15. November 2025



"Noch im Schlaf versuchte sie immer wieder, ein Stück der Decke an sich zu ziehen, aber er hatte sie ganz für sich genommen, lag in sie eingewickelt, leicht schnarchend, abgewandt. Sie fror, zog die Beine an sich und erwachte, als etwas ihr Gesicht streifte, nicht seine Lippen oder seine Hände, sondern die Gardine im Morgenwind. Graues Licht vom Fenster her begann in sie heineinzufließen und die träumerische Wärme abzukühlen. Das war unangenehm, etwa wie das langsam Einfließen kalten Wassers in ein warmes Bad. Sofort kniff sie die Augen wieder zu und versuchte, in den Leib des gemeinsamen Schlafes zurückzukriechen. Behutsam zerrte sie die Decke unter seiner Seite hervor und schmiegte sich eng an seinen gekrümmten Rücken, machte sich ganz breit, flach und porös, um soviel wie möglich von seiner Haut zu berühren, Wärme und Schlaf mit den Poren zu trinken und das Wehen des Schlafatems in sich hineinzunehmen. ...................................................... Aber es ging schon nicht mehr. Zuviel Haut dazwischen, zuviel Schlaf auf seiner, zuviel Wachheit auf ihrer Seite. In die Zärtlichkeit bei der Berührung ihrer kühl gewordenen mit seiner warmen Haut mischte sich eine Spur Dégoût, eine ganz leise Regung von Aversion. Dabei wartete sie schmerzlich darauf, daß er sich umwende und unter schläfrigem Gemurmel Brust und Schoß mit seinen Händen umschließe und sie so wieder annähme und dem grauen Licht entzöge, aber schon trieb die gewendete Strömung sie von ihm weg. Kühl blinzelte sie über seine Schulter, den schwärzlichen Flaum, der sich im Wind ihrer Atemzüge bewegte und nahm stückweise mit wachsendem Widerwillen die Details der ausrinnenden Nacht zur Kenntnis: Die beiden Gläser Rotweinrest, Aschenstange der vergessenen Zigarette, deren Erinnerung als fade parfümierte Süßigkeit im Dunstgemisch der Gerüche hing, verstreute Kleider und Wäschestücke, von Hand und Fuß fiebernd in die Nacht geschleudert und nun kläglich und deformiert wieder auftauchend, wie Trümmer und Tang aus der zurückweichenden Flut. Verstreut auch sie: Hand vom Bettrand herabhängend, Brust achtlos vor den Spiegel geworfen und im Glas wiederholt, Haar auf der Schwelle verschüttet, Augen wie abgestreifter Schmuck aus Bodenritzen leuchtend. Wahrhaftig, man sollte Ordnung herstellen, ehe der Tag die Decke wegzieht. Sie rückte heftig von ihm ab, die winzige Flamme träger Zärtlichkeit in ihrem Schoß erlosch unter einem kalten Guß, denn nun saß sie aufrecht, umfaßte alles mit einem Blick, auch ihn nur als ein Stück Trümmer im allgemeinen Verfall, und nahm sich entschlossen heraus, mit steilem Rücken und wachsam erhobenen Kopf, die Haare mit dem wiedergefundenen Band so fest zurückbindend, daß es wehtat."



Ruth Rehmann, Illusionen, 1959 bei Suhrkamp erschienen, S. 102, 103. Passage aus dem Kapitel "Das erste Kleid", das sie 1958 beim Treffen der Gruppe 47 in Großholzleute las und dafür beinah den Preis der Gruppe bekommen hätte. Günter Grass las auch, aus der unveröffentlichten Blechtrommel, erhielt den Preis. War aber knapp. Anhand der Rezensionen, die betonen, dass es sich um eine Art Portrait der Wirtschaftswunderzeit handelt, hatte ich nicht mit derart intensiven emotionalen Notizen und für mein Gefühl völlig zeitlosen Empfindungen gerechnet. Gefällt mir sehr.

15. November 2025







Bemerkenswertes Buch. Der lieblose Einband gefiel mir gar nicht, die obere Schicht abgezogen. Nehm es jetzt viel lieber in die Hand.





14. November 2025

Bisschen müde, bisschen traurig. Aha, Davina Shakira Geiss hat sich die Brüste machen lassen. Und die Nase. Vermute, Nase ist auf Dauer harmloser. Allerdings weiß ich nicht, womit die Oberweite erweitert wurde. Solche Neuigkeiten erfahre ich nebenher, wenn ich mich bei gmx einlogge. War ein anstrengender Tag, obwohl es eine Etappe gab, die mir eigentlich lag. Zwei Keramik-Rohlinge bemalt, nächste Woche gebrannt. Ich fehle leider bei Saskias heutigem Konzert im Terzo Mondo, bin einfach zu erschöpft. Den Teppichzuschnitt vorhin abgeholt, sauschwer, so eine Rolle von 180 x 320 cm Seegras-Bodenbelag mit der U-Bahn inclusive Umsteigen zu transportieren. Ich schätze 30 bis 40 Kilo. Morgen Küche ausräumen, den Tisch, die Stühle, zuschneiden, verlegen. Ideale Beschäftigung bei Rückzugsverfassung. Heute Mittag Migräneattacke früher mit Sumatriptan angegangen, aber entsprechend müde, macht mich einfach schläfrig. Der Termin beim Neurologen nächste Woche ist übrigens deswegen. Mal was Neues andenken, soll wohl auch eine vierteljährliche Spritze geben. Wenn die prophylaktisch wirken würde, Hoffnung in Sicht.

