31. märz 2004

was lese ich. sakrale, um nicht zu sagen dürre worte der trauer in ambitionierten internet-tagebüchern („weblogs“ für den letzten deppen, der es immer noch nicht kapiert hat), pietät pietät... für jene, denen es vor lauter wohlerzogener betroffenheit die sprache verschlagen hat, ein paar seiner worte zur aufmunterung:

„die kirche sagt, du sollst deinen nachbarn lieben. ich bin überzeugt, dass sie meinen nachbarn nicht kennt.“

„wenn man schon der gefangene seines eigenen geistes ist, muß man ihn sich doch wenigstens ordentlich einrichten.“

„der graduelle verfall des bewohnten körpers strapaziert im normalen verlauf der dinge kaum den geist“

na. da geht es der gemeinde doch gleich schon wieder besser - der gute peter ustinov eben, wie er leibt und lebt. (o.k. mit dem leibt ist es jetzt erst mal eine weile vorbei, in einem gewissen stadium ja wahrscheinlich auch nicht das schlechteste...)

das schöne: er war richtig schön alt und hat richtig viel gesehen und: er hat keinen schlechten zeitpunkt ausgesucht. will mir irgendwie doch so vorkommen. menschenskinder - das war ein richtig rundes leben! dass solche unterhaltsamen und originellen denker zu selten geboren werden, (oder uns zumindest nicht in jedem fall so schön zur medialen kenntnis gebracht werden), ist halt nun mal leider so. aber bei allem selbstmitleid von uns pathetisch ’hinterbliebenen’: es ist irgendwann dann auch mal gut zu gehen. (für ihn!) ich bin absolut nicht vom gegenteil zu überzeugen. wir sind doch die armen würstchen, die jetzt ohne seine trefflichen sprüche zur rechten zeit auskommen müssen.

daher: ehre wem ehre gebührt – ihm, peter ustinov: jede. aber doch nicht so eine. nicht so triefig-piefig-zappenduster und schwülstig, wie er selber niemals war. er war klasse, er war prima, er war grandios – und er hat endlich seine ruhe von diesem kleingeistigen irdischen schwachsinn. deshalb: nicht trauern – feiern, ihn. weiter. tot ist ohnehin nur der, dessen geist zur grube fährt – seiner ganz sicher nicht. unmöglich.

wirklich trauern, im ganzen ausmaß dessen, was „trauern“ bedeutet, muß man für und um andere. jemanden wie rio reiser. zu jung gestorben, zu unglücklich, zu einsam. endlich erlöst, ja sicher auch... aber - wie gerne hätte man rio alt und froh erlebt, gehört, gesehen, nicht so traurig, nicht so verloren in seinem einsamen haus in fresenhagen. das war tragisch. zum heulen. von anderen toden ganz zu schweigen, die die sprache verschlugen, (mir) bis heute.

es gibt auch gute. diesen hier. ich trink einen auf dich, mit deinem komischen sir-titel – einen richtig guten chateau-neuf etc.pp. (schon o.k.- oder? man gönnt sich ja...usw.) bis - später

27. märz 2004

Ich las gerade den folgenden schönen Eintrag im Gästebuch von Vera von Lehndorff:

Sehr geehrte gnädige Frau,

Gratulation zu Ihrer sehr schönen Internet-Seite!
Vielen Dank für Vieles! Ich gehöre auch zu der jüngeren Generation, die Sie jetzt für sich entdeckt. Zuerst sah ich Sie in einer Talkshow und sah und hörte erst einmal eine interessante kluge Frau.

Ich hatte keine Ahnung von dem Ruhm...
Durch den Zufall, dens nicht gibt, kam Body Art in mein Leben, und es waren die Natur und Peterskirchen und Eisentorbilder, die mich so besonders berührt haben.

Danke für das Medium, das unter die Kruste sehen läßt, das die versunkenen Dinge feiert.
Für die Link-Liste möcht man Sie drücken...
Hoffe, Sie sind glücklich. Ich wünsche es Ihnen sehr; ich wette, eine Menge Menschen denken an Sie, wie ein bißchen ein Gebet für Sie.
Herzlich zugewinkt aus Deutschland.

