13. Oktober 2014



So war das gerade. Ich schummle ein bißchen. Mein Foto ist vom Februar Zweitausendacht, also sechseinhalb Jahre alt. Aber als ich gerade in die Joachimstraße gebogen bin und an meiner Kreuzung zur Auguststraße ankomme, sehe ich das Naturschauspiel von unten und muss auch gebannt nach Westen gucken. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, es zu fotografieren. Früher schon. Heute nicht mehr. Als ich die Straße überquere, auf dem Weg zu meiner Haustür, liegt eine besondere Stimmung über den Köpfen der Gäste der Milchbar und vom Hackbarths und vom Al Contadino. Sie müssen auch nach Westen schauen, es geht gar nicht anders. Die Konversation ist mehr oder weniger verstummt. Man könnte glauben, es gab eine Anweisung zu kollektiver Meditation. Und eigentlich ist es ja auch so. Der Sonnengott hypnotisiert die Menschen für eine halbe Stunde. Als ich oben in meiner Wohnung bin, denke ich, wie wohl in diesem Augenblick die instagram-Accounts mit Uploads von diesem Sonnenuntergang explodieren, dem orange-rosa HImmel. Und denke mir, dass bestimmt einige extra darunter schreiben werden: "nicht bearbeitet" oder "kein Filter". Und denke weiter, dass diese vielen Bilder fast nur mit Smartphones gemacht werden. Im quadratischen Format hochgeladen. Innerhalb kürzester Zeit. Nur ich habe keinen aktuellen Content zu bieten, als wäre die Sternstunde an mir vorbeigerauscht. Ich hätte es noch geschafft, ein gutes Bild davon zu machen. Aber ich weiß, ich habe das schon fotografiert. Wenn auch nicht exakt denselben Farbverlauf von Rosa und Orange. Aber doch sehr ähnlich. Und wer würdigt das überhaupt noch. Noch ein Bild von einem Sonnenuntergang. Das ging mir so durch den Kopf als ich, inzwischen oben angekommen, noch einmal zum Fenster gehe und mich auch daran erfreue. Als ich nach unten schaue, sehe ich, dass sich zwei der Kellner vom Al Contadino unterhalten, auch nach Westen schauen und einer von beiden sein Smartphone hebt. Es sind noch nicht viele Gäste da. Auf dem Spielplatz steht ene junge Frau und hebt ebenfalls ihr Smartphone. Lange. Der Kellner hat genug Bilder eingefangen. Er setzt sich zu einem der wenigen Gäste auf die gepolsterte Fensterbank und zündet sich eine Zigarette an. Und schaut weiter in den Sonnenuntergang.

12. Oktober 2014























Der ein wenig frivol anmutende Name Stoß im Himmel ist nicht nur eine kleine Gasse im ersten Bezirk, sondern mittlerweile auch ein Buchtitel eines deutschen, seit langem in Wien lebenden Radiomoderators (das ich nicht gelesen habe). Allerdings hatte ich wegen des Buchtitels ein déjà-vu, als ich das Straßenschild las. Ach. Guck. Weil Stoß im Himmel an der Ecke zur Wipplingerstraße war und meinen Weg kreuzte, habe ich es im Untertitel der Bildstrecke erwähnt. Das spektakulärste Bauwerk in der Wipplingerstraße ist die ehemalige Böhmische Hofkanzlei. Ich wusste aber als ich davor stand und die schöne schmiedeeiserne Balustrade des Balkons bewunderte, nicht worum es sich handelt. Nur dass es etwas Staatstragendes sein wird, habe ich mir schon gedacht. So ein goldenes Wappen ist ja auch nicht an jedem Barockbau. Ich habe trotzdem herumphantasiert, dass man darin bestimmt prachtvolle Empfänge mit festlicher Kleiderordnung abhalten könnte. Ich würde schon eine passende Robe finden. Vielleicht etwas in Rot. Aber bitte ohne österreichische Bauunternehmer über Achtzig auf der Gästeliste. Heute ist das österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgericht da drin. Es gibt auch noch einen Eingang vom Judenplatz her. Also: eine Seite zur Wipplinger, andere Seite zum Judenplatz, für die geographische Orientierung. Ziemlich genau schräg gegenüber ist der Magistrat für den ersten Bezirk. Ich nehme an, so etwas wie bei uns das Bezirksamt. Da war ein geblümtes Pferd auf dem Innenhof, der zu einem dieser häufigen Durchgänge zu einer anderen Straße geführt hat. Und da war auf einmal die Sonne da und ein paar Lieferanten haben ihre Lieferung ausgeladen und fröhlich dabei gepfiffen. Gesichter, wie man sie oft im Straßenbild finden kann. In Wien leben und arbeiten sehr viele Menschen aus aller Herren Länder. Mehr Prozent als in Berlin. Was viele überrascht, die noch nicht da waren. Hat mich auch überrascht, angenehm. Ich höre gerne viele Sprachen in einer Stadt. Das ist immer der Beweis, dass ein Ort in der großen Welt bekannt und beliebt ist, und für erstrebenswert als Ort zum Leben und Arbeiten gilt. Eine Auszeichnung. Deswegen bin ich auch so gerne nach Berlin gegangen, weil ich vermutet habe, dass da die meisten Nationalitäten in Deutschland zu finden sind. Das war schon immer meine Vorstellung von Weltläufigkeit. Nicht nur die Verfügbarkeit internationaler Warenimporte. Wien ist schön international. Der Rest von Österreich soll aber wohl ein kleines bißchen anders sein.

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12. Oktober 2014













Ein Vierteljahr habe ich meine Reiseberichterstattung über Wien ruhen lassen. Zum Erinnern: da habe ich aufgehört, in der Kurrentgasse. Und heute mache ich weiter, mit meinem Spaziergang durch den ersten Wiener Gemeindebezirk. Es ist immer noch der dreizehnte Mai Zweitausendvierzehn. Da war ich überall vorher. Am Stephansplatz, Tuchlauben, Seitzergasse und in der Kurrent. Die endet da, wo ich jetzt bin, auf den Bildern da oben, am Judenplatz. Ein großer Platz! Leer war er. Schön leer. Man sieht, dass die Lokale die Stühle und Tische draußen aufgestellt haben, die Gastwirte haben schon bemerkt, dass die Sonne herauskommen wird. Aber es war so gegen Mittag, und vorher war es ein bißchen regnerisch, wolkig-bedeckt. Deswegen sitzt da kaum noch wer. Ein, zwei Stunden später war es sicher schon ganz anders. Ein Tag unter der Woche. Da, bei ELLAs, stehen richtige Olivenbäume, in großen Kübeln. Das war meine liebste Ecke. Am Judenplatz ist auch ein Jüdisches Museum, wo eine Amy Winehouse-Ausstellung war. Da war ich aber nicht drin, weil mir nicht nach Museum war. Ich kam ja gerade aus der Ernst-Fuchs-Villa und hatte schon reichlich Eindrücke von Innenräumen zu verarbeiten und wollte recht viel Wien von Außen sehen. Wenn ich länger da gewesen wäre, hätte ich das Museum schon auch besucht. An dem Ella-Schild sieht man sehr schön, was den ersten Bezirk so besonders schön macht. Die vielen eleganten Schilder an den Lokalen und Geschäften. Das macht viel aus für die Atmosphäre. Und natürlich die Patina, das nicht alle zehn Jahre Überpinseln von Fassaden. In der Mitte vom Judenplatz ist ein Lessing-Denkmal. Das habe ich jetzt aber nicht fotografiert.



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