21. November 2010

10-10-03 Bastion (17)


Bastion. Komischer Name für eine Freiluftbar, wenn man sich die Bedeutung zu Gemüte führt. Aber das war schon ein gelungenes Bauwerk, mit dem runden Reetdach. Auf diesem Foto kann man es sehen, wie sie damals ausgesehen hat. Es gab nur alkoholfreie Getränke. Alkohol war im ganzen olympischen Dorf nur im Speisesaal der Franzosen und noch einer Nation (Italien schätzungsweise) erlaubt, die durften Wein zum Essen trinken, weil er als unverzichtbarer Bestandteil ihrer nationalen Alltags-Kultur galt. Komisch eigentlich, dass unsere Germanen dann keinen Gerstensaft oder wenigstens Met trinken durften. Nicht konsequent! Aber diese hochwichtige Schulbuchinformation gehört eigentlich mehr zum Speisehaus der Nationen, nicht zur Bastion. Ich darf mein Pulver nicht verschießen! Von der Bastion ist nur noch das runde Fundament ist übrig, sie wurde im Krieg zerstört. Es wird angeblich geprüft, ob man im Keller darunter Toiletten einbauen könnte, dann soll sie wieder aufgebaut werden, die alte Saft- und Milchbar. Weiß gar nicht, was es da zu prüfen gibt. Als könnte man heutzutage irgendwo keine Toiletten einbauen. Oder wieder so ein Denkmalschutzdings. Na ja. Die Sonne stand schon ein bißchen tiefer, ich hatte das Gefühl für die Zeit verloren und ganz viel noch nicht gesehen. Ich wollte doch noch zu den Unterkünften der Athleten. Und zum Speisehaus der Nationen. Und so weiter. Weil ich keine Armbanduhr und kein Mobiltelephon besitze, muss ich raten oder die Leute fragen, wie spät es ist. Aber ich bin auf einen neuen Trick gekommen. Ich mache ein Foto und schaue in die Metadaten, wann es aufgenommen worden ist. Das klappt ganz gut. Nur mit der Zeitumstellung kann man schon mal ein bißchen durcheinanderkommen. Aber da war ja noch Sommerzeit. Am 3. Oktober Anno 2010. Im Grunde halte ich mich nur so lange mit diesem kleinteiligen Bericht auf, weil ich mir des erzieherischen Auftrages bewusst bin. Ich möchte hiermit ein nachahmenswertes Beispiel geben, in welcher Weise man den Tag der deutschen Einheit angemessen und pietätvoll begehen kann. Indem man so wie ich, überragendes Geschichtsbewusstsein zeigt, ein historisches Thema mit sowohl Ost-West- als auch Gegenwartsbezug wählt und im Anschluss daheim sechs bis acht Wochen lang eine moderne, sachbezogene Dia-Schau mit entsprechendem Lehrstoff für Groß und Klein erarbeitet. Ich denke, ich bin da auf einem sehr guten Weg und kann als Vorbild gelten.


Elstal V Bastion

21. November 2010



Ich konnte nur eine Spur im Internet finden, die erwähnt, dass das russische Café auf dem Areal des olympischen Dorfes vor zwei Jahren abgerissen wurde. Das Kasino für die russischen Offiziere wurde abgetragen, um die alten Sichtachsen freizulegen, heißt es. Abtragen klingt weniger vernichtend. Schwer, anhand der einzigen Fotografie auf der Schautafel zu sagen, ob es besonders sehenswert gewesen wäre. Jetzt ist es ein schöner Platz auf einer Anhöhe. Das Fundament ist noch da. Ein bißchen ist es dort wie bei diesen antiken Ausgrabungsstätten in Griechenland oder auf Sizilien oder Zypern, wo man den Wind hören kann. Eigentlich fehlen nur ein paar Säulentrümmer, so ein paar alte große Brocken von einem Apollotempel. Und ein Amphitheater. Schade, dass es kein Amphitheater im olympischen Dorf gibt. Ich finde, man sollte eins bauen, dort unter den schönen großen Kiefern. Und Kaffee sollte es geben. Russischen Kaffee. Aus Respekt und Nostalgie.



Elstal IV Russisches Café

20. November 2010

Schweinegrippe Schweinepest

20. November 2010

Der Golgi-Apparat zählt zu den Organellen eukaryotischer Zellen.

