Ich möcht’ wie ein Baum mich am Weg aufpflanzen
Mit jedem Blatt in der Liebeslust tanzen.
Ich möchte mir Flügel schaffen wie Finken
Und in der Liedluft hinfliegend versinken.
Ein Lied verschiebt Berge und Dächer und Wände;
Ich möchte im Mai jetzt ein Nachtsänger sein
Und säng’ mich im Schlaf zu der Liebsten hinein.
Ich möchte, ich möchte, ich möchte ohn’ Ende –
Und hab’ zum Umfangen nicht mehr als zwei Hände.
Da capo. Der zauberhafte Max Dauthendey. Heute, am 25. Juli 2017, vor hundertfünfzig Jahren, wurde der mir zu Herzen gehende Max geboren. Er hat viel geschrieben, in den einundfünfzig Jahren, die er auf der Erde weilte. Es gibt keine Feier heute in Berlin für ihn, keine, von der ich wüsste, außer meiner eigenen. Ich werde ihn ehren und er wird es vielleicht spüren. So eine große Seele verpufft nicht einfach im Nirgendwo. Wenn ich die Gedichte von Max Dautheney lese, bin ich daheim. Diese Heimat kann mir keiner nehmen. Kein Kummer und kein weltlicher Schmerz.
Frühsonne geht im Blauen, wie eine goldne Fee,
Will über die Schultern der Bäume schauen.
Die Schmetterlinge jagen sich über Baum und Klee,
Und Wolken lassen sich tragen
Hin über die blauen Gassen,
Wie Damen in seidenen Wagen.
Du und ich auf grünem Rasen,
Wie am Grund von einem See,
Sitzen verwunschen und weltverlassen,
Und wenn wir uns einsam umfassen,
Wissen wir Aller Freude und Weh.
Max Dauthendey (1867 - 1918)
Nicos neunundzwanzigster Todestag. Ihr treuer Freund Lutz Graf-Ulbrich aka Lüül gedenkt ihr in der wunderbaren Galerie 1er étage über dem Brel am Savignyplatz 1. Lutz hatte ein paar seltene Filmaufnahmen im Gepäck, die nicht auf youtube zu finden sind. Er erzählte Anekdoten und las aus seinem Buch "Nico - im Schatten der Mondgöttin". Ich kannte schon so manches, das ist auch angemessen für die "inoffizielle Nico-Botschafterin", wie mir Lutz in seiner Widmung im Buch schrieb. Was mich mit Nico verbindet, habe ich in den letzten dreizehn Jahren, die es dieses Blog gibt, schon das eine oder andere mal erzählt. Als ich vor zehn Jahren diesen kleinen Film auf youtube veröffentlichte, der den Weg zu ihrem Grab zeigt, schrieb mir Lutz und bedankte sich, weil er ihn rührte. Und mich rührte am vergangenen Dienstag, wie er das Lied vom einsamen Mädchen interpretierte. Die gebeamte Nico schaute zu. Es hatte etwas von Minne, eine ganz reduzierte Gitarre, so mittelalterlich schlicht, das hätte sie geliebt, unsere Göttin aus dem Nibelungenland. War ein ganz zauberhafter Abend, mit einer langen Nacht auf dem Balkon mit Blick auf den Savignyplatz. Eine Sommernacht, in der wir tranken und erzählten und rauchten und uns beschenkt fühlten, dass wir so wunderbare Orte hier haben. Ich war mit Jenny verarbredet und es wurde sehr voll. Einige im Publikum hatten Nico noch live erlebt. So wie ich. Aber auch eine sehr junge Frau war da und konnte den Magnetismus nachempfinden. Und meine Freundin Lydia, die auch zu jung ist, um Nico erlebt zu haben, war gekommen. Aber das ist gar nicht wichtig. Am Ende zählt nur das Gefühl und Empfinden für einen Menschen und dessen Persönlichkeit. Lydia machte ein paar Bilder von Jenny und mir, die ich sehr mag. Jenny meinte vorhin, als sie die Bilder sah, man könnte meinen, wir kennen uns ewig. Wer weiß. Vielleicht ist es so, schrieb ich ihr zurück. Wir wissen so Vieles nicht. Und dieses große Geheimnis zaubert Wesen wie Nico in diese Welt. Und mich. Und Jenny. Und Lydia. Und dich.
