22. April 2015

Meine Wohnung ist verkauft. Heute Nachmittag habe ich meine Unterschrift unter die Vorkaufsverzichtserklärung gesetzt, nachdem ich eine notariell beglaubigte Ausfertigung des Kaufvertrages mit einem Siegel und einer zweifarbigen Kordel erhalten und durchgelesen habe. Ich habe sehr interessiert zur Kenntnis genommen, dass die zehnjährige Sperrfrist für Eigenbedarf ein eigenständiger Absatz im Kaufvertrag ist. Viele Seiten. Der Käufer ist ein kultivierter Mensch. Es war der letzte Kaufinteressent. Mehr möchte ich hier nicht ins Detail gehen. Meine Miete wird bald in ein Land überwiesen, das meinen kleinen Rettungsschirmbeitrag zu schätzen wissen wird. Was in zehn Jahren nach Grundbucheintrag sein wird, weiß ich auch noch nicht. Ich muss es jetzt erst einmal begreifen, dass ich nicht mehr mit dieser inneren Anspannung weitere Besichtigungen von Kauflustigen tolerieren, erleben muss.
g a g a - Fr, 24. Apr, 00:10


speedhiking - Fr, 24. Apr, 08:56

Ich hoffe ja (wenn ich das mit der Sperrfrist richtig verstehe), dass Sie jetzt ein paar Jahre Ihre Ruhe haben und sich dann eine Lösung findet.

(Sehr guter Artikel übrigens, lange nichts mehr so Lesenswertes gelesen.)

g a g a - Fr, 24. Apr, 09:55

zu airbnb

Danke für die guten Wünsche. (Die Sperrfrist bedeutet, dass der neue Eigentümer frühestens in zehn Jahren nach Grundbucheintrag, der ihn als Besitzer ausweist, Eigenbedarf für sich oder seine Söhne anmelden kann - er hat noch eine zweite, größere Wohnung gekauft, auch in meinem Haus. Der Mietvertrag mit mir wurde unverändert übernommen, muss er auch, nebenbei.)

Ich wünschte mir im Übrigen, dass jede/r der jemals eine Wohnung bei airbnb für die Ferien gemietet hat, den Artikel lesen würde. Ich fand das Portal am Anfang auch toll und meine Ferienwohnung in Wien war über airbnb. Als ich dort war, hatte ich schon ein komisches Gefühl dabei. Wir waren zu zweit in einer riesigen Wohnung in bester Lage, mit viel Geschmack eingerichtet, die ausschließlich als Ferienwohnung vermietet wird, das ehemalige Zuhause des Eigentümers. In der Wohnung hätte eine Familie mit zwei Erwachsenen und ein bis zwei Kindern locker Platz. Tatsächlich ist es doch so, dass die wenigstens Menschen, die ein inniges Verhältnis zu ihrer Wohnung haben, diese wochenweise vermieten wollen, weil sie gerade mal selbst in Urlaub sind. Bei vorübergehender Nicht-Eigennutzung wegen eines längeren Auslandsaufenthalts verstehe ich das ja noch, so wurde die Idee ja auch ursprünglich verkauft. Endlich konnte man in attraktiv eingerichteten Wohnungen, noch dazu vergleichsweise preisgünstig, in Metropolen, unbehelligt von Reinigungspersonal, ein paar Tage verbringen. Aber das, was der Artikel aufzeigt, ist eben die Kehrseite der Medaille. Es ist ein professionelles Geschäft geworden, wo im seltensten Fall noch tatsächlich bewohnte Wohnungen angeboten werden. Wenn meine Wohnung am Gipsdreieck eine airbnb-Wohnung wäre, könnte der Eigentümer locker dreitausend Euro pro Monat damit verdienen. Die Zweckentfremdung hat dermaßen überhand genommen, dass man nicht mehr die Aufgen vierschließen kann. Ich finde, die genehmigten Ferienwohnungen sollten begrenzt werden, offiziell gekennzeichnet und attraktiver ausgestattet werden. Ich möchte ja auch mit gutem Gewissen eine schöne Ferienwohnung mieten können, ohne das Gefühl zu haben, einem potenziellen einheimischen Mieter ein mögliches Zuhause zu entziehen. Ich werde keine Wohnung über dieses Portal mehr mieten, wie attraktiv auch immer sie sein mögen. Aus Solidarität mit den Bewohnern der jeweiligen Stadt. In allen Metropolen herrscht diese Not, das muss man nicht aus Egoismus unterstützen, nicht wenn man um die Situation weiß.
arboretum - Sa, 25. Apr, 17:56

Gibt es Leute, die Wohnungen kaufen, ohne zu wissen, wie sie aussehen?