Ihr Thomas Merschjohann



Irgendwann in den siebziger Jahren saß ich im elterlichen Wohnzimmer auf der Couch, die Eltern waren nicht da, die schweren, tieforangen grobleinenen Vorhänge waren zugezogen und im Spätabendprogramm im Ersten oder Zweiten gab's 'blow up' von Antonioni. Ich war ungefähr elf und sah dieses pantherhafte Wesen, nur ein paar Sekunden und war verzaubert, für immer und ewig.

Nicht, dass mir der Film 'blow up' an sich etwas bedeuten würde – ich kaufte ihn Jahre später als Video (neben 'Der mit dem Wolf tanzt’ und einer Bildkopfreinigungscassette, die einzigen Kaufvideos, die ich je erworben habe) und war reichlich enttäuscht, über den nicht mehr gefundenen, so intensiv erinnerten atmosphärischen Zauber, den ich als Kind scheinbar wahrgenommen hatte. Vielleicht war es damals die ungewohnte Begegnung mit einer Welt von hochkultivierten Erwachsenen im damaligen swinging London, die ich so nicht kannte. Eine ungeahnte Welt, die mir in vieler Form freier schien, als die mich unmittelbar umgebende. Sophisticated kommt einem vielleicht in den Sinn, beim Versuch den atmosphärischen Eindruck zu beschreiben. Heute kommt mir der Film geradezu banal, modisch, oberflächlich vor. Doch in den wenigen kurzen Sequenzen der Bewegungen der sehr jungen Veruschka lag bereits eine Ahnung des sich später enthüllenden und erfüllenden Zaubers eines menschlichen Wesens, das zwischen allen nur denkbaren Welten zuhause ist. Veruschka ist und bleibt eine zum Glück noch lebende, wunderbar lebendige Ikone des freien Geistes, der Schönheit, der Zeitlosigkeit und der Wildnis.
Ich liebe sie.

24. märz 2004

geld macht nicht korrupt. - kein geld schon eher. (dieter hildebrandt) nein, jetzt kommt keine abhandlung über geld.

hier stand mal wenig erbauliches zu meiner akuten lustlosigkeit. schnell wieder gelöscht - das gewäsch möchte man dann ja doch niemandem zumuten. ich finde es ja immer vorbildlich, wenn zum beispiel frau oberhexe luisa francia live und très chic zweisprachig aus mju:’nik und anderswo ihre online-selbstbeweihräucherung zelebriert. da ist so gar nichts schnödes oder profanes im upgeloadeten alltag. ja, da kann man schon neidisch werden. da wird selbst das rendezvous mit einem profanen staubkorn zum ekstaseträchtigen initiationserlebnis.

so muß das sein. ganz, ganz toll. bescheidenheit ist eine zier doch weiter kommt man ohne ihr. schöne sätze darf man da lesen. wie zum beispiel, ihr neues mantra ist: „ich verzeihe mir alles“. tolle sache eigentlich, sich mal eben so lässig selber alles verzeihen, was man so verbockt hat - praktisch eben die frau. so ein schlechtes gewissen hie und da stört ja doch nur beim meditieren, also weg damit, ab in die yogi-tonne.

ich les es ja immer gerne. auch gerade, weil sie so ungemein stringent - um nicht zu sagen: mit wissenschaftlicher genauigkeit die nunmehr zahllosen indizien ihrer magischen wirksamkeit (böse böse worte wie ‚machtkomplex’ oder gar -neurose lägen einem auf der lästerzunge parat, aber das ist ein pfui-wort für frau luisa, das hat sie gar nicht gerne – wenigstens auf ihr spiegelbild bezogen; zumal sie ja als astrologisch mittelprächtig bewanderte ihre eigenes horoskop mit ihrer eins-a-alpha-macke-konstellation löwesonne plus frau wichtig- aszendent aus dem effeff kennen dürfte) zu dokumentieren weiß.

also jetzt mal ganz unter uns: man kann praktisch davon ausgehen, wenns regnet oder schneit, oder ein so richtig böser mann auf einer bananenschale ausrutscht, war sie es. also indirekt. also mit. also auch. mehr oder weniger. quasi. zumindest glaubt sie das selber gerne. ja mei. wenns hilft. binsenweisheiten auch mal ein bißchen frecher formuliert, das hat man einfach gerne. netter zeitvertreib. ich les es zwischendurch ja auch mal gerne. wenn mir gerade der pinsel steckenbleibt. doch doch. schon schön.

