28. April 2012

Kaum hatte ich das Foyer geentert und gescannt, signalisierte mein eingebauter Infrarot-Sensor erhöhte atmosphärische Spannungen an einer Figur im hinteren Bereich am Treppenaufgang. Mein System identifizierte sofort, dass es sich um eine interessante problematische Materienverdichtung handelt, die ich sofort näher betrachten und einer Prüfung unterziehen wollte. Das Warnschild wies die Nachbildung einer verschwundenen, ca. vier Meter hohen menschenähnlichen Form aus einem goldfarbenen Metall aus, die nur kurzzeitig existierte und im Labor des Hexers Arno Breker ausgebrütet wurde. Ich betrachtete das Phänomen von allen Seiten und gruselte mich ein wenig, als mein Blick den eisigen Blick des nachgebauten Monstrums traf. Erhebend war das nicht. Ich identifizierte, dass ich vor der Nachbildung eines männlichen Angehörigen der menschlichen Rasse stand. In alten Schriften hatte ich gelesen, dass die Figur ein männliches Idealbild einer bestimmten dunklen Epoche verkörpern soll. Nun ja, die Geschmäcker sind ja verschieden. Die Arme fand ich recht gelungen, auch das Hinterteil



war ansprechend geformt. Aber dieser auf mich - ohne jetzt irgendwie polemisch werden zu wollen - entartet trapezförmige Oberkörper schien mir doch arg naturfremd und an den Haaren herbeigezogen. Die Waden entschieden zu dick, die Füße wieder ganz in Ordnung. Aber der Kopf. Der vergleichsweise kleine, schlecht proportionierte Schädel erschien mir, ganz abgesehen von dem irgendwie debilen, degenerierten Gesichtsausdruck, stark deformiert und wenig ideal, ja ich möchte abermals sagen: entartet. Wenn das System, das einen derart missgestalteten Kopf als "ideal" einordnete, zum Niedergang verurteilt war, schien mir das nur schlüssig und folgerichtig. Die seltsame Figur mit dem deformierten Rumpf und dem schönen, kräftigen Hintern ist also spurlos verschwunden. Also die beiden original Figuren, die vor der nur kurzzeitig existierenden, von einem gewissen Albert Speer erbauten Neuen Reichskanzlei herumstanden. Es ergab sich eine kleine Plauderei mit einem älteren, gewitzten Pärchen. Wir gaben uns in gesamtdeutscher Eintracht der Phantasie hin, fanatische Russen hätten die monströsen Skulpturen auf ein altes Frachtschiff nach Odessa verschleppt, wo sie nun seit Neunundvierzig in einem Privatpark feudal vor sich hinoxidieren. Ein sowjetisches Mysterium. Übrigens vielleicht am Rande interessant: aus den Trümmern der nach Kriegsende von den Russen gesprengten Neuen Reichskanzlei wurde das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park gebastelt. Um mich von dem eindrücklichen Erlebnis zu erholen, überquerte ich zügig, gemessenen Schrittes die Ruhmeshalle und gab mich dem Studium zweier Frauenskulpturen hin. Die etwas mollige Dame auf der Seite zum Zeughaushof balancierte eine Art Tigerskalp auf dem Schädel und erinnerte mich an Abbildungen auf der Homepage einer zeitgenössischen Hobby-Schamanin. Ich war umgehend völlig absorbiert. Aber als ich dann vor der großen Viktoria mit den großen Engelsflügeln stand, war der Fluch endgültig gebannt. Geläutert schritt ich zur hochherrschaftlichen Treppe, gewappnet und bereit, mich der gesamten Deutschen Geschichte zu stellen!


28. April 2012



Der kleine Apfelbaum blüht wieder. Schlagschatten an den linken Häuserwänden in der Joachimstraße bis hinten zum Fluchtpunkt Eingang Sophie-Gips-Höfe. Ein aktueller Blogeintrag! Eines der Alleinstellungsmerkmale meines Blogs ist ja der zuverlässige Anachronismus der Blogeinträge. Bevor ich diese schöne Tradition weiterpflege, ein tagesaktueller Beitrag. Foto ist aber alt, macht nix. Könnte man heute genauso machen. Ich habe mich in der Sonne gesonnt und dabei meine Schminkstifte angespitzt. Was für eine blöde Idee! Viel zu weich zum Anspitzen. Ansonsten muss ich leider sagen, dass es sich nicht bewährt, bei Schminkstiften mit der Qualität zugunsten des Preises zu experimentieren. Die meisten Kajalstifte im untersten Preissegment geben zu wenig Farbe ab. Viel zu hart, könnte man gleich Wachsmalkreide hernehmen! Ich rate aber auch nicht zu hochpreisigen Marken. Ein Kajalstift von Christian Dior muss nun wirklich nicht sein! Zumal den niemand sieht, weil man sich ja nicht in aller Öffentlichkeit im Restaurant die Augen nachmalt. Lippen nachziehen und Nase pudern mit repräsentativem Zubehör von Yves Saint Laurent oder mit Chanel-Logo drauf ist natürlich etwas ganz anderes, das ist ja schon durch Spielfilmszenen existentiell wichtig und gesellschaftsfähig geworden. Le must! Demzufolge achten wir als preisbewusste Verbraucherin bei Schminke für das stille Kämmerlein auf Qualität und Preis! Zum Beispiel sind die Stifte von Margret Astor Eins A! Keine Reiche-Leute-Marke und dementsprechend bezahlbar. (Vielleicht kriege ich durch die Erwähnung Prozente!)

