14. August 2015





Zwei Uhr zwanzig. Schon wieder so spät. Es ist einfach meine Zeit, ich wünschte selbst, die würde sich nicht derart spät nachts einfinden. Wenn ich Verabredungen habe, abendliche, nicht nächtliche (die mir mehr (sehr) liegen würden), habe ich immer das Gefühl, mir läuft die Zeit davon. Ich dusche, balsamiere mich ein, tusche meine Wimpern usw. usf., höre Musik. Im Internet (hab gerade versehentlich getippt Hinternet ) schnell noch irgendwas nachlesen, checken, gucken, wieder hängen bleiben. Noch ein Glas trinken. Noch ein paar bestimmte Songs, die mich sehr zuverlässig elektrisieren. Anybody seen my Baby? High Voltage Queen. Schuhe. Welche Schuhe? Stiefel? Doch mal wieder ein Kleid. Ach nein, doch nicht. Schmuck? Ja, aber nein, nicht das. Das andere. Martialischer. Härter. Nicht so nett. Das Zebra-Teil. Das liebe ich, darin fühle ich mich immer richtig. Auf eine nicht zu nette, unopportunistische, autonome Art gut und richtig. Ich war schon angetan, dass Doro in ihrer Einladung "ab 21 Uhr" geschrieben hatte. Nicht diese Kindergeburtstagsuhrzeiten wie bei Eröffnungen. 19 Uhr. Bitte. Da trinke ich meinen dritten Nachmittagskaffee. Und mit dem eigentlichen Trinken versuche ich immer noch nach Einbruch der Dunkelheit zu beginnen. Die ist derzeit bei ca. halbzehn. Dafür bin ich um zwei aber auch noch nicht haltlos betrunken. Was war das nun für eine Party? Mir kommt die Betitelung selbst ein bißchen aus dem Fenster gelehnt vor, weil erneut keine Bilddokumentation entstanden ist. Und auch hier war die Kamera immer in meiner Griffweite. Diesmal waren es nicht zu komplizierte Lichtverhältnisse und auch waren einige Gesichter da, die ich sehr gerne gesehen habe und gerne einmal einfangen möchte. Manche zum ersten mal. Andere gerne einmal wieder. Jedoch alles, jeder Moment schien mir zu privat. Man kann nicht einfach in einer privaten Wohnung, die nicht die eigene ist, und in der man selbst erstmalig zu Gast ist, ohne Aufforderung der Gastgeberin herumfotografieren. Das gehört sich nicht, es sei denn, sie würde es sich wünschen. Sie hätte sich einiges wünschen können und dürfen. Denn sie hatte Geburtstag. Denselben, den ich in knapp drei Wochen habe. Also dieselbe Zahl. Wir sind derselbe Jahrgang, Doro und ich. Dass ich überhaupt dort war, sein durfte, rührte von dem Abend, als Sebastian seine Hochzeit im Circus Lemke feierte. Dort war Doro auch und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, am kommenden Samstag zu ihrer kleinen Geburtstagsfeier zu kommen. Ich hatte sogar sehr Lust, denn immer, wenn ich Doro sehe, so selten das ist, habe ich aus unerfindlichen Gründen ein Empfinden von Vertrautheit und Verbundenheit, als wäre sie eine alte Schulfreundin, mit der man sich an Pferde erinnert, die man früher zusammen gestohlen hat. Ich weiß nicht, ob es ihr ein bißchen ähnlich geht, aber mir geht es so. Was aber nicht dazu führt, dass man von Stund an denkt, man müsste sich nun dauernd verabreden und so schnell wie möglich wieder sehen. Gar nicht. Aber manchmal. Und dann sehr gerne. Ohne Wenn und Aber. Jeder hat so sein eigenes Leben zusammengebastelt, in fünf vollendeten Dekaden. Es gibt Rituale und Verpflichtungen. Schöne und langweiligere. Aber ab und zu kann man nebeneinander in einer schönen Bar oder in einem schönen Wohnzimmer sitzen und gemeinsam laut denken, ein bißchen Telepathie pflegen. Und lachen. An diesem schönen Abend traf ich endlich zum ersten mal Kitty Koma, die mit ihrem Gefährten gekommen war. Eigentlich nur um die Ecke. Wir wohnen alle nicht so sehr weit voneinander entfernt. An ihr war mir gar nichts fremd oder befremdlich. Ich mochte sie sofort, aber irgendwie wusste ich das vorher schon, oder hoffte es zumindest. Modeste war auch da. Und Wortschnittchen. Und Engl, die sich alle drei auf eine schöne Art entwickelt haben. Anne, die auch bei Sebastians Feier im Circus Lemke war, war ebenfalls da, sie hatte ein Kleid mit einem Muster an, das mich total in den Bann zog. Und noch ganz viele andere, die ich nicht kannte. Überwiegend in etwa meinem, unserem Alter. Zehn Jahre mehr oder weniger, da wollen wir nicht kleinlich sein. Mek kam später auch noch, zu meiner allergrößten Freude, denn er ist immer meine Augenweide. Bitte nicht falsch verstehen, viele waren attraktiv anzusehen, aber bei Mek fotografiere ich innerlich immer. Eigentlich filme ich ihn sogar. Aber das ist kein Geheimnis. Wenn er nicht verheiratet wäre, würde ich solche Sachen wahrscheinlich nicht schreiben. Aber ich bin ja jenseits von Gut und Böse. O.k. Nein, Quatsch. Ich bin nicht jenseits von Gut und Böse. Es ist 2:47 Uhr, ich fange an zu faseln. Natürlich trinke ich auch. Das ist normal um diese Zeit, wenn man noch nicht schläft, oder? Blanquette de Limoux. Mek schrieb vor einer Weile einen Eintrag, in dem er diesen Abend erwähnte, vor allem den letzten Abschnitt. Kann man hier nachlesen. Wir saßen in einer sehr kleinen Runde, Mek, Modeste, das Geburtstagskind, noch eine Freundin von ihr und ich, in diesem wunderbaren Berliner Zimmer. So schöner Stuck an der Decke, so behutsam freigelegt, restauriert. Ich habe mich eigentlich wie daheim gefühlt, obwohl mein Daheim ganz anders aussieht. Doro und ich saßen unter einer großen bemalten Leinwand mit Kois, diesen orangeroten Fischen. So ein schönes Bild. Mek hat das Talent, jedes Gespräch, zu dem er stößt, zu intensivieren und in eine interessantere Richtung zu lenken, kommt mir jedenfalls so vor. Ohne ihn hätten wir uns mit Sicherheit keine Sekunde über Sexblogs unterhalten, oder ob es reizvoll sein könnte, über dieses Thema zu schreiben. Irgenwie anders. Weiß der Geier. Nicht so, wie man das kennt. So eindimensional, monothematisch, nicht so tausendmal gelesen und klischeehaft. Wir ließen uns gerne auf seine Gedanken ein. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob wir uns nicht auch auf ein anderes Thema mit ähnlicher Konzentration eingelassen hätten, einfach um der Freude willen, mit dem Intensitätspotenzial seiner und unserer Gedanken zu spielen, ein bißchen herumzujonglieren. Wie auch immer. Es ist spät. Es war spät. Es dämmerte bereits, wir erlebten die blaue Stunde, in dieser schönen kleinen Runde. An diesem Abend wurde nicht getanzt, nicht mit Beinen, aber doch ein bißchen mit und in Gedanken.
Casino - Fr, 14. Aug, 12:37

