18. August 2024

Karin im Kino. Nachdem ich gestern Nachmittag feinsäuberlich die Tagebuchfragmente abtippte, in denen es um Kinobesuche ging, erkannte ich ein System! Sie ging fast jeden Sonntag. Wenn sie an einem Sonntag nicht am Nachmittag ins Kino ging, hinderte sie ein Besuch bei Verwandten oder weil sie mit den Eltern in einem Konzert oder im Theater war. Oder weil Oma gestorben war. Sogar am Tag einer Konfirmationsfeier kämpfte sie um den Kinobesuch und bekam ihren Willen. Sie war recht willensstark, das hätte jeder bestätigt, der sie kannte. Sie konnte gefährlich gucken, wenn es nicht nach ihrem Willen ging. Wie ein wilder Stier. Ich habe versucht Fotos zu identifizieren, die zeitlich in die Tagebuchphase fallen und klebe sie hier dazu. Für vierzehn sieht sie mitunter recht erwachsen aus. Man sieht deutlich das Erwachen der jungen Frau.



7.7.1957
(...) Dann kaufte ich mir eine Kinokarte und ging in den Film "Musikparade". 2 Reihen vor mir saß Klaus. Ich saß fast ganz alleine in der Reihe. Eva war auch. Nach dem Film traf ich Christl.

Samstag, 20.7.1957
(...) um 1/2 7.00 holte ich Christa vom Bahnhof ab. Da kamen wir auf die Idee, daß wir ins Kino gehen könnten. Er hieß "Husarenmanöver". Lustiger Film um 1/2 11.00 war ich daheim.


[ längere Pause im Tagebuch, von 19. September bis 16. Dezember 1957, ihre Oma väterlicherseits war am 3. August 1957 gestorben, vielleicht hatte sie auch keine Lust zu schreiben, aber ins Kino ging sie ganz sicher weiter jeden Sonntag ]

2. Weihnachtsfeiertag 26.12.57
(...) Um 4.00 ging ich in die Stadt u. zum Seitzinger kaufte mir eine Kinokarte u. ging mit Irmgard u. Annelie spazieren um 5.00 ins Kino. Der Film "Verlobung am Wolfgangssee". (...) Um 8.00 gingen wir zu Schmid Fernsehen mit Marika Rökk, Hans Moser u. vielen andere. Danach kam eine Eisrevue.

Samstag 28.12.57
(...) Lernte English, Steno. Resi ließ immer die Tür offen. Da ließ ich vor lauter Wut den Füller fallen. Und es gab Kleckse, Mutti schimpfte und sagte, ich darf nicht mehr ins Kino.

Sonntag, 29.12.57
(...) spielten bei mir Quartett. Auf einmal kam Helga + Christl ich freute mich, sie spielten mit. Als wir aufhörten, zog ich mich an, nahm meine Clips, puderte mein Näschen und wir gingen zu Häßlein, dann holte ich mit Helga Kinokarten. Um 5.00 gingen wir in den Film "K + K Feldmarschall", sehr lustig mit Gretl Schörg, Vogel & Gobert.

Sylvester, Dienstag 31.12.57
(...) Es gab russische Eier zum Abendbrot. Dann half ich Resi abspülen. Resi sagte, wir könnten ins Kino gehen, also gingen wir, auch Eva. "Der Fremdenführer von Lissabon". Um 1/4 11.00 war es aus, um 11.00 waren wir daheim, Mutti bereitete den Punsch zu. Tranken zuvor Wein, Tarragona (...) Im Radio kam schöne Musik.

Sonntag, 5.1.58
(...) Um 1/2 2.00 kam Eva, wir gingen in die Stadt und holten Kinokarten (...) um 3/4 5:00 gingen Eva & ich in den Film "Saison in Oberbayern!"

Sonntag, 12.1.58
(...) Helga + Christl. Wir gingen spazieren, traf Erika, Irmgard und Annelie, gingen dann zu Helga, um 5.00 ins Kino, "Der Bettelstudent", mit Gerhard Riedmann, Waltraud Haas, Elma Karlowa u.v.a. Ottilie u. Heidi waren auch. Nach dem Film schneite es.

Sonntag, 26.1.58
(...) Mit Helga kauften wir Karten für den Film "Johannisnacht", auch gingen wir spazieren und dann zu mir Kaffeetrinken.

Sonntag, 2.2.58
(...) um 5.00 ging ich ins Kino "Wer die Heimat liebt".

