13. September 2015








Es begab sich, dass ich nach dem Sommerfest am 29. August auf die fb-Seite des Literarischen Colloquiums ging, um zu sehen, ob jemand Bilder gemacht hat. Ich selbst hatte kaum fotografiert, da ich sehr spät kam, als alle Lesungen bereits vorbei waren. Ich kam um zu trinken, zu plaudern und zu tanzen. Zwei Freundinnen, die ich traf, erzählten, dass die Lesung von Ulrich Matthes sehr gut gewesen sei. Ich fragte noch, ob so gut war, WAS er las oder WIE er las (es war wohl ein Kapitel aus tschick von Wolfgang Herrndorf, von dem ich selbst nur das einleitende Kapitel kenne, was ich "nett" fand, aber nicht packend). Die Antwort war "Es war, WIE er las". Mir durchaus verständlich, denn ich hatte erst zwei Tage zuvor Gelegenheit gehabt, ihm zwei Stunden in einem Gespräch zuzuhören und mochte seinen für einen Schauspieler auffallend unpathetischen Duktus. Ich hatte ihn aber auch fotografiert, und deswegen schien mir das auch in dieser Hinsicht kein Versäumnis. Ich sah ihn noch draußen auf der Terrasse und erwähnte im Vorbeigehen, dass ich den Link mit den Bildern seiner Agentin gemailt habe. Seine Unterarme sind vermutlich noch nie derart von einer Kamera fokussiert worden. Aber das ist eine andere Geschichte. Als ich ankam, es war schon dunkel - ich rede immer noch vom 29. August, nicht von dem Abend von Alban Nikolai Herbst - spielte eine Gruppe, die ich nicht kannte, Männer im mittleren Alter, in für meinen Geschmack äußerst unattraktiver Bühnenkleidung. Ich ging sogar so weit, den Sänger der Gruppe zu bitten, seinen seltsamen roten Anorak auszuziehen. Es war ein erwachsener Mann, der Ähnlichkeit mit Wondratschek in seinen jüngeren Jahren hatte. Er lächelte nur irritiert und behielt das seltsame Kleidungsstück an. Ich machte kaum Bilder, es ging mir gegen den Strich, ich verlor die Lust, das war mir alles zu unattraktiv. Als mein Akku den Geist aufgab, war ich nicht weiter unglücklich darüber, weil ich auf niemanden traf, den abzulichten, ich als einmalige Gelegenheit empfunden hätte. Als ich auf der facebook-Seite vom LCB war, wollte ich mich nur vergewissern, ob vielleicht vorher, als es noch hell war, interessante Gesichter dabei waren. Das interessanteste war das von Christian Brückner, den man eigentlich bei jedem Sommerfest vom LCB antreffen kann, mein Freund Jan hat ihn fotografiert. Er ist immer ein Bild wert. Aber auch ihn hatte ich schon mehr als ausgiebig abgelichtet, gemeinsam mit Michael Ballhaus. Also nicht so viel versäumt. Als ich eigentlich schon kurz davor war, wieder wegzuklicken, sah ich in der Seitenleiste als kommendes Event vom LCB die Ankündigung einer Lesung von Alban Nikolai Herbst. Mit einem sehr guten Foto von Renate von Mangoldt, die seit Jahrzehnten Schriftsteller portraitiert, insbesondere für das Literarische Colloquium. Selbst, wenn ich nicht im Hinterkopf gehabt hätte, dass es sich um jemanden handelt, der auch bei Twoday schreibt, und zwar ziemlich genauso lange wie ich, seit 2004, hätte mich die Veranstaltung vielleicht nur aufgrund des Bildes von Renate von Mangoldt neugierig gemacht. Es zeigt einen Charakterkopf mit einem amüsierten Ausdruck. Ausgesprochen sympathisch. Mit Bedacht gekleidet, elegant. Also das vollständige Gegenteil der Anorak-Aufmachung des Sängers der Popgruppe da neulich, der nebenbei auch Schriftsteller ist. Mein Impuls war, dass ich diese zufällige Gelegenheit nutzen wollte, mir ein eigenständiges Bild dieses lesenden Autors zu machen, der seit Jahren auf der twoday-Startseite vorkommt, den ich aber - das schreibe ich ganz neutral - zumindest bislang - nicht oder sehr selten lese. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ich habe in den letzten zehn Jahren sehr punktuell quergelesen, vor allem immer wenn twoday abgestürzt ist, war mein erster Impuls zu checken, ob die Vielschreiber mehr wissen oder schon wieder etwas posten konnten. Und da gehört er dazu. Seit langem besuche ich nicht mehr aus anderen Gründen die twoday-Startseite, wo man sieht, wer zuletzt aktualisiert hat. Es ist ein chronologisches Ranking. Damals, als alles anfing, interessierte es mich, neue Blogs zu entdecken, dafür war die Seite gut. Wenn es heute bei meiner Seite hakt, schaue ich als erstes, ob andere auch nicht aufrufbar sind und dann auf diese Startseite, ob womöglich alles zusammengebrochen ist. Er scheint häufig etwas zu überarbeiten, schreibt aber auch annähernd täglich, und ist damit mehr oder weniger dauerhaft auf dieser Startseite. Man kam zu keinem Zeitpunkt daran vorbei, zumindest seine Existenz zur Kenntnis zu nehmen. Inzwischen gibt es immer wieder Abwanderungswellen, von twoday zur eigenen Domain oder anderen Hostern. Er ist jedoch dabei geblieben. Und ich auch. Irgendwo las ich, dass er mit Knallgrau, der Firma in Wien, die twoday betreibt, eine besondere Vereinbarung hat, was die Archivierung seines online-Werks, Die Dschungel angeht. Aber so genau weiß ich es nicht. So sporadisch ich alle paar Jahre ein wenig dort gelesen hatte, fiel mir doch auf, dass vor allem seine Kommentare, die er nicht so häufig wo anders hinterließ (zumindest nicht da, wo ich las), schnell polarisierten. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass diejenigen, die sich in die Kommentarstränge verstrickt hatten, mit großer Leidenschaft bei der Sache waren, entweder wurde nahezu ehrfürchtiger Beifall gezollt oder unsachliche Spitzfindigkeiten gepostet. Man könnte fast von einer Hass-Liebe sprechen. Ein Blogger in der Nachbarschaft, der sich nicht als Wald- und Wiesen-Befindlichkeits-Hobby-Blogger präsentiert, sondern als Berufs-Autor, der Teile seines Work in progress veröffentlicht und auf der ganzen Klaviatur fiktionaler Ebenen spielt. Opulent, intensiv, auf vieles Bezug nehmend, was in vorherigen Kapiteln behandelt wurde, mehrere Stränge und Ebenen. Ich merkte recht bald, dass mich diese Vielschichtigkeit der Einträge überfordert. Vor allem zeitlich. Um dem als Leser gerecht zu werden, überhaupt noch etwas beurteilen zu können, aber auch um es zu genießen, müsste ich mich in die Systematik dieser verschiedenen Stränge und ihrer Figuren einarbeiten. Wenn ich das nicht täte, würde ich nur die Hälfte oder weniger begreifen. Man könnte sagen, ich habe aus Respekt vor diesem komplexen, schillernden Werk, darauf verzichtet, mich da einzulesen. Natürlich konnte ich auch ohne die Zusammenhänge zu identifizieren, sehen, dass da jemand eine virtuose Schreibe hat. Letzten Endes begibt man sich als Leser in einen Kosmos, der einen fasziniert, wenigstens in einem einzelnen Asprekt und es wird ein geradezu familiärer Teil des eigenen Lebens. Wenn ich sehr viel Freizeit hätte, wurde ich vielleicht einsteigen. Wer weiß. Egal, was dieses Werk daüberhinaus beinhalten mag, ist für mich auf Anhieb erkennbar, dass es sich um eine Ausnahmeerscheinung handelt, auch was die Interaktion mit Lesern angeht. Eine durchaus faszinierende Ausnahmeerscheinung. Für mich war immer interessant, dass es sich um jemanden zu handeln scheint, der sich nicht hinter seinem Werk versteckt. Es gab Bilder von ihm. Die Erscheinung passte zu dem, was man selbst beim Querlesen frei phantasierend assoziieren konnte und das ist - das dürfen Sie mir glauben - nicht der Regelfall. Ich bin schon aus allen Wolken gefallen, wie manche attraktive Schreibe keine Fortsetzung in der persönlichen Präsenz hatte. Das wollte ich verifizieren, ich hatte auch an dem Abend noch nichts anderes vor. Das war die Vorrede, wie ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, dahin zu gehen. Ein bißchen viel Vorrede, möchte ich fast meinen. Das kommt daher, dass ich mir denken könnte, dass es ein paar Leser gibt, also ich meine jetzt Leser von mir, die zu irgendeinem Zeitpunkt auch in irgendeinen Strang bei oder mit ihm verstrickt waren, denn sonst gäbe es ja keine Motivation, sich irgendwie dezidiert über ihn zu äußern. Wie gesagt - ich bin nicht kompetent, das allumfassend zu beurteilen und zu bewerten, ich werde mich da nicht einarbeiten. Wo ich mich aber durchaus gerne einarbeite, ist ein persönlicher Eindruck. Ein selbstgemachtes Video, in dem jemand etwas liest, zeigt ein Fragment einer Selbstinszenierung. Aufnahmen von anderen zeigen deren Projektion, bei starker Selektion. Wenn man alle Quellen heranzieht, die inszenierten, die gekonnten, die dilettantischen, die Zufallsergebnisse, fügen sich die Teile zu einem Bild, das den kleinsten gemeinsamen Nenner aufzeigt, das Profil.