tolle sache das. ich finde es einfach gut, dass es leute (ooops ist das noch p.c. -? - leutInnen meine ich natürlich genauso) gibt, die einen so selbstlos und altruistisch in aller matriarchalen bescheidenheit an ihrer täglich fortschreitenden erleuchtung teilhaben lassen. auch dass man nun via internet immer genau weiß, wann und wo genau die zuletzt geturnte yoga-übung, die noch göttlicher und-überhaupt- und-sowieso als alle je zuvor unter der sonne praktizierten war, stattgefunden hat, möchte ich dringend wissen. derlei finde ich wichtig und inspirierend. ich meine: solche menschen sind mir und auch anderen in vielem ein beispiel.

schließlich sorgen diese unermesslich wichtigen, stillschweigend und uneigennützig zelebrierten und weltweit unterschätzten rituale maßgeblich dafür, dass unsere erde nicht in einem noch schlimmeren zustand als ohnehin schon ist. dankbar muß man sein. und die zahlreichen dünnen taschenbüchlein im aufgeplusterten alters- schwachsichtigkeits-großdruck kaufen, kaufen, kaufen. von dem geld kann frau francia dann nämlich bald wieder mit dem flieger nach afrika zu den dicken alten yoruba-priesterinnen fliegen, mit denen sie ganz toll perdu ist. da fassen sich dann alle an den händen und machen dort ein unheimlich wichtiges erdheilungsritual mit viel räucherzauber, gegen die böse böse luftverschmutzung zum beispiel. das ist fein. das wird die irritierten luftgeister bestimmt mächtig freuen. und so. irgendwie.

17. märz 2004

"was kunst ist, wissen sie ebensogut wie ich, es ist nichts weiter als rhythmus. wenn das aber wahr ist, so beschwer ich mich nicht mit imitation oder mit seele, sondern gebe schlicht und einfach rhythmus mit jedem beliebigen material, straßenbahnfahrscheinen, ölfarbe, holzklötze, ja da staunen sie bauklötze, oder mit dem wort in der dichtung, dem ton in der musik, oder wie sie wollen.

darum sehen sie sich nicht das material an, denn das ist unwesentlich. suchen sie nicht versteckt irgendeine imitation von natur, fragen sie nicht nach seelenstimmungen, sondern suchen sie trotz des ungewöhnlichen materials, den rhythmus in form und farbe zu erkennen. mit bolschewismus hat das ebensowenig zu tun wie der moderne bubikopf. dafür ist es die essenz aller kunst, das heißt, jedes kunstwerk aller zeiten mußte diese primäre forderung erfüllen, rhythmus zu sein, sonst war es nicht kunst.


kurt schwitters. hm ja naja schon auch - doch doch. „...beschwer mich nicht mit seele...“ – sehr putzig

„...der gegensatz von kunst ist nicht natur, sondern gut gemeint...“

gottfried benn. jaja, der benn hats drauf gehabt, keine frage - 'abschied' lesen und auf die knie fallen

kunst ist nicht lehrbar

zitat des bildhauers kricke auf der website der kunst-akademie düsseldorf. sehr einladend eigentlich, als werbende überschrift für eine kunsthochschule...

kunst ist eine lüge, die uns die wahrheit erkennen läßt.“

pablo picasso. hm auch nicht schlecht

alle kunst ist gänzlich nutzlos

oscar wilde. na ja er nun wieder...

"(...) infolge der erweiterung des kunstbegriffs (u. a. durch j. beuys) sind allgemeinverbindliche aussagen nicht möglich.“

lexikon. lexikon find ich gut

vielleicht ist 'kunst' einfach nur alles menschenwerk, das selbst erwachsene unvermittelt kindliche laute ausstoßen lässt. (oohh...) - ja, vielleicht das. allerdings bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob die definition und anwendung dieses komischen elitären begriffs der menschheit je genützt hat. braucht man dieses wort? ich nicht.

ich kann mich nicht wirklich entsinnen, je in der - egal ob positiven oder negativen leidenschaftlichen äußerung über irgendein musikalisches, darstellendes, lyrisches, bildnerisches werk diesen leicht drögen (um nicht zu sagen: intellektuell-unterkühlten) begriff gebraucht zu haben.