Dienstag, 4.2.58
(...) Fuhren Ursel, Anni u. ich mit dem Zug 9.04. Um 1/2 11 geht der Film an vom Schiller. Der Film von Friedrich Schiller war sehr schön, es spielten mit Lil Dagover, George, Horst Caspar, Hannelore Schroth, Paul Dahlke, Hans Nielsen.

Sonntag, 9.2.58
(...) Mit Helga gingen wir zum Seitzinger, Karten holen für den Film "Pulverschnee nach Übersee". Danach gingen wir zu mir. Vor dem Kino gingen wir noch spazieren (...) der Film war sehr schön, wir hatten letzte Reihe 17. Eva + Resi waren auch. Es war ein Farbfilm mit Adrian Hoven, Marianne Hold, Mara Lane, Beppo Brehm, u. a. Fred Bertelmann sang "Riviera, Traumland der Liebe", es war sehr schön und ich freute mich sehr.



Mittwoch, 12.2.58
(...) Am Dienstag gingen wir alle ins Kino in den Atlantik-Palast. Um 9.00 "Rosemarie räumt auf".

Dienstag, 18.2.58
(...) Wir hatten keine Schule, nur Kino "Rosemarie räumt auf"! Im Atlantik-Palast, ein schönes Kino. Mit Erika Remberg, Gunnar Möller, Adrienne Gessner, Oskar Sima u.v.a. Als wir vom Kino rauskamen, ließen uns die jungen Kerle nicht durch, man war nicht sicher von Spritzpistolen.

Sonntag, 23.2.58
(...) um 3.00 Uhr tranken wir Kaffee, dann gingen wir zu mir, schauten Album an, aber zuvor kauften wir unsere Kinokarten "Manöverball". War recht lustig.

Sonntag, 2.3.58
(...) um 3/4 5.00 ging ich ins Kino "Kleiner Mann ganz groß", mit Oliver Grimm, Karin Dor, Joachim Fuchsberger u. a. Ursel war auch, sie saß auf Reihe 12 außen, ich in Reihe 14, das Kino war sehr voll. Es war ein herrlicher Film. Es kamen auch schöne Pferde vor. Nach dem Kino sah ich auch Ursel.



Sonntag, 9.3.58
(...) spazieren (...) Um 1/4 5.00 waren wir daheim, ich ging dann ins Kino, Reihe 16 "Das Mädchen Marion". Karin Dor, Dietmar Schönherr, Winnie Markus, Carl Raddatz. Eine Liebe zu den Pferden und eine junge Menschenliebe.

Montag, 10.3.58
(...) Helga holte mich vom Bahnhof ab. Sie sagte, dass sie am Sonntag auch noch im Kino war, "Wenn Frauen schwindeln" mit Bibi Johns. Fred Bertelmann sang in dem Film.

Sonntag, 16.3.58
(...) kochte Kaffee, dazu gab es Cremeschnitten. Helga schmeckte es. Um 4.00 gingen wir ins Kino zum Götz. "Von der Liebe besiegt" mit Wolfgang Preiss, Marianne Hold, Robert Freitag, Luis Trenker.

Sonntag, 23.3.58
(...) Helga wollte erst am Abend ins Kino, aber sie ging dann doch mit mir, E. ging, aber kurz vor dem Film fand ich meine Karte nicht. Da zahlte sie mir der E., meine erste gezahlte. Der Film hieß "Wenn wir alle Engel wären" mit Marianne Koch, Dieter Borsche, Hans Söhnker u.v.a. Nach dem Film kam Christel mit meiner Karte, die habe ich bestimmt bei Häßleins gelassen, vor dem Kino tranken wir bei Helga Kaffee und aßen Torte.

Montag, 24.3.58
(...) Um 1/2 7.00 ging ich ins Kino (...) Ursula, Heidi, Helga (...) Mutti kam auch. Der Film war von Knorr (?) prima, Das Kätchen ein Heilbronner Mädchen.



Sonntag, 30.3.58
Heute ist Konfirmation, um 9.00 begann der Gottesdienst (...) um 1/2 4.00 gingen wir zu Schmidt, ich wollte ins Kino, aber Irmgard durfte nicht, da ging ich auch nicht. Es gab Kaffee und Kuchen, sahen auch ein bißchen Fernseh, wir gingen dann noch zum Kino hinter, um 6.00 mußte sie heim. (...) Am Abend ging ich mit Mutti ins Pfarrheim, Tonfilme von Adalbert Stifter anschauen. Die vorführten, waren schon mal da, blond und schwarz, groß, hübsch, ich musste immer wieder hinstarren.

