Mir sind zwei Räume in Erinnerung (ist über zwei Monate her, dass ich dort war). Es ist keine Gesamtretrospektive des Lebenswerkes von Mario Testino, sondern 125 ausgewählte Fotografien, zum größten Teil Werbefotografie, die man schon gesehen haben kann, wenn man in der Vergangenheit die eine oder andere Vogue in der Hand hatte. Aber auch einige sehr schöne Portraits von Angelina Jolie, Madonna, Mick Jagger und Lady Gaga usw. Man darf in dieser Ausstellung nicht fotografieren, ich habe den Ausstellungskatalog, der im Foyer bereitliegt durchgeblättert und dabei fotografiert. Was sehr sehenswert ist, ist die visuelle Konzeption der Ausstellung selbst, das habe ich so nicht gesehen bislang: sehr groß aufgezogene Farbfotografien vor Leuchtschaukästen in einem dunklen Raum mit schwarzen Wänden. Ein sakraler Effekt, der mich sehr beeindruckt hat. Ich war auch viele Jahre nicht mehr in dem Gebäude des Kulturforums und habe mir die Architektur genauer angeschaut. Die große Gemäldegalerie alter Meister ist auch dort, hat mich an diesem Nachmittag aber nicht so interessiert. Ich mag den Platz des Kulturforums unheimlich gerne, wegen der Architektur, der dreieckigen Segmente und der schiefen Ebenen wegen, dem ganzen Ensemble mit der Philharmonie. Daher lohnt sich für mich ein Besuch dort immer, auch wenn die Ausstellung kleiner war, als ich mir erwartete. Ich kann so etwas immer sehr schlecht für andere beantworten, ob sich etwas lohnt oder nicht. Jemand, der ein Problem mit Werbefotografie hat und beispielsweise der Meinung wäre, Hochglanzzeitschriften wie die Vogue wären für den oder diejenige uninteressant, weil sie zur Hälfte aus Werbung bestehen, und der Kunst der Werbefotografie grundsätzlich keine Wertschätzung entgegenbringt, ist dort vielleicht fehl am Platz. Oder auch gerade nicht, weil man bei Mario Testino sieht, wie man aus einem Auftrag für eine Werbestrecke sein eigenes Ding macht, das am Ende würdig ist, in einer Ausstellung im Kulturforum in maximalem Format zu enden. Testino beherrscht die Kunst, bei den Portraitierten, egal ob Model oder Star, den erotischen Drive herauszukitzeln und im exakt richtigen Moment auszulösen. Ich staune immer wieder, dass dieser eher konservativ wirkende, distinguierte ältere Herr diese Bilder macht. Das fasziniert mich. Er wirkt nicht annähernd so wild und frei wie die Ergebnisse seiner Arbeit. Im Treppenfoyer läuft eine Filmdokumentation, die ihn bei der Arbeit zeigt.
Gar nicht schlimm, zumindest für Ihre Leser, dass Sie innen nicht fotografieren durften. Weil gerade die (dadurch wohl mit verursachte) Mischung aus Menschen mit Sexappeal und Architektur hat sehr was, finde ich.
Wenn das für Sie okay ist, ist es für mich auch ausreichend. Es wäre ja ohnehin Unfug, Bilder von Bildern zu machen, ohne das Drumherum einzubeziehen. So ein dunkler Raum, also so ein Darkroom ist ja auch gar nicht vorrangig zum Fotografieren gedacht oder geeignet.
Lohnt es sich,
Gut,