Ich war also sehr gespannt. Um nicht völlig ahnungslos dazustehen, sah und hörte ich mir bevor ich hinging, einige Sequenzen in Form von Videos und Podcasts an, in denen er auszugsweise aus dem Buch las, das dort erstmalig öffentlich präsentiert wurde, dem Roman "Traumschiff". Es gibt da einiges online, er verlinkt das auch kontinuierlich, wie ich inzwischen weiß, da ich seit dem letzten Twoday-Absturz wieder einmal auf seiner Seite war und ein wenig rückwärts gelesen habe. Die Rubrik Arbeitsjournal entspricht noch am ehesten dem, was man sich unter einem Weblog vorstellt. Man kann sich da gut einlesen. Ich las also da ein bißchen rückwärts und fand das recht uneitel und nahbar, was da mitgeteilt wurde. Die Passagen aus dem Buch, die ich gehört hatte, waren gut gewählt, alles atmosphärisch dicht, worum es geht, kann man in verschiedenen Rezensionen lesen. Ein Thema, für das man die richtige Jahreszeit seines eigenen Lebens braucht, um es zu genießen und zu würdigen. Wer mein Blog nicht kennt, wird nicht wissen oder ahnen können, dass mir die letzten Dinge, das Gewahrwerden der irdischen Endlichkeit, seit meinem einundzwanzigsten Lebensjahr näher sind, als man sich das gemeinhin wünschen würde. Ich habe das sozusagen studiert. Es ist nicht angstbesetzt und daher auch kein angstbesetzter Impuls, wenn ich - augenblicklich - nicht nach fokussiert letzten Betrachtungen in Romanen Ausschau halte. Doch ich würdige das sehr und verstehe manches. Es ist keine dumme Nichtbeachtung oder mangelnde Tiefsinnigkeit, viel mehr eine Frage der Zeit, will sagen, des richtigen Zeitpunkts, wann ich auf die umfassende Lektüre dieses Romans Lust haben werde.




So kam ich also im Colloquium an, ohne das Buch gelesen zu haben und ohne eine langjährige, umfassend im Thema stehende Dschungel-Leserin zu sein. Ich kam etwas zu spät, ca. zwanzig Minuten nach Acht, und er war schon auf der Bühne, neben ihm eine Moderatorin. Der Saal war bestimmt zu zwei Dritteln, wenn nicht mehr, gefüllt. Es waren bedeutend mehr Gäste gekommen, als er in seinem Arbeitsjournal befürchtet hatte. Ich freute mich für ihn, unbekannterweise. Auf der Bühne saß ein erstaunlich aufgeräumt wirkender Mann in einem hellen Leinenanzug, der viel lächelte und mit großer Aufmerksamkeit und Konzentration die Fragen der jungen Moderatorin beantwortete. Ich versuchte eine Position zu finden, die mir erlaubte Bilder zu machen, die das Gesicht weder mit durchkreuzenden Mikrofonen noch Wasserflaschen beeinträchtigen. Das war ein kleiner Balanceakt, denn ich wollte in der andächtigen absoluten Stille, die nur durch die Bühnenakteure durchbrochen wurde, keine Geräusche durch Schritte und Tritte verursachen, auch niemandem die Sicht nehmen. Durch die beabsichtigte Umsicht hatte ich zum Teil das Gefühl, ich bewegte mich ungewollt besonders umständlich und damit auffällig. Aber es hat immerhin nichts gepoltert. Nur die Stühle quietschten mitunter, wenn sich ein Gast etwas anders hinsetzte als vorher. Da las also mein Blognachbar. Im Übrigen recht gut und mit angenehmer Stimme, und schien gar nicht recht geeignet, Objekt für allertiefste Aversionen werden zu können.



