18. September 2017



Die Treppe nach oben. Es sind viele Stufen. Wir hatten noch Wein, den nahmen wir mit, weil der Garten geschlossen wurde. Auf der Terrasse war eine Gesellschaft, die sich kannte und unter sich bleiben wollte, sollte. Da setzt man sich nicht dazu oder bittet aufzurücken. Outdoor-Lounge-Möbel, flackernde Kerzen in der Sommernacht. Innen ist es auch schön, die Türen zur Terrasse und den Balkonen standen weit auf. Alles in heimeliges Dunkel getaucht, Lampenschirme, rote Wände, schwere Ledersessel. Zu weich gepolstert, man versinkt mehr, als man möchte, so ein bißchen in der Falle, und rückt an die vorderste Kante von Sessel und Sofa. Daran merkt man, dass es neue Möbel sein müssen, die Traditionszitate sind nur Kulisse. Waren Sitzmöbel früherer Epochen nicht sogar immer besonders gut und kompakt gepolstert? Aber wir blieben noch, weil die Playlist so vertraut war. In welcher Bar laufen diese ganzen Stones-Songs,, die man merkwürdigerweise nicht so oft gehört hat, dass man sich nicht mehr freuen würde. Grandiose Räume und die Bilder, diese Bilder. Allen voran die Fotografie mit Keith Richards und Ronny Wood. In der Mitte Gerd Müller mit seinem Vollbart und daneben Franz Beckenbauer. Eindeutig in München. Wo sonst hätte sich so ein Foto ergeben. Schon interessant, wann eine Fotografie, die jemanden abbildet, mit dem man nicht innig verbunden ist, einen Wert jenseits der persönlichen Bindung bekommt. Als Zeitdokument eines besonderen Szenarios. Hier auf eine kuriose Art, in der Widersprüchlichkeit des Aufeinandertreffens von zwei sehr frei lebenden Rockstars und zwei eher in ihrem bayrischen Fußballclub-Korsett gefangenen Kickern. Obwohl natürlich auch Stars. Man sieht dem Bild an, dass Keith und Ronnie gebeten wurden, für das Bild zur Verfügung zu stehen. Wahrscheinlich hatten sie an dem Abend ein Konzert im Olympiastadion hinter sich und waren zur After Show Party mit Müncher Prominenz geladen. Gerd Müller war auch ein Rebell in seiner Gilde. Hat sich immer wieder politisch aus dem Fenster gelehnt. Wahrscheinlich war er gar nicht so linksradikal, nur für bayrische Verhältnisse. In Bayern galt vermutlich auch die Berliner CDU als linksliberal. Ich überspitze, aber habe die Ohren gespitzt, als ich - frisch eingetroffen - die ersten Diepgen-Interviews in der Berliner Abendschau hörte, Mitte der Achtziger. Was der für Berliner Verhältnisse konservative Ebi Diepgen von sich gab, klang in meinen Ohren in etwa so tolerant und moderat, wie ich es sonst von bayrischen SPD-Politikern kannte. Das Bild. Keith und Ronnie und Müller und Beckenbauer. Rock'n'Roll trifft Kompromiss und Opportunismus. Verewigter Widerspruch. Ina und ich waren uns eins, dass dieses Bild hervorragend ist, da an dieser schummrigen Wand in der Lebensstern-Bar. Wir verliießen das Einstein und verbrachten die weitere Nacht in der Victoria-Bar, nicht weit von da.





g a g a - Di, 19. Sep, 04:34

fb ~ 19.09.17

Martin Schröder
Es war andersrum - Gerd Müller und Franz Beckenbauer haben in Glasgow den Europacup gewonnen und die anderen beiden waren die lokale Prominenz ... https://goo.gl/images/Ruvghp

Gaga Nielsen
Das nenne ich qualifizierte Leser...! Merci für diese Erhellung.

g a g a - Di, 19. Sep, 08:23

P.S. ich war vorhin zu faul den Hintergrund zu recherchieren - jetzt doch neugierig geworden, finde ich eine interessante Notiz.

"(....) Der Sieg 1976 hatte eine besondere Note. Im Hotel der Bayern in Glasgow wohnten die Rolling Stones. „Nachts konnten wir schlecht schlafen, weil sie auf ihrer Etage immer wie die Wilden feierten“, erinnert sich Roth, „sie gingen uns tierisch auf den Sack.“ Tagsüber platzte Sänger Mick Jagger sogar mal in eine Mannschaftsbesprechung. Trainer Dettmar Cramer aber habe cool reagiert: „Mick, you have to leave the room, because I'm preparing the team.“ Mick zog brav ab."
https://www.tz.de/sport/fc-bayern/titan-katsche-bulle-europapokal-helden-bayern-2321943.html

Das Foto entstand dann wohl in dem erwähnten Hotel, also sind die Stones nicht extra angereist, um die deutschen Fußballer zu beehren. Oder? Wobei sie schon auch durchweg Fußballfans sind, soweit mir bekannt. Und im Hotel waren sie vermutlich, weil sie in Glasgow einen Gig hatten oder im Studio waren oder whatever. Oder weil sie das Spiel sehen wollten? Vielleicht eine Art Betriebsausflug? Es wird bestimmt Hard Core-Fans geben, die das wissen..

Die Stones spielten tatsächlich vier Konzerte hintereinander in Glasgow, vom 10. bis 14. Mai 1976 im Apollo Theatre, daher. Und das Endspiel war am 12. Mai 1976, an dem Tag hatten sie auch einen Gig. Also waren sie alle Helden in Glasgow. Schöne Setlist übrigens, sehe ich gerade. https://en.wikipedia.org/wiki/The_Rolling_Stones_Tour_of_Europe_%2776#Tour_dates

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