Bei dem Satz habe ich laut gelacht. Klar gibt es die, massenhaft. Die meisten Wohnungen in dem Anwesen, in dem ich wohne, wurden so verkauft. Sowohl beim ersten Verkauf 2005/2006 als auch bei den diversen Zwangsversteigerungen, die es seither gab. Bestenfalls kannten die Käufer der ersten Runde eine Musterwohnung, meist nicht einmal das.

Über die offizielle Touristinformation gibt es auch legale Ferienwohnungen zu mieten, ebenso über die kleinen Webseiten der tatsächlichen Eigentümer. Die wohnen meist selbst dort und besitzen auch nur ein oder zwei Ferienwohnungen. Bisher habe ich jede Ferienwohnung über eine dieser beiden Möglichkeiten gefunden.
g a g a - Sa, 25. Apr, 21:00

ich habe auch in den letzten sechsundzwanzig Jahren, seitdem ich angefangen habe zu reisen, immer legale und auch schöne Ferienwohnungen gemietet, die offiziell so ausgewiesen waren und deren Mieteinkünfte daher mit Sicherheit auch versteuert werden. Und wer extravagante Objekte mit Flair sucht, wird auch fündig, allerdings nicht zu Schwarzmarktpreisen. Man muss sich entscheiden, ob man diese illegale Nische aus Eigennutz hofieren will, die die sehr eingeschränkte Auswahl bei Mietwohnungen für Einheimische massiv reduziert oder ob man lieber auf legale Angebote zugreift. Es gibt gerade in den letzten Jahren auch sehr viele neue Hotels in Berlin, die sehr viel Flair haben. Erschreckend finde ich, dass gerade die airbnb-Klientel und auch die Anbieter oft hochgebildete Akademiker sind, die sonst viel Wert auf sozial verträgliche Politik legen. Ich kenne einen Anbieter, der sich sonst allenthalben lautstark zu sozialen Belangen äußert und sich gerne selbst zum politischen Gewissen erklärt, aber seine Vermietungsaktivitäten diskret unter den Teppich kehrt. Sind eben sehr schöne bequeme Nebeneinkünfte. Er kennt sowohl die Verordnung gegen Zweckentfremdung äls Ferienwohnung, als auch die prekäre Situation mit den steigenden Mieten in dem Trendbezirk, in dem seine früher von ihm bewohnte Wohnung liegt. Traurig. Aber einer der ersten, der sich lautstark gegen Gentrifizierung empören würde. Also theoretisch, auf facebook, zum Liken. Seit airbnb existiert, kommen immer mehr intelligente Menschen auf die Idee, nach einer Veränderung ihrer Wohnsituation, wie beispielsweise Zusammenziehen mit dem oder der Geliebten in eine große Wohnung, ihre ehemalige Singlewohnung nicht zu kündigen, sondern derart zu vermieten. Ist ja auch eine durchaus reizvolle Vorstellung, so an der Versteuerung vorbei, monatlich Tausend Euro oder mehr extra auf dem Konto zu haben, einzige Arbeit: Buchungsanfragen per Mail beantworten und die Bettwäsche und die Handtücher wechseln.
g a g a - So, 26. Apr, 12:02

Bitte lesen Lesebefehl.

"ich bin um jede Verlinkung dieses Artikels froh. Als ich ihn am Freitag las, war es mir auch. ein Herzensanliegen, ihn zu verlinken. Vermutlich nicht offensiv genug, so wie es dieser Reportage gebühren würde. Natürlich ist man wacher und aufmerksamer, wenn man unmittelbar von diesen Entwicklungen betroffen* ist. Dann kann man nur allen anderen, die nicht um ihr Zuhause fürchten müssen, die Möglichkeit eröffnen, durch erläuternde Worte sinnlich zu erfahren und zu begreifen, was sich hier abspielt, und dann die Konsequenzen daraus zu ziehen. Die da wären, sich wie früher, vor airbnb, auf legitimierte Ferienwohnungen oder schöne Hotelzimmer zu konzentrieren.

* ich wohne seit Juni 1999 in einer Wohnung in der Auguststraße, die soeben in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde und gekauft wurde. Ich konnte sie nicht kaufen, das überstieg meine finanziellen Möglichkeiten, zumal ich ohnehin nicht den Plan hatte, Eigentum zu erwerben. Ich hatte leider keine 270000 Euro in der Portokasse für meine kleine 2-Zimmer-Wohnung (58 qm, DG, am Gipsdreieeck). Zehn Jahre Sperrfrist für Eigenbedarf sind natürlich schön. Aber der unbegrenzte Mietvertrag war noch schöner. Wenn ich mir ausmale, dass es ehemalige Mieter in meiner Ecke gibt, die durch einen Zufall entdecken, dass ihr ehemaliges geliebtes Zuhause bei airbnb angeboten wird, und sie nunmehr in irgendeinem Wohnghetto in einem Randbezirk hausen müssen, werde ich sehr traurig. Und auch ein bißchen aggressiv."