: Poesie der Zellbiologie :

19. November 2010





Ich hatte zu wenig gelesen, bevor ich loszog, um sofort zu wissen, wofür diese bizarr verrottende Plattensiedlung auf dem Gelände des Olympischen Dorfes gebaut wurde. Ich ließ mich treiben und sah plötzlich verlassene Mietskasernen ohne Fensterscheiben. Man konnte bunte Kacheln erkennen und in frohen Farben gestrichene, verbleichende Wände, bröckelnde Farbschichten. Durchblicke zu den weiter entfernten Bäumen. Lichtreflexe, so kraftvoll, dass ich einen Moment bedauerte, alleine da zu sein. Ich hätte gerne jemanden an die Wand gestellt und abgeschossen. Man wäre einfach durch die Fenster eingestiegen und hätte das letzte Sommerlicht auf einem Gesicht eingefangen, einer maigrünen oder blauen Wand. Tiefes Blau mit Weiß wie auf Postkarten aus Santorin. Griechenland spielen oder Portugal. Und Zitronengelb, verwaschen vom Regen. Himmel arizonablau. Ich lese später, dass es Unterkünfte für die Offiziere der russischen Armee und deren Angehörige waren. Man hat gar nicht so viel Gelegenheit, Verfall an unspektakulären Bauten zu studieren, weil sie meistens abgerissen werden, bevor sich diese wunderlichen Dinge einstellen. Wenn ich es recht erinnere, zogen die sowjetischen Truppen 1993 ab. Siebzehn Jahre. In dieser Stunde war das Licht am schönsten.



Elstal III Russische Armeeunterkünfte

19. November 2010

Bei kid37 lese ich gerade, dass Patti für "Just Kids" den National Book Award bekommen hat. Wie schön. Dieses Buch hat mich sehr bewegt. Aus vielen Gründen.

19. November 2010

"Liebe US-Regierung, natürlich sieht das Scheiße aus, was Ihr im Irak macht. Sähe es gut aus, hieße es ja auch "iRaq" und wäre von Apple."
VanLynden

Quelle: Vorspeisenplatte


P.S. auch
nett

19. November 2010





Habe ich gesagt, es gibt kein Pathos dort, nur Patina? Natürlich gab es Pathos dort. Denn ich war ja da. Wenn der Wille zum Pathos triumphiert kleine Anspielung, wird selbst ein Schuhkarton zur Kathedrale. Ich musste vorhin beim Durchgucken dieser Strecke doch denken, was soll der Leser denken, von dieser egomanischen Aneinanderreihung von Bildern meines Kopfes, meines Zustandes, meiner Sonnenbrille. Ich studiere das mich selbst übrigens sehr neugierig. Als wäre ich eine außenstehende Person. Ich bin jedesmal gespannt, auf diese für mich immer noch nicht mysterienlose, sich dauernd verändernde Person, die ich selbst bin. So ähnlich, wie man früher auf das Abholen des fertig entwickelten Analog-Filmes gewartet hat, warte ich auf den neuesten Eindruck meines Zustandes. Vielleicht erfahre ich dadurch etwas über mich, was mir noch nicht klar war. Oder ich erkenne, an welchem Punkt dieses Prozesses ich bin. Welche Spuren Erkenntnis hinterlassen haben könnte. Das ist ganz spannend. Ich finde so eine gewisse Delon-mäßige Härte, Entschlossenheit. Die sofort gebrochen wird, wenn ich die Sonnenbrille abnehme. Dann sehe ich, wie weich ich eigentlich bin. Und dass man es an den Augen sieht. Manchmal spüre ich Überraschung in den Gesichtern, wenn ich die Brille abnehme. Den Unterschied kann man studieren, wenn ich die S-Bahn betrete oder aus der Kälte in einen geschlossenen Raum komme. Dann nehme ich die Brille ab, die meine Augen vor dem Wind schützt. Und dann spüre ich überraschtes Lächeln. Bilde ich mir ein. Weil sich die eiscoole Lady im Befehlshabermantel in einen mutmaßlich beseelten Menschen verwandelt. Aber ich wollte ja was über das Hindenburghaus schreiben, diese alte pathetische Hütte. Ach was, man kann es ja überall nachlesen. Es war der zentrale Gemeinschaftstreffpunkt für die Athleten. Es gab Film- und Theateraufführungen, Konzerte und sogar die ersten Direktübertragungen des damals noch experimentellen Fernsehens, die "die 'Abteilung 'Freude' des Olympischen Dorfes unter der Leitung der NS-Kulturgemeinde organisierte." Später kamen die Russen und kritzelten irgendwas an die Wände, innen, wo ich nicht war. Aber ich übertrat tollkühn die Absperrung und begab mich in den verfallenden Bereich der Rückseite des Gebäudes. Eine Ruine, ein Bretterverhau, dies und das. Märchenlicht, ganz verwunschen. War schön da.



Elstal II Hindenburghaus

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