Außerdem habe ich noch einen Haushaltstipp, der leider nicht ganz so neu ist, wie ich zuerst dachte und den ich in meinem Bekanntenkreis als nobelpreiswürdige Sensationsentdeckung präsentieren wollte, was leider in vier von fünf Fällen gelangweiltes Gähnen ausgelöst hat. Ja, es tut mir leid, ich bin eben nicht so eine Superhausfrau, die dieses Herrschaftswissen bereits in die Wiege gelegt bekommen hat. Auch wenn es außer mir alle schon längst wissen, kann ich es ja trotzdem noch einmal schreiben. Also ich habe neulich durch Beobachtungsstudien entdeckt, dass es besser ist, wenn man Obst und Gemüse nicht abwäscht. Erdbeeren halten sich so mindestens drei bis fünf Tage länger!!! Ja, Sie wussten das schon längst. Ich habe bisher immer alles ordentlich abgewaschen und dann ins Obst- und Gemüseschälchen verfrachtet. Aber weil meine Erdbeeren jedesmal über Nacht verdorben waren, wurde ich misstrauisch. Und die nächsten ungewaschenen Erdbeeren haben sich glatt eine Woche gehalten! Sensationell! Es gibt wahrscheinlich so ein konservierendes Superspray für die Präsentation in der Warenauslage, damit alles möglichst lange proper aussieht. Und natürlich bin ich auf die überall herumposaunten Empfehlungen der Obst- und Gemüsebauernlobby hereingefallen, Obst und Gemüse möglichst gründlich zu waschen! Aber das hört sich jetzt auf. Auch hier kann man langfristig sparen, weil man nie mehr Sachen wegschmeißen muss. Kurz vor dem Aufessen kann man dann schon mal waschen, das ist nicht verkehrt. So halte ich es persönlich. Wobei ich überlege, ob die Konservierungsstoffe nicht vielleicht auch mich von innen länger konservieren würden und die kleinen gefräßigen Bakterien abwehren würden. Leider sind mir noch keine Studien bekannt, wo das geprüft und empfohlen wurde. So, fertig mit dem aktuellen Blogeintrag. Ich muss jetzt wieder am nächsten Eintrag für Februar weiterarbeiten und Kaffee trinken!



P.S. Mein Sparktonto wächst wie das Apfelbäumchen! Das preisbewusste Wirtschaften ist mir nun in Fleisch und Blut übergegangen, ich kann gar nicht mehr aufhören! Inzwischen kann ich die günstigsten Lebensmittel-Preise im Schlaf herunterbeten. Zum Beispiel: sechs Bio-Eier bei Norma: 1,39 €, bei Aldi 1,55 €. Demächst trete ich damit bei Wetten Dass auf und werde Wettkönigin!

24. April 2012



Ich will kurz für Kenner der Materie erklären, warum der furiose DHM-Anbau, die gläserne Spirale von Ieoh Ming Pei in meinen Bildstrecken vom Deutschen Historischen Meusum keine Rolle spielt. Wer es nicht kennt, wer Berlin nicht kennt, weiß freilich nicht, wovon ich rede. Hinter dem alten Zeughaus gibt es eine den Zeughaushof überdachende Glaskonstruktion, die in diesen wunderbaren Ausstellungsanbau mündet, der Skulptur einer gläsernen Spirale. Grandios. Genau genommen zog mich dieses Stück neuer Architektur noch mehr an - visuell - als die historischen Exponate. Zumindest eingangs - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Spirale ist nur der Eingang. In diesem Neubau sind wechselnde Ausstellungen, im alten Zeughaus die ständige Ausstellung über die deutsche Geschichte bis 1994. Nun war es nicht der hellste Nachmittag, an dem ich hinging. Schon während ich die Spirale fokussierte, dachte ich bei mir, ungünstigere Lichtverhältnisse hätte man sich nicht aussuchen können. Bedeckter Nachmittag. Na ja. Ich fotografierte die gläsernen Wände gegen den düsteren Himmel, was auch interessant war, aber nicht eigentlich, was ich wollte. Ich dachte, gut - ich versuche was geht und dann irgendwann eben noch mal bei idealem Licht.



