15. August 2015
"(...) Eine Variante der neuen Realität erwartete mich und meine neunjährige Tochter in Berlin an einer Bushaltestelle. Wir wollten zurück in unser Übergangswohnheim, als mein Blick auf ein junges Liebespaar fiel. Die beiden tauschten heiße Küsse in inniger Umarmung aus - als seien sie allein auf der Welt.
Nur meine Kleine starrte das Paar an - mit einer Mischung aus Überraschung und Schüchternheit. Automatisch legte ich meine Hand auf ihre Augen, dann schob ich meinen Körper als Sichtschutz zwischen die Liebenden und mein Kind. Meine Reaktion war auch ein Schutz meiner selbst: Ich wollte meine Frau und mich vor einem kindlichen Fragesturm schützen.
(...) Natürlich findet man auch immer nette, fremde Menschen, die in der U-Bahn oder an der Bushaltestelle helfen. Manche schauen sogar auf ihrem Smartphone nach, wenn ich die Schilder des Berliner Schienenersatzverkehrs nicht verstehe. Auch viele Berliner scheinen sie nicht zu verstehen.
Berlin ist für mich eine typische westeuropäische Stadt. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert, es ist sauber, grün und bislang habe ich mich noch nicht bedroht gefühlt. Berlins lange Arme umarmen mich einfach, sie erinnern mich ständig daran, dass ich in Europa bin."
Yahya Al-Aous (41) ist syrischer Journalist. Er saß von 2002 bis 2004 im Gefängnis. Seit zwei Monaten lebt er mit seiner Familie in einem Übergangswohnheim in Berlin.
SZ Magazin
Nur meine Kleine starrte das Paar an - mit einer Mischung aus Überraschung und Schüchternheit. Automatisch legte ich meine Hand auf ihre Augen, dann schob ich meinen Körper als Sichtschutz zwischen die Liebenden und mein Kind. Meine Reaktion war auch ein Schutz meiner selbst: Ich wollte meine Frau und mich vor einem kindlichen Fragesturm schützen.
(...) Natürlich findet man auch immer nette, fremde Menschen, die in der U-Bahn oder an der Bushaltestelle helfen. Manche schauen sogar auf ihrem Smartphone nach, wenn ich die Schilder des Berliner Schienenersatzverkehrs nicht verstehe. Auch viele Berliner scheinen sie nicht zu verstehen.
Berlin ist für mich eine typische westeuropäische Stadt. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert, es ist sauber, grün und bislang habe ich mich noch nicht bedroht gefühlt. Berlins lange Arme umarmen mich einfach, sie erinnern mich ständig daran, dass ich in Europa bin."
Yahya Al-Aous (41) ist syrischer Journalist. Er saß von 2002 bis 2004 im Gefängnis. Seit zwei Monaten lebt er mit seiner Familie in einem Übergangswohnheim in Berlin.
SZ Magazin
g a g a - 15. August 2015, 14:15
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