meinen Vater auch nicht so gut aussehen. Der wurde übrigens im Alter politisch immer milder und sozial-liberaler, hatte recht freie, bemerkenswert pazifistische und soziale Ansichten entwickelt, die aber auch in kein vorhandes Parteischema passten.
g a g a - Do, 11. Jul, 19:08

Ina Weisse
Ach Gaga, mir kommen die Tränen. Wie tapfer du bist

Gaga Nielsen
Liebste Ina,
der Löwenanteil meines Abschiedsleids liegt in der Vergangenheit. Drei Jahre war eine lange Zeit.

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