21. August 2019

Wirre Träume, aber das sind sie ja immer. Und viel zu tun. Auch das hat man immer. Denkt man. So lange man es sich gedankenlos bereitet, dieses viele Tun. Es kann. Man könnte sich auch völlig ausklinken, von Stütze leben. In Ecken und auf Bänken sitzen. Wie im vorzeitigen Ruhestand. Will man auch nicht. Nicht jammern. Wenn man alle Bewegungen schmerzfrei ausführen kann, ist man in einer guten Ausgangsposition für schöne Erlebnisse. Das ist wirklich wahr, und man muss es sich zu Gemüte führen. Ich nehme in den kommenden Tagen und Wochen wieder verschiedene Sachen wahr, die einen etwas experimentellen Charakter haben. Kann sein, dass ich es dann doch nicht so aufregend und interessant finde. Aber Experimentieren an sich ist immer eine Reise zu einem unbekannten Kontinent, das liebe ich. Besonders, wenn es möglich ist, ohne ein Flugzeug zu besteigen.

Ich experimentiere mit chemischen Verbindungen und starker Hitze in meiner Werkstatt, was im Idealfall etwas zutage fördern soll, was mir noch nicht in Vollendung gelungen ist. Man könnte denken, ich versuche die Formel für Gold zu entschlüsseln, aber es geht nur um schlichte Zellbildung mit Silikonöl und Acryl. Ich werde diese Nuss knacken! Nummer Sieben hatte immerhin einen winzigen Erfolg. Das Experiment wird auf kleineren Leinwänden ausgeführt, und in allen Fällen kam etwas Interessantes, wenn auch völlig Anderes dabei heraus. Nennt sich auch Serendipity (googeln).

Ein weiteres Experiment ist mein Versuch, die UFA davon zu überzeugen, wieder zum Stummfilm zurückzukehren. Diese Sache mit dem Tonfilm ist doch nun wirklich ausgereizt! Neulich bei meinem Casting in Babelsberg wurde auch wieder einwandfrei der Beweis erbracht, dass diese Text-Aufsagerei vor laufender Kamera keine Zukunft hat. Das ist doch künstlerisch völlig irrelevant! Ich lasse in meinem Bestreben auch nicht locker, und werde daher in den kommenden Wochen eine aktuelle Produktion mit meinen versierten Stummfilmdarbietungen unterwandern. Am Samstag geht's los, ich gebe zunächst einen Gast in einem Vergnügungsetablissement in Tempelhof.

Was dann nächste Woche dran ist, weiß ich noch nicht, aber man hält mich auf dem Laufenden. Nun ja. Steter Tropfen höhlt den Stein! Hauptsache, ich habe keinen Text. Arbeitstitel dieser Tonfilmsache ist "Rampensau". Man darf dann ja niemals nicht berichten, was genau gedreht wird, aber ich bin ja nicht nur eine ausgefuchste Stummfilmdiva vom alten Schlag, sondern auch eine mit allen Wassern gewaschene Alt-Bloggerin, die schon einen Weg finden wird, die eine oder andere Beobachtung am Set ordnungsgemäß verschwurbelt an den Leser und natürlich die Leserin zu bringen. Wär ja schade drum!

Mein drittes Experiment ist, herauszufinden, ob es am Set den einen oder anderen Mitarbeiter gibt, der mich irgendwie anspricht und motiviert, auch am nächsten Tag vollen Einsatz vor der Kamera zu zeigen. (ich berichte. Clark Kent hat sich ja nun nicht mehr bei mir gemeldet, ich hoffe, der gute Tropfen hat ihm geschmeckt, mit seiner Freundin oder wechselnder Begleitung, whatever.)

Hier übrigens mein Stummfilmprofil bei der guten alten UFA.

g a g a - Mi, 21. Aug, 21:47

Frau Klugscheisser
21. August 2019 um 12:01
Im Wort Serendipity steckt ja die heitere Gelassenheit und Ruhe mit drin. Die Sprechrollen sind langweilig, weil sie nur mit Worten von der eigentlichen Schauspielkunst ablenken. Da ist es kein Wunder, dass heutige Starletts lieber mit Gerede von ihrer Unfähigkeit ablenken, eine Rolle durch Charisma und Darbietung auszufüllen. Das gelingt Dir bestimmt viel besser. Aber man muss auch an die Blinden denken. Diese Gruppe der Kinogänger hat natürlich mehr Spaß an Dialogen. Und wer glaubt, Blinde würden nicht auch in’s Kino gehen, der irrt gewaltig.

