19. Juni 2020



Am Dienstag war ich im Biergarten. Neben mir sitzt Ina, das Foto hat Maria gemacht! Es war sehr schön. Eigentlich waren auf dem Foto noch mehr Leute, aber aus datenschutzrechtlichen Gründen habe ich sie weggeschnitten. Also andere Biergartengäste, und rechts von uns, so leicht nach hinten versetzt, Leute mit Instrumenten. Musikinstrumenten. Zwei Gitarren, eine Bass-Ukulele und so ein Percussionsdings, was man so schüttelt. Hat ausgesehen wie eine reife Orange. Die Musiker haben sich zufällig im Biergarten getroffen und dann ein, zwei Lieder gesungen, die man kannte, und wo man gerne mitgesungen hat. Ich glaube der Sänger war vom Berlin Beat Club, wenn ich mich nicht irre, und der eine Gitarrist spielt in der Band von Frau Kroymann. Dazu gesellte sich eine Gabi von den Gabys mit einer putzigen Bass-Ukulele. Den anderen Gitarrist, Hans hieß er wohl, hat man auch schon in der einen oder anderen Band spielen hören, es hat doch recht gut geklappt für das erste mal. Aber vielleicht haben sie ja auch schon mal zusammen gespielt, bei irgendeiner Gelegenheit. Die kennen sich ja alle untereinander, diese Berliner Musiker, nicht wahr.

Sehr überraschend war die strenge Einhaltung des Abstandes der Tische im Biergarten. Ich schätze zwischen zwei und zweieinhalb Meter, teilweise sogar drei Meter. Das hat man schon anders gesehen. Auf den Tischplatten waren QR-Codes, da konnte jeder Gast sich einscannen und damit registrieren, dass er am Dienstag an einem bestimmten Tisch gesessen hat. Alles sehr vorbildlich. Die anderen Gäste waren auch verblüfft, wir unterhielten uns darüber, und sind zum Schluss gekommen, dass das Rickenbackers, ein Live-Musikclub, vielleicht besonders aufs Korn genommen wird, da man eventuell unterstellt, dass es dort nicht so genau genommen wird mit den Vorschriften. Musiker sind ja so ein lockeres Völkchen und die zugehörigen Gäste eines solchen Lokals nicht minder.

Mit gebührlichem Abstand wurde Jever getrunken und Schnitzel gegessen. Ich war als erste da, Maria kam ein bißchen später, und Ina noch ein bißchen später, Da waren wir mit unserem Schnitzel schon fertig und konnten uns auf das Mitsingen von zwei bekannten Liedern einstimmen. Es ist schon schön und lustig, mit ein paar anderen Menschen unter offenem Himmel den Refrain von Smoke on the Water zu singen, so mitten im alten Westen von Berlin, direkt an der Bundesallee. Sommerlich war der Abend. Man hat jetzt eine ganz andere Vorfreude auf richtige Konzerte, wenn sie denn einmal wieder stattfinden.

14. Juni 2020



Noch ein kleines Tier, ganz groß, vom Oktober 2002. "Libellenkönigin", papiers collées, 83 x 60 cm. Staatl. Museen von Gaganien. Wer mag, kriegt eine Postkarte davon. Ich weiß schon, dass es sich hier um eine noch nicht so allgemein bekannte Libellenart handelt, deswegen wollte sie wohl unbedingt von mir portraitiert werden. Mit den Tieren aus Gaganien ist es genau wie bei einer echten Tiergeburt, man hat schon ungefähr eine Vorstellung, was es für ein Tierkind wird, aber wie es genau aussieht, weiß man erst nach der Geburt, wenn fertig geschlüpft. Eben wie in der Natur!

Ich widme das heutige Tierkind dem Geburtstagskind Cosima.

14. Juni 2020

Wir leben doch nicht mehr auf dem Baum.
Boris Becker

12. Juni 2020



Gestern war ich zum ersten mal seit Ende Februar wieder verabredet und gleich todesmutig in einem Restaurant, nämlich der guten alten Paris Bar. Ina hatte ich zuletzt einen Tag vor Silvester getroffen, über sechs Monate, schon arg lange, im Vergleich zur Dichte unserer Verabredungen in den vergangenen Jahren. Wir bekamen den sehr schönen Tisch rechts von der Eingangstür, in der lauschigen Ecke am Fenster, mit der gepolsterten Bank, wo ein imposantes Foto von Michel Würthle als Papst steht, und der, wie gewohnt, als fester Teil des Interieurs auch persönlich da war. Zu ihm erzählte ich Ina, die schon näher mit ihm zu tun hatte, eine lustige Beobachtung, die sie noch nicht kannte.

Eine jüngere Autorin hat ein Buch über Ingrid Wiener verfasst, eine aus Wien stammende autodidaktische Köchin und Web*künstlerin, die im Berlin der Siebziger und Achtziger Jahre viel Erfolg mit dem Restaurant Exil hatte, in dem u. a. auch Michel und ihr Mann Oskar Wiener zur festen Truppe gehörten. Das von den Dreien gegründete und bewirtschaftete Lokal am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer, wurde zum beliebtesten und kultigsten Berliner Prominenten- und Künstlertreff, ähnlich wie später die Paris Bar. Im Zuge der Recherche traf die junge Autorin nun verschiedene Weggefährten aus dem ehemaligen Dunstkreis von Ingrid Wiener (übrigens die Stiefmutter von Sarah Wiener), somit also auch unseren guten Michel.