oder sagt man je: „wie der soundso singt, das ist kunst“ man sagt doch eher: „oh, das ist ja schön...“ oder „guck mal, das ist ja toll, die farben...“ ist ja auch wurscht. auf jeden fall lassen sich viele leute von dem begriff reichlich beeindrucken. manchmal derart, dass sie in ausstellungen vor exponaten stehen, die sie in keiner form verstehen (bauch sagt nee - kopf sagt nee) aber dennoch meinen, verstehen zu sollen.

ich sage euch: leute, geht einfach weiter, wenn das dingens, das da zufällig rumsteht euch nichts sagt. dann hat es die/der sog. künstler/in eben schlicht und ergreifend nicht geschafft, die idee zu kommunizieren. gewichse halt. war vermutlich schön für ihn oder sie persönlich, kann man aber geflissentlich ignorieren.

ich war bislang u. a. in ungefähr fünf bis sieben ausstellungen, in denen reichlich picassos zu sehen waren. pablo war durchaus genial, aber eben nicht immer. da hängt auch immer wieder langweiliges, mittelmäßiges, unausgegorenes von ihm zwischen all dem wunderbaren herum. er hatte einen überdurchschnittlichen output, das muss man ja auch mal wissen. er hat gemalt, wie andere ausatmen. manchmal stinkt man eben nach knoblauch, da ist er keine ausnahme. (- und ich liebe ihn sehr -). nur: man muß keinen kniefall machen, wenn man nicht von selber weiche bekommt, oder?

13. märz 2004



briba ist mein liebling. ein wunderschöner unbekannter erdbewohner, ein kleiner brasilianer. mit briba würde ich mich sofort verabreden. er sieht einfach unheimlich nett aus. ich glaube, mit ihm kann man prima reden, oder auch einfach nur in den himmel gucken. im nächsten leben werd ich ein blatt, auf dem er sich ausruhen kann. das wird bestimmt schön

12. märz 2004

nein nein... nicht schon wieder irgend so ein erlesenes zitat

ich finde es doch recht interessant, zu beobachten, wie man (‚ frau, alle, die sich (ent)äußern - ich sowieso) sein öffentlich wahrnehm- bares profil manipuliert, indem man über jenes spricht, anderes elegant unter den teppich kehrt. letztlich versuchen wir alle nur in irgendeiner form für uns selbst reklame zu machen. „sollen alle mal sehen, wie geistreich und eloquent ich bin“. freilich - das zuzugeben, hat bereits schon wieder einen gewissen charme.

irgendeine psycho-studie weißdergeier, hat zutage gebracht was eigentlich klar wie kloßbrühe ist (komisch - woher kommt eigentlich der vergleich? die mehlgeschwitzten soßen an serviettenknödeln meiner böhmischen großmütter waren alles andere als durchsichtig - sie sehen: schon wieder wird scheinbar am rande eine persönliche information eingeflochten = kommt aus sippe mit zwar traditions- verhafteter jedoch nicht zu verachtender küchenkultur - könnte sich vererbt haben, schlüsselqualifiktion: kann kochen): - so, was kommt jetzt - bla bla bla, dass also jegliches kund getanes kreative streben und bemühen in völlig-scheißegal-welchem metier letzten endes wiederum dem arterhaltungstrieb entspringt. schon klar: es gibt transzendentes erleben, göttlich empfundene auflösung in der kunst, gerade musik, tanz, eintauchen in farbe, licht bis zur annähernden bewußtlosigkeit, das auch - aber eben: auch, außerdem.

die bescheidene formel: das ehrgeizige ‚herzeigen’, ausgewiesene präsentieren des erschaffenen ist nichts anderes als sexueller wettbewerb, vorteilssicherung, lebensversicherung, allianz für die eigene arterhaltung. ginge es nur um das persönlich erhebende erleben des künstlerischen schöpfungsaktes, gäbe es keine notwendigkeit das erschaffene öffentlich zu verbreiten oder besser: zu vermarkten. gut: es gibt noch die motivation, die erlebte transzendenz teilen zu wollen, sich zu verströmen, gemeinsames erleben zu schaffen. das auch. aber die entscheidung, die eigenen machwerke als ‚professionell’ gelten lassen zu wollen, entspringen dem zeugungs- und vermehrungsdrang des egos.