13. November 2025

Nichts Besonderes. Auf der Treppe nach oben zum S-Bahnsteig Hackescher Markt mit der baumelnden Tasche verheddert, auf den letzten Stufen ins Straucheln gekommen und hingefallen. Zwei sehr freundliche junge Männer halfen mir beim Aufstehen. Nix gebrochen, aber wieder ein Schrecken. Konnte in der S-Bahn nicht lesen, alles hat geflimmert, bin aber nicht auf den Kopf gefallen. Buch weggelegt, gehofft, dass es nur die insgesamte Erschütterung war. Nach zwei Stunden hat es sich wieder beruhigt und ich konnte wieder normal sehen, ohne Flimmern. Ist wohl auch deswegen passiert, weil ich auf der Treppe erinnerte, dass ich früher immer genau da zwei Stufen auf einmal nahm, mit Elan, mühelos. Kurz Tempo zugelegt, keineswegs um das noch mal zu versuchen. Aber genug von derlei seniorenhaften Begebenheiten.

Der eine der beiden jungen Männer, dunkelhaarig, wirkte äußerlich türkisch, der andere war dunkelblond, strahlte komplett Urberliner aus. Kann ich schwer beschreiben. So eine Art, sich souverän wie im Wohnzimmer zu bewegen und ein bisschen frech-charmantes Grinsen. Beide waren zauberhaft und nahmen sich Zeit, mir auf die Beine zu helfen. Endlich mal keine Rüpel!

Was vor ein paar Tagen auch noch erfreulich war: eine junge Kollegin, die ich sehr mag, sie ist ca. 27 und hat arabische Wurzeln, in Berlin aufgewachsen, erzählte mir mit ihren noch mehr als sowieso schon funkelnden Märchenprinzessinnen-Augen begeistert von ihrem Urlaub in Los Angeles und San Diego, wo sie auch Familie hat. Sie war nicht zum ersten mal da. Ihre Begeisterung war derart groß, dass ich sie fragte, ob sie sich vorstellen könne, hinzuziehen. Sie: "JA!!! Sofort! Das ist genau mein Ding - ich sage Dir....! Ich liebe es total, alle positiv und locker, genau mein Vibe!" Und fügt leiser hinzu: "aber meine Mutter, weißt Du, die möchte ich nicht alleine lassen" (ihr Vater starb vor vier Jahren, wie meiner, aber ihrer war erst sechzig).

Wir haben einen echten Draht und erzählen uns oft Sachen wie Freundinnen, ich habe nie das Gefühl, dass wir diesen großen Altersunterschied von dreiunddreißig Jahren haben, sie behandelt mich auch nie so. Und ich sie auch nicht. Jedenfalls meinte sie dann noch zu mir: "ich weiß, das wäre dort auch GENAU DEIN DING, wir beide passen da total hin!" Das rührte und freute mich so, dass sie mich wie eine Seelenschwester gedanklich vereinnahmte, auf kompletter Augenhöhe positionierte. Fühlte mich in dem Moment auch wie siebenundzwanzig und verstanden und gesehen wie selten. Ob das dort wirklich in allen Aspekten mein Ding wäre, sei dahingestellt, aber ich habe mich in Amerika, zumindest im Südwesten, unendlich wohl gefühlt, gar nicht fremd. Alles easy. Oder vielleicht besser gesagt, es war so ein Grundempfinden, dass man sich das Leben nicht ohne Not gegenseitig schwerer macht, als es sowieso schon ist. Dennoch habe ich keinerlei Auswanderungspläne. Aber dass ich noch nie in Kalifornien war, ist schon komisch, muss ich bald mal nachholen. Wo sie doch meint, dass ich auch ein California Girl bin. So süß.

g a g a
Margarete Reimers 21....
21.12.25, 16:32
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Sehenswert, Margret...
21.12.25, 13:39
g a g a
Für mich nicht :-)
21.12.25, 00:03
kid37
Skorpion. Schwierig...
20.12.25, 23:49
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ja...!
20.12.25, 19:46
kid37
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(...)
19.12.25, 10:31
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Margarete 18. Dezember...
18.12.25, 01:00
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Margarete 17. Dezember...
17.12.25, 20:42
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Margarete 16. Dezember...
16.12.25, 21:59
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Margarete 16. Dezember...
16.12.25, 18:55
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Ina Weisse Siehst...
15.12.25, 21:29
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Margarete 14. Dezember...
14.12.25, 17:14
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Lydia Gebel ARD Alpha...
14.12.25, 13:47
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Margarete 8. Dezember...
08.12.25, 19:46
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Margarete 7. Dezember...
07.12.25, 20:04
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Mahler 6, Andante...
07.12.25, 14:57
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Margarete 6. Dezember...
06.12.25, 15:50
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Sebastian Rogler Das,...
06.12.25, 10:41

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