13. september 2005

no. 222



eine schwanenschwinge. gefunden zwischen schilf und gras. niemand blieb stehen. der brustkorb, die weißen, von der sonne und der salzigen luft geblichenen rippen. wie gleichmäßig und filigran. angeordnet wie federhaare. was für ein großer vogel. ich nahm einen heilen teil der schwinge und ließ sie nicht mehr los. der knochen an dem die flugfedern verankert sind, lag in meiner hand. was für ein gefühl. die fortsetzung meines armes. ich lief zum friedhof in kloster. vorbei am grab von palucca. in der naiv ausgemalten kirche mit dem hellblauen himmel und den rosen darauf, stand ich mit der schwinge. über mir hing dieser große schwebende engel, als ob er durch die lüfte schwimmt. und zwei schiffe. segelschiffe. in einer solchen kirche war ich noch nie.

ein kleines mädchen sitzt zwischen ihren eltern auf der vordersten bank. hellblau. alles hellblau. himmelblau. ich spüre, dass das kind auf die federschwinge schaut. die ganze zeit. als ich mich bewege, folgt sie mir mit ihrem blick. ich sehe mir den altar an. so schlicht, so schön. die kleine flüstert, fragt "die federn... die federn..." sie sagt es mit einem fragezeichen, drängen in der kinderstimme. keine antwort - welche auch - vielleicht ein blick, nicht weiter zu fragen.

zum strand von kloster. felsblöcke. wellenbrecher. zwischen wolken- streifen färbt sich der himmel rosa. ich lasse die schwinge ein bißchen durch die lüfte fliegen. was für ein gefühl. in irgendeinem leben war ich irgendein vogel. ganz bestimmt. da ist etwas geblieben.

unterricht bei peter adler, vor ein paar jahren. ein cholerischer schau- spiellehrer mit dem aussehen eines wolfs. pause. wir sitzen in kleinen gruppen und essen, was wir gerade dabei haben. wenn wir mit- einander sprechen, ist die gegenseitige aufmerksamkeit hoch.

es gibt ein genaues beobachten von bewegungsabläufen. jeder augenblick kann studiert werden. die junge frau links von mir schenkt mir eine mandarine. ich löse die schale ab und schiebe die mandarine in den mund, ganz.

sie reißt zuerst die augen auf, dann langsam, fast wie in zeitlupe, den mund. sie sieht zuerst erschrocken aus, dann überrascht. wie in einem stummfilm. dann haut sie den jungen mann links neben sich in die rippen und sagt "hast du das gesehen? hast du das gerade gesehen??? " ich schlucke noch den saft der zerquetschten mandarine herunter und denke, was hat sie denn.

der junge mann schaut belustigt. sie: "hast du das gerade gesehen? so etwas habe ich noch nie gesehen. wie sie die mandarine gerade verschlungen hat. wie ein raubvogel. du hast gerade ausgesehen, wie ein riesiger raubvogel". sie schaut mich an wie ein seltenes tier im zoo. ich muß lachen und mir fällt ein, dass ich gerne eier esse und unzerteilt verschlinge. und dass das schon einmal jemand zu mir gesagt hat. aber da habe ich gerade nichts verschlungen. nein doch - blicke. - - - -. ich gehe mir jetzt ein paar eier kochen.

13. september 2005

vorhin. wir gucken bilder.

freundin beim ersten federbild: "hast du die feder dahingelegt?" ich: "nein." drei bilder weiter. freundin: "aber die steine". ich: "nein." sie: "aber die hat dann doch wer, oder?" ich: "ja klar. aber ich war's nicht."



es freut mich, ihr möwen, winde und goldsworthys von hiddensee. ich meine: ich werde sicher keine platten druidenfüße in den sand legen. so ein kleines labyrinth dann schon eher. ich drapiere selten. meine gefundene schwanenschwinge, mit der habe ich ein bißchen gespielt. und mit meinem bettlaken und den ästen, um meinen sonnenbrand im schatten zu kühlen. der wind drapiert schon selber sehr gut. der braucht mich nicht. aber selbst wenn. man wäre ja ein teil davon. man ist ja made by nature. wie die möwenfedern. die steine. und die flut.

komisch, diese distanzierte betrachtung zuweilen. man sollte sich viel öfter als naturdenkmal sehen. deswegen zieht es uns ja so zum meer. weil wir so verwandt sind. ganz einfach eigentlich. das ist meine reli- gion. ich staune über die irritation, die wahl dieses wortes mit solchem erleben in zusammenhang zu bringen. aber die irritation ist nur anfänglich. eigentlich versteht es jeder.

es ist manchmal ganz gut, einen begriff herkunftsgeschichtlich aufzu- schlüsseln. aufzuschließen. dann erschließt sich manches. es ist eine rückverbindung. rückführung. zum ursprung. ursprung. eisprung. frucht- barkeit. verbundensein mit dem atem und dem herzschlag aller dinge.

11. september 2005



für alle, die gerne am meer wären.

11. september 2005

10. september 2005

ob sich jemand eine ganze stunde zeit nehmen wird, um meine streifzüge nachzuvollziehen... siebenhundert augenblicke. so viel meer, so viel flut, so viel sand. der reife sanddorn. himmel. gebüsch. heide. steine. hände. haut.

aber in der wirklichkeit ist es ja so. man schlendert barfuß am strand entlang. verliert die zeit, endlich. bis die sonne im meer versinkt. niemand würde nur zehn sekunden stehenbleiben und weglaufen. meine wege sind langsam und intensiv. ich wollte mir damit etwas schenken. und wirklich. jeder tag war wie ein geschenk.

auf einer fotografie kann man nicht leicht sehen, ob die sonne sinkt oder steigt. da ist ein sonnenaufgang unter all den bildern. wer die insel kennt, kann es erkennen. im osten steht man zwischen schilf und gras, im westen die sanfte flut über sand. über mir ein greifvogel. die sonne stieg und ich hatte das gefühl, ich müsste singen. und ich sang.

sommerferien. wie viele jahre habe ich nicht mehr das gefühl gehabt, sommerferien zu haben. ferien. ferien sagt man als kind. barfuß laufen. jeden tag. über sandige wege und stroh. aus dem haus zum strand. sandalen in der hand. feldwege. durch die heide. querfeldein. wilde äpfel pflücken. wind im haar. grillenzirpen aus den büschen. tiefer sommer. tiefer frieden.

ich habe das gefühl, ich war sehr lange weg. länger als zählbare tage. was man sieht, ist die reihenfolge, wie ich erwachte, schaute, lief. man müsste ein band haben, auf dem man das dauernde grillenzirpen hören kann. und den wind. manchmal hufe. sonst stille. sogar die mücken sind verschwiegen.

ein guter ort, um ein neues lebensjahrzehnt zu beginnen. als ich das letzte mal zum meer ging, kreisten ein paar möwen. nicht wegen mir, ich weiß. aber es war wie ein abschiedsgruß und ich musste weinen. das passiert mir nicht oft, wenn ich abreise. jetzt gibt es einen warmen platz in meinem herzen. darauf steht hedins-oe. hedinsey. hiddensee.

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