03. August 2010
16. Juli 2010. Ich weiß immer noch nicht, ob es Haselnussbrand oder Haselnussgeist ist. Aber man muss ihn unbedingt probieren. Balkon, Animalprint-Fähnchen. Jam & Spoon, Silly, Erinnert. Das Teehaus, in dem kein guter Platz frei ist, der schöne Hofgarten voll besetzt. Kein Wunder. So ein schöner Sommerabend. Eine Weile sitzen wir, unentschieden, weil das Essen so gut ist da. Glücklicherweise kommt ewig keiner, um wenigstens die Getränkebestellung entgegenzunehmen. Erleichtertes Aufstehen. Guten Gewissens doch weiter. Das Licht war auch so seltsam, da in dem Durchgang, eine grelle Funzel, die geisterhaft grün aus dem Bambus leuchtete. Mir fällt das Pan Asia ein. So schön hatte ich das gar nicht in Erinnerung. Eine große Holztreppe im Hof, wie ineinandergeschobene Podeste, darauf prall gefüllte große Bodenkissen aus Leinen, in weiß und pink. Kleine Windlichter auf niedrigen Tischen. Schön ist das. Wie Ferien. In dieser Stadt kann man Urlaub machen. Ich spüre, was für ein Luxus es ist, in dieser Ecke der Stadt, des Landes, des Erdteils, der Erde zu leben. Mir wird ganz demütig. Der Kellner ist genauso nett wie er attraktiv aussieht. Normalerweise ist immer irgendwas, über das man hinwegsieht. Aber dieser szenige Typ ist charismatisch, charmant, ein bißchen flirty und sehr zuvorkommend. Und das Essen ganz und gar wie ich es mag. Mit frischen Zutaten, alles hat noch Biss, die zarten Zuckerschoten... Kein versupptes Geschwurbel. Eiskalter Chardonnay.
Ich weiß nicht mehr genau, worüber wir sprachen, aber ich holte nach dem zweiten Glas weit aus. Sagte Sachen wie, dass ich mir als Kind, als Mädchen, nie vorgestellt, erträumt habe eine Familie zu gründen, Mit Kind und Mann und Haus und Hof. Ich dachte eher, das wäre ein unheilvolles Schwert, das jede Frau früher oder später ereilt. (Das hab ich nicht gesagt, das fällt mir nur jetzt wieder ein). Ich hab von etwas ganz anderem geträumt. Ich wollte unbedingt frei sein. Frei von Bindungen an Menschen, die mir irgendetwas diktieren könnten, mich vereinnahmen würden, in einem vorstrukturierten Leben, dessen weiterer Verlauf das Potenzial an Unwägbarkeit verloren hat. (Das hab ich auch nicht gesagt, das schreib ich jetzt nur). Aber ich hab mich an einen Platz geträumt, als erwachsene Frau gesehen, die in einem Adlerhorst lebt, über den Dächern einer Stadt, einer Metropole. Die niemandem Rechenschaft schuldig ist. Es ist wahr geworden. Ich lebe in einem Adlerhorst über den Dächern der Stadt. Der schönsten Stadt, die ich kenne, in der meine Sprache gesprochen wird. Ich bin dankbar. Ja, schon wieder. Ich bin überhaupt in letzter Zeit ganz oft dankbar. Ganz ungeplant. Ohne Vorsatz. Ich weiß nicht, ob man sich sein Schicksal erarbeitet. Das wissen die Götter. Meines ist schon sehr seltsam. Sie haben mir auf jeden Fall einen sehr eigenwilligen und sehr mäandernden Weg zugedacht, für den man auch viel Kraft braucht. Innerlich. Innere Stärke. Widerstandskraft. Was so leicht aussieht, von Außen, ist das Ergebnis von Arbeit. An mir selbst. Da ist ein großer Aufruhr in mir. Kräfte sind am Werk, die mich von einem Pol zum anderen ziehen. Ich versuche ein inneres Ideal eines schöneren Ichs zu bewahren, zu behüten. Die Schönheit kommt nicht von Außen abhanden. Von innen. Das ist die einzige Gefahr. Aber so lange man einem Menschen ansieht, dass er darum kämpft, den guten Geist zu bewahren, gibt es diese Spur im Gesicht. Diesen Silberstreifen. So ein zartes Glitzern. Etwas Filigranes. Die Schönheit eines schüchternen Gebets.
g a g a - 3. August 2010, 01:14