wie schön, dass du noch was drüber schreibst, ich hab grad irgendwie nicht so den zugang zum schreiben, auf eine undramatische weise, die sich hoffentlich genauso nebenbei wieder legen wird. mir hat die party jede nervosität vorm runden jahrestag genommen, auf eine bisschen magische weise, wie ein gelungener trick, an den man selber nicht ganz geglaubt hat vorher. liegt auch an der guten gesellschaft der vielen anderen fünfer rundherum, glaub ich, oder nichtfünfer (es geht ja immer nur im rückblick schneller vorbei), es wird weniger interessant, wie alt man ist, weniger relevant, weil jetzt ist eh wurscht.
und ja, geht mir genauso mit dir, ich verbind dich außerdem mit westberliner zeiten, weiss auch nicht warum, vielleicht, weil wir da beide jung oder mind. jünger waren, die bars in charlottenburg, diese andere art künstler von damals, die mehr einen freundeskreis als ein netzwerk um sich rum hatten, und als ich dich da gesehen hab bei schnecks hochzeit hab mich gefreut und die chance genutzt. aufs nächste treffen in einer bar!

g a g a - Fr, 14. Aug, 14:27

Westberlin... im Inneren, ganz tief drinnen, trage ich immer noch ein ganz großes Stück Westberlin in meinem Herzen herum. Ich bin ja auch so oft da. Nein, eine Ostberlinerin bin ich nicht geworden, auch nicht im siebzehnten Jahr in der Auguststraße. Sentimental werde ich am KuDamm und in Schöneberg. Und an der Krummen Lanke. Auch wenn ich den Ostteil der Stadt sehr liebe und sehr ausgelotet habe und es immer noch tue. Manchmal denke ich, wenn ich noch einmal umziehen würde, wäre es am ehesten in die Gegend um den Savignyplatz. Es hat sich vieles was dort immer schön war, bewahrt wie vor dreißig Jahren, als ich es kennenlernte. Auch so viele Lokale. Alleine das Florian. Die Ecke hat eine besondere, unaufgesetzte atmosphärische Patina. Was in Westberlin auf jeden Fall schöner ist, ist der größere Baumbestand in den Straßenzügen der inneren Bezirke. Heute noch, wenn ich wie jeden Tag mehrmals die Rosenthaler Straße entlanglaufe, bin ich ohne Verständnis dafür, dass es links und rechts keine Bäume gibt. Ein Glück, dass ich am Gipsdreieck bin, wo ich Baumwipfel sehen kann. Ich freue mich auch sehr, wenn wir uns wieder in einer schönen Bar treffen. Vielleicht sogar in Westberlin, wer weiß...!
blogger.de:mek - Fr, 14. Aug, 21:51

Liebe Gaga, wäre ich nicht bereits verheiratet, wären wir beide natürlich eine unity und würden nächtelang über Sexblogs, öhm, reden.

g a g a - Fr, 14. Aug, 22:02

Und zwar mit Händen und Füßen! Du als quasi Italiener müsstest bitte stark gestikulierend Grundlagenwissen vermitteln, ich bin mir sicher, dann würde ich so manches verstehen, was mir heute noch Spanisch vorkommt! Gut, aber du wirst eben überall gebraucht, da will ich keine Ansprüche auf Einzelunterricht anmelden. Gerne aber könnten wir wieder einmal so einen Workshop wie an diesem Abend abhalten, So ein Gruppenunterricht hat ja auch seinen Wert. Vorausgesetzt, die Schulungsräume sind gut ausgestattet und für das leibliche Wohl ist gesorgt!

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