Eines Tages. One fine day. (Werde ich...) Werde ich. Vielleicht. (...) Einen Eintrag schreiben, der etwas verständlich macht. Oder auch nicht. Ich weiß es selber nicht. Nichts ist einfach. Alles komplex. Wie wäre das deutsche Wort? Gibt es eines? Ein einziges dafür? Ich schreibe gerne verständlich, auf direktestem Weg. "Vielschichtig"? Was sagt der Duden oder Wikipedia... "Das Adjektiv komplex bezeichnet die Eigenschaft einer vielschichtigen Struktur, siehe Komplexität" (gut geraten...) (...) "Bei dem Begriff handelt es sich um ein Kompositum aus der Präposition lateinisch cum ‚mit‘, oder ‚zusammen mit‘ und plectere ‚flechten‘ oder ‚ineinander fügen, im Sinne von ‚verflochten‘, ‚verwoben‘. (...) Kann man das Gesamtverhalten eines Systems, trotz vollständiger Informationen über seine Einzelkomponenten und deren Wechselwirkungen, nicht eindeutig beschreiben, so handelt es sich um Emergenz." Wow. Emergenz. Gestern, vorgestern Nacht - ja, vorgestern war es. Beim morgendlichen Aufwachen, im Alphazustand, einen letzten Traumfetzen erinnernd, ein Bild, ganz deutlich. Im Halbschlaf stand mir ein Blatt Papier vor Augen. Es lag vor mir, wie auf einem Tisch, mit gedruckten Zeilen, ein Brief, ganz offensichtlich. Es gab eine Anrede, die ich nicht erkannte, aber da war Text, und er hörte auf, ohne eine Schlussformel. Obgleich noch Platz gewesen wäre, auf dem Papier. Ich erwachte in diesem Moment und dachte: "Die Schlussformel fehlt". Und es war wie ein Gleichnis. Die Schlussformel fehlt. [ To whom it may concern. ]
Bonsoir. Ich habe keine Lust, angemessen Bericht zu erstatten. Nebenher läuft die 3-sat Mediathek, die schöne Serie "Der Meisterfälscher". Wolfgang Beltracchi portraitiert Marie Bäumer. Lange nicht mehr gesehen, gibt ganz viele neue Folgen in der Mediathek. Bäumer trinkt gerne Champagner. (Ich auch.) Ah, zu Ende. Nächste Folge... Beltracchi portraitiert Reinhold Messner. Ich sehe mir das jetzt alles an. Ich brauche Ablenkung. Viel. Sehr viel. Ich finde diesen Fälscher unendlich sympathisch. Die Bilder hier, die verlinkten und eingefügten, die sind von gestern. Ich muss gestehen, dass wir, Lydia und ich, zwar auch Lesungen hörten, sie mehr als ich - aber das Wesentliche, Bedeutendere, war unwiderlegbar, was wir uns erzählten. Und wiir erzählen gut. Lydia schreibt. Nichts weniger als grandios. Ich schreibe. Die Bewertung überlasse ich anderen, ich weiß nur, dass mein Maßstab ist, es selbst gerne wiederzulesen. Was für ein Wetter gestern. April ist ein Witz dagegen. Ich hatte diesen Hosenanzug gewählt, elfenbeinfarben, mit den nachtblauen Blüten. Ich liebe diesen Anzug, und hatte ihn erst einmal an. Und weil iihn mein schwuler Vorgesetzter "sehr apart" fand, war ich mir sicher, dass er wirklich zu mir passt. Man täuscht sich ja auch mitunter, was die Wirkung der gewählten Kleidung angeht. Da fällt mir eine jüngste Situation ein - nein. Nicht möglich, das hier näher zu beschreiben. Aber Lydia erzählte ich davon, gestern.. Wobei... so ganz hatte ich mich nicht getäuscht. Ich glaube, die Folge mit Messner ist nicht so spannend. Ich kenne schon zuviel von Messners Erkenntnissen. Und immer noch diese nicht sehr attraktive nepalesische Halskette. Damit wird er sich wahrscheinlich begraben lassen. Endeutig sind die Gesprächsbeiträge von Beltracchi inspirierender, obgleich ich gar nichts gegen den Bergsteiger habe. Ich las sogar manche seiner Buchveröffentlichungen. Sehr gebildeter Mann, durchaus. Egal. Jetzt