02. November 2014
Während in Deutschland und vielleicht auch Österreich die Krimifreunde den Sonntagskrimi im Ersten eingeschaltet haben (heute kein Tatort sondern Polizeiruf, wie ich sehe), verfasse ich meinen nächsten Blogeintrag. Und lasse nebenher "Die letzte Metro" laufen (auf Arte). Der Film passt ein bißchen besser zu meiner Fundsache. Der Hintergrundgeschichte zum von mir abgelichteten Restaurant "Drei Husaren" in der Weihburggasse im ersten Bezirk. Sie geht von der Kärntner Straße ab. Irgendwie war mir der Name "Drei Husaren" bekannt, ich wusste aber nicht woher. Weder hatte ich in einem Wienführer über das Restaurant gelesen, noch im Internet. So ein Begriff, den man irgendwo einmal aufgschnappt hat. Ich kenne aber niemanden, der da je drin gewesen wäre. Im Zuge der Recherche, zur Unterfütterung mit ein paar Fakten, meiner Wien-Bilder (ich kann ja nicht immer nur von meiner vergeblichen Suche nach einem Kaffee-Zubereiter erzählen), gebe ich also in die Suchmaschine "Drei Husaren" Wien ein. Mir springt ein Video zum 75. Jubiläum ins Auge, das unbedingt sehenswert ist. Es erinnert ein bißchen an die Siebziger Jahre, obwohl es ungefähr 2008 entstanden sein muss. Man sieht das Lokal sehr schön und bekommt einen gewissermaßen sehr sinnlichen Eindruck von den stark traditionell geprägten Gepflogenheiten. Noch habe ich mich amüsiert und dachte, das wäre ein schöner Aufhänger, ich könnte als Einleitung schreiben, dass sich mein Wien-Reisebericht durch das absolute Alleinstellungsmerkmal der Empfehlung von Restaurants, in denen ich garantiert nicht drin war, auszeichnet. Schon wollte ich die Speisekarte recherchieren, als extra-Service für meine Leser. Oder doch wenigstens die Homepage, die deutlich auf dem Abspann des Jubiläumsvideos vermerkt wurde. www.drei-husaren.at. Diese Seite gibt es jedoch nicht mehr. Das hat mich dann doch überrascht, dass ein Lokal, das sich 75 Jahre gehalten hat, die Internetseite abgeschaltet hat. Noch einmal gebe ich also den Namen des Lokals ein und begutachte die Suchergebnisse genauer. Und so fand ich mehrere Artikel aus dem Jahr 2010, denen zu entnehmen war, dass das Restaurant "Drei Husaren" wegen Insolvenz schließen musste. Aber da stand noch viel mehr:
Wiener Nobelrestaurant "Drei Husaren" in Konkurs
Erster. Bezirk, 1010 Wien - Schon wieder stellt ein Wiener Spitzenrestaurant seinen Betrieb ein. Die "Drei Husaren" wurden seit 1933 als Restaurant geführt. Das Restaurant in der Weihburggasse 4 wurde 1933 von drei “Husaren-Offizieren” gepachtet. Zuvor war der Betrieb von Ella Zirner-Zwieback als Kaffeehaus geführt worden, die immer noch die Konzession besaß. Die Großmutter des Schauspielers August Zirner, der die Enteignung seiner Familie jüngst publik gemacht hatte, wurde in Folge vom NS-Regime zur Aufgabe der Konzession gedrängt. 1938 ging der Betrieb somit an den Berliner Gastronomen Otto Horcher, unter dem das Restaurant zum Treffpunkt der Gesellschaft im nationalsozialistischen Regime wurde. Zu den regelmäßigen Gästen gehörten etwa Reichsmarschall Hermann Göring oder Gauleiter Baldur von Schirach. Zwischen 1943 und 1949 standen die “Drei Husaren” allerdings leer, bevor sie neu renoviert wiedereröffneten. Der neue Besitzer Egon von Fodermayer leitete das Restaurant bis 1979, gefolgt von Uwe Kohl. Vienna.at, 17. Juni 2010, 12:46 Uhr
Da ist die zunächst recht große Heiterkeit über den Jubiläumsfilm ein bißchen gewichen. Es wird eine beispielhafte Geschichte von vielen sein. Ganz sicher. Aber wenn man ahnungslos vor so einem Haus gestanden hat und dann die Hintergründe durch einen Zufall, wie meine rückwärtigen Reise-Recherchen erfährt, ist es wohl, was die Stolpersteine im besten Fall bewirken. Ich finde es großartig, dass einem das Internet durch eine Spielerei manchmal Nachhilfe in Geschichtsunterricht gibt. Das Interview mit August Zirner wurde am 5. Juni 2010 veröffentlicht. Und am 17. Juni 2010, zwölf Tage später, erschien die Meldung zum Konkurs. Vermutlich hatte sich der arg steif wirkende Stil des Hauses seit geraumer Zeit überlebt. Und die Erhellung von Zirner war nur der passende Schlussakkord.
Auch das neben gelegene Lokal "Zum weißen Rauchfangkehrer" hat eine lange Geschichte. "Der „Rauchfangkehrer“, der um 1848 gegründet wurde, war einst das Zunftlokal der Altwiener Kaminpfleger." heißt es da. Über die Geschichte liest man auf der Internetseite des Rauchfangkehrers weiter, wie es sich im Laufe der Zeit zu einem beliebten Schauspieler- und Künstlerlokal entwickelt hat. Von Bernstein und Visconti ist die Rede, Nurejew und Fonteyn. Und von Curd Jürgens, der stehend geduldig auf einen Platz wartete. Welche Prominente sich in den Dreißiger und Vierziger Jahren ein Stelldichein gegeben haben, bleibt unerwähnt.
Aber auch das Geschäft für "Exquisite Drucksorten" Huber & Lerner kann auf eine beeindruckende Geschichte zurückblicken. Im Jahre 1901 hat es seine Geschäfte aufgenommen und durfte das persönliche Briefpapier von Kaiserin Sisi herstellen. Und Arthur Schnitzler war Stammkunde der feinen Papiersorten, auf denen er viele lesenswerte Liebesbriefe an Adele Sandrock verfasste. Ich aber kaufe kein feines Briefpapier, weil ich leider gerade keinen Arthur Schnitzler kenne, sondern laufe weiter bis zur Liliengasse.
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g a g a - 2. November 2014, 21:59
http://www.arte.tv/guide/de/051852-000/francois-truffaut-vom-kino-besessen