Mittwoch, 2.4.58
(...) Heute merkte ich, daß ich unwohl war. (...) Legte mich ins Wohnzimmer und las Monpti, sehr schön. Bei uns kommt jetzt bald der Film (...) Es war mir viel besser (...) Eva ging nicht mit ins Kino (...) zuvor sah ich Willi + Resi (...) Kaufte mir Reihe 17. Als ich drinnen war, sah ich die zwei nicht, später kamen sie auch, hatten Reihe 17. Resi setzte sich neben mich, dann Willi. Ich zitterte vielleicht. Der Film "Die Gladiatoren" war sehr schön, mußte immerzu
(3 Worte IN STENO GESCHRIEBEN:) an Willi denken. Er handelte vom Gewand Jesus, von Petrus, Demetrius u. Messalina u. Lucia, der Kaiser ein grauenhafter Kerl. Nach dem Kino gingen wir zu dritt heim. Wir erzählten vom Kino. Von Monpti sahen wir die Vorschau. Ich weiß, als wir zwei gar heimgingen, war es mir ganz anders als sonst, Willi sagte, in Ansbach ist das Kino genau so teuer wie da, ich sagte, im anderen ist es schon billiger, aber wackelt halt alles. Dann sagten wir Gute Nacht u. ich ging schlafen es war 11.00.

Ostermontag, 7.4.58

(zu Besuch bei Verwandten in Pegnitz) (…) Nachmittags schauten wir Fernseh, "Die Familie Buchholz". (…) Um 7.00 aßen wir zu Abend belegte Brötchen und Tee. (…) wir wollten um 20.00 heimfahren, waren schon angezogen. Da kam im Fernseh "Schlag auf Schlag" mit Rolf Bendix., René Franke (?) u.a. Um 22.00 fuhren wir heim.

Dienstag, 8.4.58
(...) Am Abend gingen Mutti und Vati und ich zum Götz, schauten uns das Fernsehstück "Hauptsache glücklich" mit Heinz Rühmann, Herta Feiler an.

Samstag, 12.4.58
(...) Am Abend ging ich mit Eva ins Kino, "Monpti" ab 16 Jahre, Mutti sagte ich es nicht. Hatte meine Stöckelschuhe an. Lehrer Hake saß neben Eva. Ein bezaubernder Film.



Sonntag, 20.4.58
(...) Nachmittag ging ich mit Eva spazieren und in den Film "Die Prinzessin von Sankt Wolfgang" mit Marianne Hold, Gerhard Riedmann, Wolfgang Preiss, Michael Ande, Annie Rosar u. a.

17. August 2024



Die vielen Gesichter von Karin. Hier aus den Jahren 1953 bis 1956. Auf dem Bild mit dem Karo-Kostüm mit ihren ersten Pumps mit dreizehn. Ihre Haarfarbe mäanderte zwischen dunkelblond und hellbraun. Auf einigen Fotos wirken sie dunkler, als sie waren. Sie hat mir ihre Haarfarbe vererbt. Aber ihre Haare waren etwas dicker.



17. August 2024



Karin als artiges Schulkind über einem Buch, mit geflochtener Kronenfrisur, 1950. Karin bei einem Faschingsumzug, mit Zöpfen, vielleicht 1952. Was für ein Karnevals-Kostüm das vorstellen soll, ist mir nicht ersichtlich, aber sehr hübsch. Karin bei einer Schulaufführung als Schneeflocke mit Haarreif mit weißen Bommeln, die langen Haare sind weg, vielleicht 1954 oder 55. Auf Gruppenfotos ist sie immer das größte Kind. Das war mir gar nicht so bewusst, dass sie wie ich auch, in ihrer Schulzeit alle überragte. Mama war als erwachsene Frau 1,73 cm. Nicht so riesengroß eigentlich, aber offenbar im Verhältnis zu den anderen jungen Frauen. Noch dazu trug sie ab vierzehn leidenschaftlich gerne Stöckelschuhe, die erwähnt sie auch ab und zu im Tagebuch, das sie mit vierzehn schrieb, aber das taten die anderen ja auch. In dem Alter fing sie damit an. Aber auf den Bildern hier, wo sie zwischen sieben und zwölf war, gabs noch keine Stöckelschuhe.