über Wiedergeburt. Halleluja. "Wiedergeburt ist eine Belastung". Tut mir leid, das ist mir zu abgedroschen und zu kurz gedacht. Bitte jetzt keine Belehrungen über Buddhismus. Doch. Aua. Schnitt. Danke. Schieber nach vorne. Ich will das fertige Bild sehen. Um auf gestern zurückzukommen, wir, Lydia und ich, saßen uns vor allem gegenüber und tranken und redeten und rauchten und schauten auf den Wannsee. Uns trennen auf dem Papier zwanzig Jahre Altersunterschied. Ich empfinde das nicht. Viel stärker ist die Wahrnehmung von angemessener Verständigung. Nicht das Empfinden von Zugeständnis, Zurücknahme in Sachen Komplexität und Tiefgang von Gedanken. Ich mag tabulose Kommunikation, gerne über Eingemachtes. Das bedeutet nicht, "too much information" zu verheizen, viel mehr die Widersprüche und gefühlten Peinlichkeiten, die einen umtreiben, nicht zu verschweigen. Später spielte eine Band aus Tschechien. "Kafka". Ich fand es beeindruckender, als die Videos auf facebook vermuten ließen. Der Sänger Jaroslav Rudiš hat eine gewisse innere Verwandtschaft mit Blixa Bargeld, in der Art, wie er hochkonzentriert den Text - auf deutsch und tschechisch - mit einer sehr charismatischen Stimme verbindet. Die Band war exzellent. Großartige Arrangements. Auf eine mich berührende Art ernsthaft. Der Sänger ist auch Schriftsteller, kein Wort banal, egal. Ich mag diesen sehr ernsten Ansatz. Wir verbrachten viele Stunden dort, es gab heisse Sonne und wilden Sturm am See, dann Regen, durchnässt, mit triefenden Haaren in die Villa, den Berg hinan. Später dann, ein rosé-violetter Sonnenuntergang. So ein Sommer.
Alle Einträge von jetzt bis 24. Januar 2017 vollständig hier. Wieviel schöner alles aussieht. Jetzt fertig machen, mich. Zum Literarischen Collloquium am Wannsee. Anousch wird um halbvier lesen. Was für erstaunliche Entwicklungen manche der alten Bloggerfreunde genommen haben. Erstaunlich ist vielleicht gar nicht immer zutreffend, aber bemerkenswert. Mit Lydia gerade noch hier im privaten Backstage darüber ausgetauscht, ob man was zum Trinken einschmuggelt. Sieht im Moment noch eher nach Wetter für heißen Kaffee aus, kann sich aber ändern. Kleine Verlage treffen sich in der Villa und im Garten und es wird gelesen, später spielt eine Band namens Kafka. Bestimmt ein interessantes Publikum da. Und die Antwort auf die Kleiderfrage sieht mehr nach Anzug und Stiefeln aus, als nach flatterndem Partykleid und Sandaletten. Schade, ich hätte da was im Schrank, Man überhäufe mich mit Einladungen zu sommerlichen Gartenfesten mit Temperaturen über zwanzig Grad. Einmal möchte ich das schon anziehen. Außerdem käme dann wieder einmal der spektakuläre Dolce & Gabbana-Gürtel zu Ehren, wegen dem mich Gürtel-Fetischisten in aller Welt auf Flickr verfolgen. Das geht schon so weit, dass ich vorgestern allen Ernstes einen Bittbrief (also per flickr-Mail) in meinem Eingang hatte, in dem ich nach nettem Lobgehudel angefragt wurde, ob ich nicht endlich einmal wieder ein Bild mit dem Gürtel posten könnte. Das ist dieselbe Frau, die mir das Objekt der Begierde schon für vierhundert Euro abkaufen wollte. Also schon deswegen muss ich dieses Kleid mit dem Gürtel wenigstens noch einmal in diesem Sommer anziehen. Das wird sicher jeder nachvollziehen können. Sonst keine größeren Probleme hier, den wir sind ja in Berlin und nicht in Hamburg. Gesund und munter, über subtilere Herzenregungen wird nicht gesprochen. Und wenn, nur unter vier Augen.