Ein bißchen ging mir der Gedanke aber doch quer, weil ich allenthalben einen unheimlichen Drang nach effizienter und abschließender Vorgehensweise habe. Man könnte auch sagen, ich lote Sachen gerne vollständig aus und hake sie dann ab. Wie man Länder abhakt, die man einfach mal gesehen haben will. Ich bin überhaupt kein Typ, der Sehnsucht nach einem Ferienort hat, den man Jahr für Jahr immer wieder aufsucht. Da bin ich doch eher Schwester im Geiste mit Farin Urlaub, der sich zum Ziel gesetzt hat, alle 194 Länder der Erde in seinem Leben zu bereisen, so viel wie nur möglich zu sehen. Um seinen inneren Horizont zu weiten. Also gut. Um es kurz zu machen: ich hatte Bilder davon, sie waren nicht schlecht, sie waren auch charismatisch und atmosphärisch aber ich habe sie - ja - das passiert alle zwei drei Jahre mal - versehentlich gelöscht. Und ich hatte keine Lust auf diesen Wiederherstellungszirkus auf der Festplatte. Das Spielchen kenne ich schon. Dann dachte ich auch: eigentlich auch o.k. - jetzt habe ich eine viel größere Motivation, mir dieses wunderbare Stück Architektur noch einmal extra vorzunehmen. Und deswegen betreten wir zwar das alte Zeughaus durch diesen Anbau, aber man sieht so gut wie gar nichts davon. Wir konzentrieren uns also hingebungsvoll auf das alte Zeughaus. Man geht durch das neue Gebäude, wo man auch die Eintrittskarte ersteht, über eine Treppenunterführung wieder nach oben in den überdachten Zeughaushof und schreitet über einen langen roten Teppich zum Eingangsportal des alten Zeughauses, wo uns die deutsche Geschichte erwartet. Ich hatte keinerlei Vorstellung, was die Ausstellungsarchitektur angeht, ich war völlig unvorbereitet und es war ein idealer Zeitvertreib für einen Sonntagnachmittag im Februar.



Und wenn ich durch das Portal gegangen sein werde, werden wir uns im Foyer befinden, das ebenfalls eine eigene Strecke verdient. Wegen der Treppe und - für mich nach der Lektüre von Albert Speers Erinnerungen von besonderem Interesse - wegen einer Figur von Arno Breker, einer Replik einer verschwundenen heroischen Skulptur aus der Neuen Reichskanzlei. Ich mag rote Teppiche, stelle ich fest. Es fühlt sich überhaupt gut an und eigentümlich selbstverständlich über den Hof zu gehen. In solchen feudalen Stätten empfinde ich selten ein Gefühl von Ehrfurcht. Ich freue mich über den architektonischen Aufwand, der früher getrieben wurde, die Großzügigkeit, die baulichen Details, die Arbeit der Stukkateure. Man könnte auch sagen, ich laufe nach Gutsherrenart durch solche Objekte. Das amüsiert mich, seit ich denken kann. Dann fällt mir wieder ein, dass ich mir schon als Kind, wenn es einen Ausflug in ein Ludwig-Schloss gab, überlegte, dass als König arbeiten auch vorstellbar wäre, wenn ich dann mal groß wäre. Also König. Nicht Königin. Niemals Prinzessin. Eindeutig König. Aber nicht als ersehnte, verklärte und unerreichbare Wunschvorstellung, sondern handwerklich gedacht, "da wüsste man dann wenigstens, wie das geht, das ist nicht so schwer". So ein König-Ludwig-König, romantisch und visionär, der verantwortungsbewusst seiner Vorbildfunktion und seinen in Gottes Namen anstehenden Repräsentationsverpflichtungen zum Wohle des Landes und seines hochgeschätzten Volkes mit Anstand, Würde und modernem Gedankengut Folge leistet. Weiß der Henker, woher das kommt. Deswegen neulich auch die Idee mit meinem Vorschlag ich als Bundespräsident. Präsidentin muss es wohl heißen. Ist ja auch wurscht! Ich wäre eine gute Repräsentantin für dieses Land. Das glaube ich wirklich. Mal schauen, auf was für Ideen ich noch komme und wo es mich hinverschlägt! Man darf gespannt sein. Oder wie der gute Farin sagt, "Das Schönste am Reisen ist, das man nicht weiß, was als Nächstes passiert."

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