16. August 2024

Zum Wochenende präsentiere ich ein launiges Foto von circa 1957 oder 1958. Das ist NICHT meine Mutter. Es muss eine enge Freundin von ihr gewesen sein, sie hatte mehrere Freundinnen, die sie in ihrem Tagebuch aus der Zeit erwähnt. Eine Evi kommt immer wieder vor, von der gibt es auch hinterlassene Briefe von Anfang und Mitte der Sechziger. Also ich tippe mal auf Evi, eigentlich Evelin. Nicht mit Ypsilon geschrieben. Scheinbar hat "Evi" in einer Art Wohnheim gewohnt, dem eher nicht sehr privat wirkenden Mobiliar nach zu urteilen. Vielleicht ein Wohnstift für unverheiratete Mädchen, die zur Ausbildung in Nürnberg waren? Mir ist dunkel in Erinnerung, dass meine Mutter in Nürnberg eine Handelsschule besucht hat. Da konnte sie dann vermutlich mit dem Regionalzug von ihrem Elternhaus in der Nähe von Ansbach zur Schule nach Nürnberg fahren, eine knappe halbe Stunde Fahrzeit schätze ich.



Sehr apart ist der Wandschmuck. Eine so damenhafte Erscheinung mit gestärkter Bluse und Bleistiftrock auf dem Bett und dann schwärmerisch Starfotos übers Bett gepinnt, wie ein Backfisch. Ein Potpourri der Stars der Fünfziger, eine herrliche Auswahl - und ich erkenne sie alle! Im Uhrzeigersinn, angefangen bei fünf nach zwölf bzw. bei eins: Sophia Loren. Dann bei drei: Tony Curtis (schon sehr fesch). Bei sechs: sexy Elvis. Bei halbacht: Stewart Granger. Bißchen oberhalb von neun: nochmal Tony Curtis. Zwischen elf und zwölf: Horst "Hotte" Buchholz. Und ein bißchen mittig, zwischen Tony Curtis und Stewart Granger, vermutlich ein Star-Kalender, aufgeschlagen bei Karlheinz Böhm. Erst dachte ich beim flüchtigen Gucken Peter Kraus, aber dann habe ich nochmal geschaut und Sissis Franzl einwandfrei identifiziert. Dass das Zimmer kein privates Mädchenzimmer gewesen sein kann, führe ich vor allem auf das Lazarett-hafte Bett und die bestimmt kratzige Wolldecke mit der Nummer 50/53 zurück. Solcherlei möchte man nicht in seinem Mädchenzimmer haben - zumal 1957 oder 1958.



Die rot angemalten Lippen korrespondieren auch mit den Tagebuch-Einträgen meiner Mutter. Lippenstift war ein Must Have. Wenn es sich um Evi handelt, waren die beiden oft im Kino und lasen die "Filmrevue" oder "Filmillustrierte" Eine wichtige Lektüre für Karin. Vielleicht mache ich mir den Spaß, auszuwerten, an wievielen der ca. zweihundertfünfzig Tage, die sie das Tagebuch schrieb, von einem Kinobesuch die Rede ist. Mir kommt es bald so vor, als wäre sie jeden zweiten oder dritten Tag dort gewesen. Ihre Eltern hatten dazumal noch keinen Fernsehapparat, das wäre eine Erklärung. Und bestimmt war es recht preisgünstig, ins Kino zu gehen. Aber ich weiß es nicht. Mich befremdet etwas, das ich mich absolut nicht erinnern kann, dass meine Mutter jemals im Kino war. Weder alleine, noch mit einer Freundin, noch mit meinem Vater. Das Filmegucken hat sich dann wohl komplett auf das Wohnzimmer verlagert, als es in den Sechziger Jahren bald einen großen Schwarzweiß-Fernseher gab. Illustrierte über Filmstars hat sie auch nicht mehr gelesen. Als wäre das eine andere Person gewesen. Wobei es in den Siebzigern gar nicht mehr solche ausgewiesenen Zeitschriften über Filmstars gab. Die wurden von Gong und Hörzu abgelöst. Unglamouröse Fernsehzeitungen für die ganze Familie. Da war kein Lippenstift mehr erforderlich. Schade.

g a g a
Margarete 4. Dezember...
04.12.25, 20:47
g a g a
Die dt. KI-Stimme...
04.12.25, 17:59
kid37
Gelebter Maximalismus....
04.12.25, 14:26
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Margarete 3. Dezember...
03.12.25, 18:34
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Margarete 2. Dezember...
02.12.25, 19:57
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Margarete 1. Dezember...
01.12.25, 18:07
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Margarete 29. November...
30.11.25, 21:36
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Margarete 29. November...
29.11.25, 12:44
g a g a
Margarete 28. November...
28.11.25, 21:13
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MICH NICHT!
28.11.25, 19:16
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Saskia Rutner Was...
28.11.25, 10:43
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Margarete 27. November...
27.11.25, 20:38
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Margarete 21. November...
21.11.25, 13:19
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Saskia Rutner Ist...
19.11.25, 16:49

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