[ mit: Lackstiefeln, Galerie Schmalfuss, Irrungen, Wirrungen, Gefühlslandschaften, Kinder-Lieben Chris Roberts, Roy Black, Jürgen Drews, Und es war Sommer, Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben, Gaga Nielsen wird Spitzen-Musikproduzentin ]
"Tag der Irrtümer" wollte ich den Eintrag überschreiben. In verschiedener Hinsicht zutreffend. Der Weg zur Galerie Schmalfuss schien so simpel auf dem Plan. Bis Savignyplatz mit der S-Bahn, dann Richtung Kantstraße, drüber, in die Knesebeck, kein Hexenwerk. Und doch ist es mir gelungen, mich zu verlaufen, zu verfransen, zu weit links... ich habe ja kein Smartphone. Eigentlich sollte ich die Ecke besser kennen. Ich nahm den bizarren Spaziergang als eine Art work out. Was wollte ich da überhaupt, in der Galerie Schmalfuss? Jan hatte mir eine Einladung zukommen lassen, es sollte mit einer Tango-Tanz-Performance eröffnet werden. ich leide in Galerien und bei Eröffnungen oft unter der Abwesenheit von Musik, das ist mir zu steril, ich begreife das Konzept nicht. Irgendwann kam ich dann doch an, bei Schmalfuss in der dritten Etage eines schönen alten Jugendstilhauses. Die Performance war vorüber, Jan nicht mehr da - bzw. wusste ich gar nicht, ob er überhaupt da gewesen war. Ich konnte ihn auch nicht kontaktieren, denn ich habe nicht nur kein Smartphone, sondern auch kein schlichtes Mobiltelephon. Da lief ich nun durch die edlen Räume mit den Gemälden von tanzenden Tangopaaren. Mit meinen schönen Lackstiefeln, passend zum Namen der Galerie, machen einen schlanken Fuß. Hat nicht sollen sein. Man scannt dann - oder ich scanne - wer da so rumsteht und plaudert, und guckt quer drüber, ob irgendein Gesicht dabei ist, das einen interessieren könnte. War nicht. Es war mir alles zu überpflegt bürgerlich. Da fehlte die Schaufel Dreck. Ich glaube, ich war die Schaufel Dreck, die die Gäste vielleicht nicht uninteressant fanden, aber ich will ja auch inspiriert werden. Für andere Inspiration zu sein, ist mir zu wenig. Ich will auch irritiert werden.
Die alllzu berechenbaren Verhältnisse ließen mich sehr bald wieder gehen. Ich nahm mir nicht einmal ein Glas Wein. Den Weg zurück zur S-Bahn, diesmal Zoo, fand ich schlafwandlerisch. Wie gesagt, ich kenne die Ecke ja eigentlich. Da um den Steinplatz herum. Fand es dann auch angenehm, so früh wieder zuhause zu sein. Schade war nur, dass ich mich so herausgeputzt hatte, für - - ? Ja, wofür. Einen Spaziergang. Zurück daheim, fuhr ich den Rechner hoch und nahm mir ein Glas Wein, und las überrascht eine message, aus der sich eine kleine Konversation entspann, die mir gefiel. Und dann abbrach. Was mir nicht gefiel. Aber es war nicht das erste mal. Das hat mir schon viel Kopfzerbrechen bereitet, aber ich wollte mir diesmal nicht wieder den Kopf zerbrechen. Seltsamer Tag, seltsamer Abend. Tag der Irrtümer. Nichts erwarten, alles für möglich halten. "Nichts" inbegriffen. Aber ich habe mir eine innere Karte von der Ecke erlaufen, da zwischen Knesebeckstraße und Steinplatz und so weiter. Wie man sich souverän eine innere Karte von Gefühlslandschaften erläuft, weiß ich nicht. Da dilettiere ich, verirre mich, komme irgendwo heraus, wo ich niemals hinwollte.
