25. Februar 2022
Das ungezogenste Kind in der hintersten Reihe der Klasse bekommt die meiste Aufmerksamkeit. Vom Lehrer und von den Mitschülern. Lautstarke Aggression kann schlicht aufgrund des Lärmpegels schwer ignoriert werden. Tatsächlich ist bereits die herausgehobene Kenntnisnahme einer grellen Äußerung für den Aggressor Befriedigung. Da er nichts Substanielleres als Geschrei zu bieten hat, greift er zu dem, was auch ohne besondere Kompetenzen oder Talente jedem zur Verfügung steht, der körperlich vital ist. Das leise, introvertierte, nachdenkliche Kind hat keine Chance, in diesem Moment gleichwertig in den Fokus zu rücken. Das bedeutet, in dieser Zeitspanne wird einer destruktiven Energie zu Bedeutung verholfen, die Bühnenposition ist gesetzt. Ich bin nicht bereit da mitzuspielen. Meine Aufmerksamkeit gilt dem leisen Kind, das nachdenkt, bevor es etwas vorbringt.
g a g a - 25. Februar 2022, 12:43
Uff so viel Wertung. Was ist schon ungezogen? Projektion eigener Erziehung und Moralvorstellungen auf jemanden anderen macht ihm das sein sicher nicht voller. Laut heißt für mich nicht gleich flach und leise heißt nicht gleich brav. Ist nur einfacher zu händeln, wenn sich jemand nicht beschwert. Und destruktives Verhalten ist selten einfach nur Zerstörungslust. Und selbst dann wohl eher aus einem unerfüllten Bedürfnis heraus. Meine Meinung 🙂.
Gaga Nielsen
Marielle, interessant Deine Meinung. Ich habe zugegenermaßen hier eher metaphorisch geschrieben, ich dachte an das Klassenzimmer Europa (und Weltpresse). Ich bin auch sehr für Ursachenforschung und Therapie bei grenzüberschreitendem Verhalten. Aggression kann auch sehr förderlich sein, z. B. in der Kunst, wenn man sein eigenständiges Werk unbeirrt vorantreiben möchte. Oder in der Sexualität, da ist Aggression ab einem bestimmten dramaturgischen Punkt der Motor. Wenn jemand seine Aggression im versteckten Kämmerchen zelebriert, gerne. Aufmerksamkeit ist die wichtigste Währung der Menschheit. Ich möchte lieber einen Fokus auf kreative, innovative Kräfte, konstruktive. Kennst du den Ärzte-Song "Schrei nach Liebe". Passt ganz gut zu dem Themenkomplex.
Marielle D.
Da ist die Metapher wohl irgendwie an mir vorbei gegangen 🙂., habe aber gerade einen anderen von deinen Beträgen zu dem Thema gelesen und war sehr angetan. Finde ich gelungen formuliert, Aggression kann als Mittel überaus öffnend wirken, da gehe ich voll mit dir. Wie die eigene Aggression ausgelebt wird sollte frei sein, so lange sie sich nicht gegen einander richtet. Hier meine eigene Moral, man sieht auch ich kann mich nicht frei machen. Oder vielleicht auch nicht Moral sondern eher richtungsweisenden Ethik. Aggression die als Aktivierungsenergie wirkt um in tiefere Ebenen vorzudringen, ist ziemlich grau und lässt Platz um sich in hell und dunkel zu bewegen, was wir daraus schaffen ist wohl die Frage. Der Spielplatz der Gefühle... Kunst und Sexualität liegen nicht fern. Ich denke bei wenig Tätigkeiten könnte man seinen Emotionen näher stehen. 🙂.