geldverdienen? geld lässt sich auch anders und meistens anders leichter machen. aber: der profi lebt nach unserem verständnis von seiner kunst, kann sich damit über wasser halten, oder bemüht sich, wenigstens den eindruck zu vermitteln, er könne es: mit seiner kunst sich und seine art erhalten, im wahrsten sinne des wortes. das verdiente geld zahlt nicht nur miete, sondern klopft anerkennend auf die eigene schulter. die zellen jubilieren, denn beifall wird von den kleinen dingern übersetzt in: dein wesentliches sein ist gut, gefällt, du bist erwünscht, hast eine hiermit erwiesene seinsberechtigung, bist richtig gut/es zell-material).

und mehr, uneingestandener, unbewusster: mit der nach außen zur schau gestellten art des geldverdienens definiert der mensch (hier am beispiel: künstler) den kreis der für ihn/sie bevorzugt in frage kommenden kandidaten für den künftigen gemeinsamen genpool, dem der art(sic!)erhaltende nachwuchs entspringen soll. wer die künstlerfahne vor sich herträgt, zieht das zu ihm nach eigenem verständnis am besten passende genmaterial an, das die hoffnung auf ein fortleben der eigenen ideale in der nachkommenschaft gewährt. interessanterweise funktioniert der mechanismus auch, wenn kein bewusstsein eines kinderwunsches (oder sogar das gegenteil) da ist. den zellen ist es offensichtlich scheissegal. das programm des umherirrenden zeugungsmaterials läuft auch dann ab. und wie immer unschlagbar clever, hat mama natur in die schlüsselsituation des plans das orgiastische erleben eingebaut. ganz schön schlau die alte frau.

11. märz 2004

alkohol ist keine antwort, aber man vergißt beim trinken die frage.
[ henry mon ]

könnte jetzt nur noch gut tun - nichts greifbar - egal

es ist äußerst schwer, erfahrungsberichte von hinterbliebenen (so definierter) ‚hirntoter’ unfallopfer zu verdauen, die sich in einem vakuum von halt- und fassunglosigkeit und neben-sich-stehen, (entgegen einem oft diffus schlechtem gefühl dabei) zu organ- entnahmen an dem unfallopfer überreden ließen und dies später bereuen. das ausmaß des grauens tritt offenbar angesichts (von angesicht zu angesicht) des dann unwiderbringlich zerstörten zutage. die züge der ausgenommenen toten tragen den berichten zufolge erkennbar schmerz und todeskampf in ihrem letzten gesicht. bis das herz entnommen ist, wird beatmet und seit jüngerer zeit mit vollnarkose gearbeitet (warum wohl?)

der beschriebene umgang mit dem noch halb lebenden menschen auf dem operationstisch ist ohne jede übertreibung grobes gemetzel, abschlachten. ich las zwei beschreibungen von sog. totalentnahmen, verfasst von assistierendem op-personal. man muß, um ausdrücklich für sich selbst festzulegen, dass man weder organentnahmen an sich selbst, noch transplantationen für sich selbst wünscht, einen organSPENDER(!)ausweis besitzen, der ein kreuz an der stelle hat, dass man eben dieses nicht möchte. d. h., wer (meist nach einem unfall) nach heutigem kenntnisstand als hirntot definiert werden kann, brauchbare organe in sich trägt (augäpfel: hornhaut, knochen, bänder -alles brauchbar, nicht nur herzen, lungen oder nieren) nichts explizit verfügt hat und indifferente (oder besser orientierungslose) anverwandte mit verfügungsgewalt hat, die unsicher sind, ob der/die demnächst tote das gewollt hätte, kann davon ausgehen, dass diese von den weißkitteln entsprechend subtil bearbeitet werden, dem zuzustimmen. im zweifel immer für die entnahme, liebe angehörige - ihr kind hilft einem anderen menschen dadurch, dass ihm der eigene tod in frieden versagt wird.

wie sich organe eines fremden organismus im eigenen unwohl fühlen und zeitlebens von ihren trägern als fremd und nicht zugehörig empfunden werden, ist ein anderes tabu und gut gehütetes geheimnis von den nicht selten depressiven organträgern. was für eine scheiße. falls ich morgen tot umfalle: ich möchte bitte auf keinen fall ausgeschlachtet werden.

als kleines kind haben mir aufgebahrte tote angst bereitet, die fotografien des einen großvaters, den ich nie kannte, bei sich zuhause, im wohnzimmer, mit gefalteten händen zwischen einem meer brennender kerzen. jetzt erkenne ich das ganz und gar würdevolle und angemessene ritual, neben einem toten noch so zu wachen. was für eine ungeheuer schöne geste des abschieds.