Gaga Nielsen
21. August 2019 um 12:13
So ein blinder Kinobesucher ist bestimmt auch sehr sensibel für nicht so gut synchronisierte Filme. Ich leide ja schon sehr unter den oft recht affektierten Tonlagen vor allem der weiblichen Synchronstimmen. Da lohnen sich Fremdsprachenkenntnisse doppelt und dreifach, um das Elend nicht zu hören. Wobei ich ein einziges mal enttäuscht von der Originalstimme im Gegensatz zur deutschen Synchronstimme war. Die deutsche Stimme von Meryl Streep in „Die Brücken am Fluss“ ist großartig, zu Herzen gehend, unaffektiert. Streep im englischen Original übertreibt total mit dem übergeholfenen italienischen Akzent, ihre Stimme verkommt zur Klamotte und nimmt einigen Szenen massiv den Zauber. Hätte ich nie für möglich gehalten, wo die Dame doch für höchste Qualität steht!

kid37 - Sa, 24. Aug, 13:15

Hervorragend, ein schöner Schritt und begleitet von einem noch schöneren Gedanken. Arne Nolting und Jan Martin Scharf haben offenbar einen Lauf und stehen ja auch hinter dem Vierteiler "Väter allein zu Haus", der sehr vergnüglich ist und im September in der ARD anläuft. Spielt in Wuppertal, weshalb ich es erwähnen möchte. Toitoitoi! (*spucktdreimalüberdieSchulter*)

g a g a - Sa, 24. Aug, 13:50

Ich muss gestehen, ich habe noch kein Werk aus der Werkstatt der beiden Erfolgsschreiber gesehen - ist ja Tonfilm, man sehe es mir nach! Aber man sollte immer mit den Besten arbeiten, alles andere ist ja nicht zielführend! Heute Abend geht's in Tempelhof los, noch vier Stunden Zeit für Maske und Garderobe. Keine roten Sachen, keine Muster, keine Logos. Nehme einen abendlichen schwarzen Einteiler mit, ein Kleid in einem Brombeerviolett und eine schwarze Hose und ein Bar-taugliches Oberteil mit komplizierten Spaghettiträgern über Kreuz. Wäre schön für eine Rückenperspektive. Bin gespannt, was genommen wird. Oder die stecken mich in was ganz Anderes, Mal sehen. Das goldene Notizbuch ist mit dabei!


g a g a - So, 25. Aug, 16:14

Es wurde das letzte Modell, mit den Strippen!
kid37 - So, 25. Aug, 20:21

Alle super, aber so hätte ich auch entschieden!
g a g a - So, 25. Aug, 22:57

ich saß bei allen Szenen an der Bar, schaute nach rechts zu meinem Anspielpartner ("Date") und prostete der Tresenfrau und meinem Tresennachbarn geräuschlos mit klaren Schnäpsen zu. Acht bis zehn mal. Es war aber natürlich nur Wasser drin, ich bin ja keine Schnapstrinkerin. Dabei wurde stumm geplaudert und gestikuliert. Mein Metier! Da die Hauptszenerie mit der Hauptdarstellerin seitlich links von mir stattfand (Streiterei mit einem dubiosen jungen Mann mit blauem Auge), und sich eine Art Handgemenge an mir vorbei, Richtung Kneipentür, abspielte, gehe ich davon aus, dass meine Rückenansicht zumindest im Anschnitt zu sehen ist, falls sie die Szene behalten. Wurde aber mehrfach wiederholt, daher vermutlich schon. Anfangs wurden zwei Outfits gewählt, es war eigentlich ein Kostümwechsel geplant, ich hätte anfänglich das schwarze Trägertop anziehen sollen und in der zweiten Szene das brombeerviolette Kleid, dann wurde ewig draußen gewartet und innen schon gedreht, es blieb dann nur beim Schwarzen, weil sie später gemerkt haben, dass die erste Szene ohne Kamerawinkel auf den Tresen von statten ging.
g a g a - Mo, 26. Aug, 11:34

kaltmamsell
26. August 2019 um 11:15
„Wenn man alle Bewegungen schmerzfrei ausführen kann, ist man in einer guten Ausgangsposition für schöne Erlebnisse.“
Das hat eine Tiefe, die nicht jede nachvollziehen kann. Ich spüre diese Tiefe, wenn ich die Lust verliere, das Haus zu verlassen – weil AUA.

Gaga Nielsen
26. August 2019 um 11:28
ich weiß… früher oder später begreift das jeder, wenn man das Privileg (oder die Last) hat, viele Geburtstage zu erleben. Gibt ja kaum ein langes Leben ohne Materialermüdung. Große Dankbarkeit auch, wenn sich etwas noch einmal erholt, gerade auch an den Knochen, der so tragenden und unverwüstlichen Substanz unseres Körpers. Ich meine überraschend unverwüstlich in der Hinsicht, dass menschliche Skelette Tausende von Jahren überdauern, und selbst bei Feuerbestattung am Ende die Knochenteile übrig sind, die in die Knochenmühle kommen, was dann allgemein verbrämt als „Asche“ bezeichnet wird (daher die körnige Struktur des Urneninhalts).

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