Wenn man ein bißchen über Michel Würthle recherchiert, findet man eine ganze Reihe Zeitungsartikel und Interviews über ihn, und ab und zu wird beiläufig erwähnt, dass er daheim, in seinem malerischen Kreuzberger Künstleruniversum über dem ehemaligen Exil, üblicherweise Nescafé, also mit heißem Wasser aufgegossenen Instantkaffee trinkt, den er auch Gästen anbietet. Was natürlich ein wenig überrascht, weil man ihm als hochkultivierten Bon Vivant doch anheimstellen wollen würde, dass nur beste Kaffeebohnen mit speziellen Röstverfahren aus professionellen, italienischen Traditionskaffeemaschinen in die Kaffeetasse kommen. Oder doch wenigstens Kaffeehausklassiker- oder gar -spezialitäten aus der Wiener Heimat. Ein schöner Einspänner vielleicht. Ein "Kaffee Maria Theresia" womöglich gar.

Nun hatte auch Ina bereits mehrfach Gelegenheit, seine heimische Kaffeetradition zu studieren und konnte bis dato keine Abweichung vom erwähnten Instantkaffeepulver beobachten. Wer sich schon mal Nescafépulver aufgegossen hat, wird bestätigen, dass das Getränk zwar Koffein beeinhalten mag und eine braune Farbe hat, aber unverkennbar anders als frisch gebrühter Bohnenkaffee schmeckt. Es ist eben ein Getränk mit einem ganz eigenen Aroma.

In das Buch, dessen Titel mir gerade entfallen ist, hat die junge Autorin auch ein Danksagungskapitel eingearbeitet, wo sie sich neben vielen Anderen auch bei Michel für die schönen Treffen bei ihm daheim und vor allem den SEHR GUTEN KAFFEE MIT DER KARDAMOM-NOTE bedankt. Ich befragte Ina, ob sie es für möglich hielte, dass er in der jüngeren Zeit eine spezielle Rezeptur und etwas raffiniertere Kaffee-Kultur entwickelt haben könnte. Immerhin ist der Zusatz von Kardamom zum Kaffeepulver im Libanon sehr verbreitet. Und man ist ja auch in fortgeschrittenem Alter mitunter noch neugierig und experimentierfreudig, warum nicht bei der Kaffeezubereitung. Ina musste sehr lachen.

Also wir saßen sehr gut, um solcherlei Gespräche zu führen und hatten sogar den Eindruck, dass die Tische mit dem größeren Abstand geradezu ideal stehen. Zu früheren Zeiten war es schon sehr dicht an dicht, und immer eine gewisse Gefahr, beim Aufstehen die Gäste am Nachbartisch anzurempeln. Wenn es mit den enger gestellten Tischen auch schneller vertraulich wird, und die Unterhaltung vom Nachbartisch gerne mal launig übergreift. Was auch Schönes hat. Aber gestern waren wir uns erst einmal genug. Es gab viel zu erzählen,

Wir hatten beide richtig Hunger und Lust auf das Entrecôte mit Frites und Béchamel und grünen Bohnen. Ausnahmsweise trank ich mal keinen Wein, sondern zwei Königs Pilsener, die dort klassisch in vernünftigen Gläsern serviert werden. Da bin ich ja empfindlich. Diese Unkultur aus einer Bierflasche zu nuckeln, ohne sich akut im Rippenunterhemd auf einer Baustelle zu befinden, ist mir befremdlich, um nicht zu sagen, es stößt mich ab. Da bin ich sehr altmodisch und konservativ. Wir wurden gut umsorgt gestern, es war angenehm. Ich werde immer empfindlicher, was die Qualität offener Weine in Lokalen angeht, und eine ganze Flasche von einem richtig guten Wein bestellen, kommt einem oft so teuer vor, obwohl es dann unterm Strich nicht mehr kostet, als sechs einzeln bestellte Gläser.

Aus dem Augenwinkel sah ich Wolfgang Joop nach draußen in die späte Abendsonne treten, er wirkt jetzt im höheren Alter vom Blick her altersmilde, verglichen mit früher, irgendwie weicher. Ein Buch von ihm, sein letztes, "Die einzig mögliche Zeit", liegt seit Monaten auf meinem kleinen Stapel ungelesener Bücher. Ich mag seine Schreibe sehr.

Ina wollte mich eigentlich unbedingt gerne heimfahren, aber als wir gerade beim Aufbruch waren, stand plötzlich ihr Vertrauter und mir auch Bekannter an unserem Tisch und hatte sich ruckzuck auch schon einen Grünen Veltliner bestellt und lächelte uns gesellig an. Ich war jedoch schon etwas bettschwer und räumte gerne den Platz für eine weitere Runde der beiden. Ich wäre die Letzte, die jemanden zum Aufbrechen nötigt, wir sind ja nicht verheiratet. Mir sind eher Leute suspekt, die wegen ihrer gewohnten Schlafenszeit vor Mitternacht eine gesellige Runde verlassen. Aber das ist ja alles typbedingt und individuell. War eher untypisch für mich, dass ich gestern schon um halbzwölf in Stimmung war, heimzufahren.

Mit der S-Bahn habe ich eine unkomplizierte Verbindung von dieser Ecke in Charlottenburg zu mir heim nach Mitte. Vom Bahnhof Zoo direkt durchfahren bis zum Hackeschen Markt, elf Minuten Fahrzeit. Kann man nicht meckern. Fotos wurden gestern nicht gemacht, ich habe aber zwei alte Aufnahmen gefunden, auf denen ich anhabe, was ich gestern auch anhatte, das Fransenoberteil und ein Mäntelchen mit gewebten Ozelotmuster. Fotos von früher eben, 16. September 2015 und 3. Juni 2016. Zweimal anziehen ist okay.



*)"Web" wie Webstuhl

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