Vorhin, als ich dachte, ich poste jetzt etwas zu den Schmalfuss-Bildern, stolperte ich über die Meldung, dass Chris Roberts tot ist. Als ich ungefähr fünf war, habe ich für ihn geschwärmt. Bestimmt auch noch mit sechs oder sieben. Er war Dauergast in der Hitparade von Dieter Thomas Heck. Jeden Samstag nach dem Baden geschaut, so lange durften wir als Kiinder aufbleiben. Und danach auch noch zur Samstag Abend Show. Am Laufenden Band oder Musik ist Trumpf. Die Maschen der Mädchen und Du kannst nicht immer Siebzehn sein, lief rauf und runter im Radio. Ich mochte die längere Haarfrisur und sein sehr verbindlliches Lächeln. Habe mir vorhin ein paar Videos angeschaut. Er hatte eigentlich auch eine ziemlich gute Figur. Ich wurde dann älter und fand ihn nicht mehr so toll, das Lächeln war mir auf einmal zu glatt und kalkuliert. Zu gefällig, opportunistisch. Solche Wörter kannte ich damals natürlich noch nicht. Ich war in einige Schlagersänger als Kind verliebt. Roy Black gefiel mir auch sehr. Weniger die Lieder, als sein Mund und seine Grübchen. ich würde schon sagen, dass man bereits als Kind eine Verliebtheit empfinden kann, die durchaus erotische Züge hat. Jürgen Marcus fand ich auch gut, er war mir sympathisch, ich war aber meiner Erinnerung nach nicht so richtig verliebt. Wer allerdings auch mein Herz im Sturm erobert hat, war der Bastian. Da war ich dann aber schon älter. Bestimmt schon sieben oder acht. O.k., kein Sänger, hätte aber einer sein können. Er sah eigentlich aus, also ob er Gitarre spielen könnte. Wer mir zum Beispiel gar nicht gefallen hat, war Bernd Clüver. Oder Christian Anders. Da ging gar nichts. Jürgen Drews dagegen war ganz vorne mit dabei.. Er war eigentlich der Hübscheste und Lässigste von allen. Absolut sexy, sein Grinsen. Genau mein Fall. Und sein Bett im Kornfeld war auch musikalisch klasse. Ich finde es heute noch gut. Aus der Ära ist mir auch noch "Und es war Sommer" in Erinnerung, das liebte ich auch sehr. Ganz besonders. Ich habe den Text abgeschrieben und in meiner Schultasche herumgetragen, da sind Bilder entstanden, von denen ich gar nicht genug kriegen konnte. Dieses Sonnenuntergang am Strand-Ding und Haut und überhaupt.. Peter Maffay war aber auch nicht jemand, in den ich heimlich verliebt gewesen wäre, der guckte immer so besorgt und das Muttermal gefiel mir auch nicht, aber der Song hat restlos überzeugt. Als ich vorhin auf youtube die Chris Roberts-Hits durchgehört habe, dachte ich mir bei so manchem Text, dass es sehr apart sein könnte, wenn man das elegant covert, mit einem subtilen Arrangement, befreit von dem ganzen Gute-Laune-Schlager-Gedöns. Da könnten interessante Sachen dabei rauskommen. Auch lustige natürlich. In Schlagertexten sind oft erschreckend wahre Gefühle verarbeitet, die man gerne runterspielt, für banal erklärt und souverän belächelt. Wenn man nur auf den Text hört, kann man oft feststellen, dass man nackte persönliche Empfindungen und Sehnsüchte darin entdeckt. Deswegen funktioniert das Ganze auch dermaßen breitenwirksam. (Big News.) Wenn man keine musikalische Schmerzgrenze hat, kann einem das sicher sehr viel geben. Insofern ein hochattraktiver Gedanke, diese oft vermeintlich platten Texte mit einem weniger mainstreamartigen Arrangement zu versehen. Da könnten zauberhafte Sachen entstehen. Okay, das ist jetzt nicht so ganz leicht bei diesen Chris Roberts-Mitklatsch-Nummern vorstellbar, ich gebe es zu. Und dennoch hat der Text von "Du kannst nicht immer Siebzehn sein" schöne Momente, denen man mit der richtigen Interpretation Tiefgang verleihen könnte. Oder zum Beispiel "Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben" von Jürgen Marcus. Ich würde das ganz reduziert bringen, mit so einer melancholischen Bossa Nova-Gitarre, so Richtung "Girl from Ipanema". Caterina Valente könnte das wunderbar singen. Das alberne "nananananana" müsste man natürlich ersatzlos streichen. Nur so eine launige Idee. An mir ist wahrlich eine Musikproduzentin verloren gegangen.