Vielleicht hat er sich ja auch verändert. Ich vermag das alles nicht zu beurteilen. Ich kümmerte mich vor allem darum, Bilder einzufangen, die mir den Eindruck vermitteln, es hätte sich gelohnt hinzugehen. Das fand ich schon beim Fotografieren. Denn auch das Publikum schien mir sehr sympathisch. Weder auf der Bühne, noch im Auditorium konnte ich irgendeinen Kotzbrocken ausmachen. Als die Lesung beendet war, verlangte Herr Herbst nach einem Glas Wein, das er sich anschicken wollte, selbst zu holen. Er hat es also keinesfalls autoritär geordert. Es gibt da diesen kleinen Nebenraum mit der Bar, der direkt zur Terrasse führt. Man holte sich Getränke und kam ein bißchen ins Gespräch. Viele schöne Frauen waren da, einige waren mir besonders aufgefallen. Man unterhielt sich, als wäre es ein eher familiäres Zusammentreffen, nach einer Viertelstunde hatte ich nicht mehr das Gefühl, mit allen unbekannt zu sein und Lust, noch länger zu verweilen. Ich fragte viele der Gäste, was sie hierhin bewegt hatte, und wurde meinerseits gefragt, was mich bewegt hatte. Da konnte ich wahrheitsgemäß erklären, dass wir seit über zehn Jahren, also Zweitausendvier, beide bei twoday schreiben und ich ihn nicht lese und er mich nicht liest und dass das natürlich verbindet. Und dass wir beide nicht abgewandert sind. Und ich nun eben doch einmal neugierig war, was das für ein Mensch ist, dieser Alban Nikolai Herbst. An dem Abend haben wir nur sehr bruchstückhafte Sätze gewechselt, ich erwähnte im Vorbeigehen, dass ich hoffte, dass mein Aktionsradius nicht gestört hat, da ich einen Winkel finden wollte, der mir Bilder ohne Mikros und Wasserflaschen im Gesicht ermöglicht. Er hat mich nicht angeblafft oder blasiert ignoriert, sondern durchaus freundlich gelächelt. Im Gespräch mit anderen hat er weder unbotmäßig die Stimme erhoben, noch sich unnötig wichtig gemacht. Sein Sohn war auch da, ich kam mit ihm, dessen Mama und deren Freundin ins Gespräch, erfuhr aber erst im Verlauf unserer Unterhaltung von dem familiären Zusammenhang.






Ganz gleich, mit wem ich mich unterhielt, es hatte den Anschein, dass es aufrichtig freundschaftliche Gefühle zu dem Autor gibt. Und warum auch nicht. Lange, sehr lange, unterhielt ich mich mit Kevin, einem Autor aus Los Angeles, der seit langem in Berlin lebt. Und last but not least mit Phyllis, die auch noch immer bei twoday ist, mit ihrem tainted talents-Ateliertagebuch. Ich mochte sie sofort. Es war ein wirklich sehr schöner Abend. Die bis zum Schluss blieben, sortierten sich nach "fahre mit der S-Bahn" und "nicht". Ich fuhr auch mit der S-Bahn, Richtung Osten. Meine Kamera machte noch ein paar Bilder, die ich trunken, wie ich war, nicht ganz beabsichtigt hatte, aber dennoch sind ein paar Aufnahmen dabei, die ich zu schade zum Wegwerfen finde. Das war also dieser Abend mit der Lesung und wie das alles kam. Und kaufen Sie gerne das Traumschiff-Buch. Es ist ein gutes Buch. Und es ist ein guter Autor. Und sympathisch dazu. Ich vermute, dass statistische Erhebungen zutage fördern würden, dass seine unerbittlichsten Kritiker noch keine Gelegenheit zu einer persönlichen Begegnung hatten. Holen Sie das doch einfach nach.