10. märz 2004

wenn dreiecke einen gott hätten, würden sie ihn mit drei ecken ausstatten.

[ charles-lois baron de montesquieu ]

09. märz 2004

noch so ein schlauer spruch „der sensible mensch leidet nicht aus diesem oder jenem grunde, sondern ganz allein, weil nichts auf dieser erde seine sehnsucht stillen kann.“

so so. sartre. klingt ja erst mal gut, so im ersten moment oder? ach ja wie wahr, ist ja auch nett formuliert. na gut. aber mal näher betrachtet? er war ja schon immer tendenziell eher wehleidig und träge. so weit bekannt, hat er sich vorwiegend zwischen seinem zigarrenqualm- geschwängerten, (vermutlich die einzige irdische freude) mit eingestaubten manuskripten vollgestopften pariser stadtkabuff und dem seiner (mal mehr, und noch viel öfter - weniger) geliebten (und ihm nichtsdestoweniger bis zum bitteren ende unterwürfigen) beauvoir hin- und herbewegt, die ihren hintern auch nicht mehr vor die tür bekommen hat.

inwieweit der alte stubenhocker demnach überhaupt etwas von dem mitbekommen hat, was de facto auf dieser erde kreucht und fleucht, ist die frage. fatal nur, dass akademisch legitimierte geistesakrobaten nicht wenig häufig, wenn überhaupt, an erleuchtung via synapsenbildung durch hirnsalto glauben mögen. praktisch gesehen sind erwägungen in druckerschwärze offensichtlich kein so recht tragendes netz beim realen absturz.

was lerne ich also tatsächlich aus seinem schönen sprüchlein: nicht etwa, dass „nichts auf dieser erde, die sehnsucht eines sensiblen menschen stillen könnte“, sondern vielmehr, dass nichts auf dieser erde, die ganz subjektiv diffuse sehnsucht von herrn sartre stillen konnte, sprich er lebenslänglich unfähig war, (vermutlich mangels einschlägigem erhebenden erlebens), tieferen sinn in liebe, lust, essen, trinken, tanz, gesang, schlaf und sonnenuntergang zu erkennen, den endemisch irdischen sinnenfreuden.

anlass genug, wolf wondratschek zu zitieren (ist mir sowieso jeder recht)

wir lagen faul vor liebe noch im gras
da färbten schon sich über uns die blätter
dann standen die bäume kahl
ich sah den himmel, mehr davon als mir lieb war

nein. mit der liebe unten hat der himmel nichts zu tun
ich nahm eine handvoll erde
da hast du gesagt
das da in deiner hand
so will ich, daß ich werde

[ lied von der liebe ]

„....nichts auf der erde seine sehnsucht stillen kann...“ papperlapapp.

07. märz 2004

fernweh


(die bilder sind geklaut von der seite)


so laß uns abschied nehmen wie zwei sterne, durch jenes übermaß von nacht getrennt, das eine nähe ist, die sich an ferne erprobt, und an dem fernsten sich erkennt

[rmr]

g a g a
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Margarete 20. Dezember...
20.12.24, 17:28
g a g a
Saskia Rutner Sieht...
19.12.24, 20:57
g a g a
Saskia Rutner Tolles...
16.12.24, 22:50
g a g a
Margarete 16. Dezember...
16.12.24, 14:02
g a g a
g a g a
Margarete 15. Dezember...
16.12.24, 01:28
g a g a
Saskia Rutner Du hast...
15.12.24, 00:23
g a g a
ANH 14. Dezember 2024...
14.12.24, 14:08
g a g a
Margarete 14. Dezember...
14.12.24, 03:21
g a g a
Ina Weisse Fast schon...
12.12.24, 21:34
g a g a
Margarete 12. Dezember...
12.12.24, 21:33
g a g a
Saskia Rutner Hoffen...
11.12.24, 12:44
g a g a
<3
09.12.24, 00:06
kid37
Als einer der 37 bin...
08.12.24, 23:03
g a g a
Kavi V. Dankeschön...
08.12.24, 17:45
g a g a
Saskia Rutner Danke...
08.12.24, 17:43
g a g a
Imke Arntjen Hallo,...
07.12.24, 18:49
g a g a
Margarete 7. Dezember...
07.12.24, 15:27
g a g a
7. Dezember 2024 um...
07.12.24, 13:48

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