11. September 2015

15-09-11 Behind...Lehndorff Trülzsch (67)

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11. September 2015

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07. September 2015








Freitag, vierter September. Nachmittags um vier. In Charlottenburg, in der Galerie von Johanna Breede. Sie zeigt Bilder von Sheila Rock und Beat Presser. Was für Namen. Rock und Beat. Auch wenn man selbst viel fotografiert und viel gesehen hat, kennt man nicht jeden bemerkenswerten Fotografen, nicht jede bemerkenswerte Fotografin. Das kann man alles gar nicht schaffen, bewältigen. Ich bin ja keine Kuratorin, die dafür bezahlt wird, sich da auszukennen. Es sind Zufälle, dass ich das erfahre, einen Termin mitbekomme. Manchmal Verteiler, in denen ich bin, manchmal weitergeleitete Infos, oft durch Jan, wofür ich dankbar bin. Ich renne nicht in jede Ausstellung, aber wenn ich das Gesicht eines Fotografen sehe - oder einer Fotografin - kann es unabhängig von deren Werk passieren, dass ich neugierig werde. Es gab ein Gespräch mit beiden zu ihrer an jenem Nachmittag noch laufenden Ausstellung bei Johanna Breede in der Fasanenstraße. Ich finde, es ist eine der schönsten Galerien in Berlin überhaupt. Ich bin da ein bißchen empfindlich. Ich fühle mich oft nicht sehr wohl in Ausstellungsräumen, weil das Licht zu kalt und hart ist, die Details nebensächlich. Ich mag es genau so, wie es bei Johanna Breede ist. Mit dem weißlackierten Parkettboden, den subtilen Spotlights auf die Exponate. Der schöne Fuß des Macs auf dem Schreibtisch, diese Halbkugel. Die Markise. Das sind Details, die auch sehr in die Fasanenstraße passen. Das ist für mich die Fasanenstraße, die ich in bestimmten Abschnitten sehr, sehr mag. Eine Atmosphäre, die es nirgendwo in Ostberlin gibt, auch nicht in den schönsten Seitenstraßen vom Gendarmenmarkt. Das ist das alte Westberlin und seine atmosphärische Patina, eine lässige Eleganz, die nicht viel Veränderung braucht, seit Jahren nicht, eher Maßnahmen zur Erhaltung. Was Klasse hat. muss sich nicht dauernd neu erfinden.




Vogue UK erwähnt in einem Beitrag zu Sheila Rock: "Legendary music photographer Sheila Rock will launch her new book, Punk (...) The picture-based tome is a visual documentation of the punk movement in London, featuring never-seen-before shots of pivotal musicians including The Clash, Chrissie Hynde, Paul Weller and The Sex Pistols. The collection of photos had previously been stored in a box in Rock's garden shed. "I looked at how much work I had actually done at the time and realised that I had actually captured an interesting moment in time on many levels," Im deutschsprachigen Wikipediaeintrag zu Beat Presser steht u. a.:





"Bereits im Alter von 15 Jahren beschloss Presser Fotograf zu werden. Im Jahr 1972 unternahm er eine mehrmonatige Weltreise (...) Presser begann 1973 bei Mansutti in Basel eine Ausbildung als Fotograf, die er an 1974 in Paris bei Peter Knapp fortsetzte. Ab 1975 folgte eine Ausbildung zum Kameraassistenten (...) Nach einer kurzen Tätigkeit als Matrose arbeitete Presser unter anderem in New York. (...) Danach war er in Paris für verschiedene Modefotografen tätig und verlegte das Fotomagazin Palm Beach News (...) (...) In den 1980er Jahren arbeitete Presser eng mit dem Regisseur Werner Herzog und dem Schauspieler Klaus Kinski zusammen. So dokumentierte er die Entstehung der Filme Fitzcarraldo (1982) und Cobra Verde (1987). Die während der Zusammenarbeit mit Herzog und Kinski entstandenen Fotos bildeten die Basis mehrerer von Presser veröffentlichter Bildbände und Ausstellungen (...)" usw. usf. Ich glaube nicht, dass ich großartig erklären muss, dass es interessant ist, diese beiden Fotografen aus nächster Nähe zu erleben. In der Ausstellung waren kaum Portraits zu sehen, wir sahen von beiden (die sich ebenfalls bei einer Ausstellung in der Galerie von Johanna Breede kennenlernten, 2010 wie ich erfahren habe) Aufnahmen aus beider Archiven, die in einem Zusammenhang zum Meer standen. Aus vielen Ländern, vielen Küsten. Virtuose Aufnahmen. Bei einer sehr schönen von ihm, die ein Segelboot, ich glaube irgendwo in Asien, mit aufgeblähtem Segel in voller Fahrt zeigte, wies er darauf hin, dass er leider die obere Spitze des Segels nicht einfangen konnte, aufgrund der Dynamik... das war sehr sympathisch, dass er das anmerkte. Wer ein gutes Auge hat, und selbst fotografiert, sieht das. Ein anderer bemerkt es wahrscheinlich gar nicht. Eine Kleinigkeit. Mit meinen Aufnahmen der beiden bin ich nicht so zufrieden. Ich konnte ihn zwar vom Ausdruck her teilweise ganz gut einfangen, aber alle Bilder sind verrauscht, da beide niemals im direkten Lichtpegel standen. Ich habe Beat einen Link zu den Bildern gemailt, und er hat mir geantwortet, was mich freute, weil er mehr als nur "Danke, viele Grüße" schrieb, (was nicht selbstverständlich ist) sondern noch einige Gedanken dazu, wie zum Beispiel, dass er die digitale Revoulution in der Fotografie und die neuen Möglichkeiten, die sich dadurch entfalten, fasziniert beobachtet. Er kannte zum Beispiel flickr nicht. Wenn er durch meinen Account Bekanntschaft damit macht, hat er allerdings auch ein exorbitant bestücktes Beispiel eines digitalen Streams vor sich.




Aber nicht den schlechtesten. Solche kleinen Begegnungen sind eine große Bereicherung. Sie kosten weder Eintritt noch sonstige Bemühungen. Außer hinzugehen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Matthias Harder ebenfalls gekommen war. Er ist Direktor der Newton Foundation und mein Jahrgang. Auch sehr sympathisch.




Ich habe keinen weiteren Kontakt an diesem Nachmittag gesucht, denn ich sah durch das Fenster, dass es sich aufgehellt hatte und hatte Lust, auf die unerwartet in Sonne getauchte Fasanenstraße zu gehen, nach Hause. Über den Kudamm. Es hatte kurz geregnet und nun strahlte die Spätsommersonne wieder. Wunderbar. Ich liebe den KuDamm, diese Ecke. Die Rotunde vom Kranzler. Ich könnte die fotografieren, als hätte ich sie noch nie gesehen. Oder zum ersten Mal. Auch mit dem blöden Gerry Weber-Schriftzug darunter. Ich erinnere mich noch, wie Mitte der Achtziger, als das ganze Gebäude noch das Café Kranzler war, die Stühle und Kaffeehaustische auf dem Trottoir standen. Das fehlt mir an der Ecke. Da gehören diese kleinen Marmortischchen wieder hin und auch unten die rotweiß-gestreiften Markisen, nicht nur ganz oben, wo die verkleinerte Kranzler-Reminiszenz zuhause ist. Aber trotzdem alles gut, alles schön. Jammern auf hohem Niveau ist passé. Bei mir eh. Lange schon. Ich hoffe, dass unsere Refugees bald, irgendwann, eines nicht zu fernen Tages, einen ruhigen Punkt finden, wo sie ein permanentes Dach über dem Kopf haben und einfach nur über den KuDamm laufen können. Nur um zu schauen. Mehr habe ich auch nicht gemacht. Einfach nur schauen und in die Septembersonne blinzeln. Mehr habe ich dazu jetzt nicht zu sagen, ich muss auch schlafen gehen. Ich hatte ein paar Tage frei, in denen ich machen konnte, was ich wollte und habe viel geschlafen. Morgen dann wieder ein anderer Rhythmus. Aber auch ein guter.

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