Gaga Nielsen 26. April 2015 um 01:17

kid37 - So, 26. Apr, 23:34

Hm. Tja. Schwierig. Andererseits, geklärte Verhältnisse und eine doch ganz ordentliche Frist. Unter den Umständen. In Hamburg gibt es auch ein Gesetz gegen den Mißbrauch von Wohnungen. Aber erst in letzter Zeit wird da wohl auch wirklich schärfer kontrolliert. Mir ist es beim Wuchen nach Unterkünften in Wien auch aufgefallen, wie smarte, junge Typen als "Vermieter" von schicken, offensichtlich auf reine Ferienwohnungsnutzung angelegten Appartements auftreten. Ich habe aber noch kein Rezept, wie man sich als Tourist richtig verhält. Selbst, wenn ich jetzt eine Bruchbude miete... Mich nerven diese "sozialen" Vermittlungsplattformen aber auch - selbst in meiner schäbigen Umgebung gibt es schon die ersten Angebote.

g a g a - Mo, 27. Apr, 00:05

"Ich habe aber noch kein Rezept, wie man sich als Tourist richtig verhält."

Man muss versuchen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Eindeutig gewerbliche Vermietungsangebote bevorzugen. Es gibt so sagenhafte Hotelzimmer in Berlin, dass ich zuweilen Lust hätte, eine Nacht dort zu verbringen. Ich habe auch am liebsten eine Bleibe mit einer Küche, möglichst zentral. Muss man halt mehr investieren. Ich hätte gerne die Gewissheit, dass meine Ferienwohnungsmiete versteuert wird und die Unterkunft als Ferienwohnung registriert ist, und sich die Wohnung nicht in einem regulären Mietshaus oder einem Objekt mit einer Entmietungs- oder Umwandlungshistorie befindet. Ein gutes Gewissen kostet halt ein bißchen Mühe und ein bißchen mehr Geld, wenn auch noch Design-, Flair- und Ambiente-Ansprüche befriedigt werden sollen.
kid37 - So, 26. Apr, 23:36

Blöd jedenfalls! Und ungerecht. Das war ganz klar Ihre Ecke!

g a g a - Mo, 27. Apr, 00:37

Dieses Portal zum Beispiel schreibt sich auf die Fahne, dass es sich auschließlich um behördlich registrierte Ferienwohnungen handelt

http://www.berlin-sofort.de/

Da sind natürlich auch lauter Wohnungen, die in normalen Mietshäusern sind, aber unverblümt gewerblich, ohne das verlogen-verschwurbelte "von Freunden für Freunde"-Community-Getue mit dem Obolus unter der Hand, an der Versteuerung vorbei. Dass Metropolen vielfältige Unterkünfte für Touristen bieten sollten, steht ja völlig außer Frage, aber es sollte sich in einem moderaten und kontrollierbaren Bereich abspielen. Die Geschichte bei airbnb ist völlig aus dem Ruder gelaufen.

g a g a - Mo, 27. Apr, 01:24

Das Stue ist zum Beispiel ein Hotel, das mir gefallen würde, obwohl ich nicht die große Hotelzimmerfreundin bin. Ein ehemaliges Botschaftsgebäude. Und in Wien gibt es auch ganz großartige Hotels. In den Ferien kann man ja auch mal ein bißchen mehr ausgeben. Muß man halt drauf sparen!

Auch sehr schön: die Terrassensuite im Hotel de Rome.

Auch in der Auguststraße: Hotel Amano

Auch okay: Hotel Sir FK Savigny

Auch speziell: nhow.

Auch günstig: Pension Funk in der Fasanenstraße, die Wohnung von meiner Großtante Asta Nielsen. (Gott hab sie selig.)

g a g a - Do, 14. Mai, 14:13

Dieser Kommentar bringt es auf den Punkt.

g a g a - Do, 14. Mai, 14:30

"Auch ein sehr guter Artikel. “Vom Versuch, eine Haltung zu entwickeln”. Vor Buchung klären, ob die Wohnung vom Eigentümer bzw. bei Eigentum von den anderen Wohnungseigentümern als Ferienwohnung genehmigt wurde und vor allem eine Rechnung vom Vermieter für’s Finanzamt ausstellen lassen, bezahlt werden muss ja vorher. Könnte natürlich sehr gut sein, dass man dann keine Buchungszusage erhält. “(…)in Österreich hat der Oberste Gerichtshof Vermietern von Portalen wie Airbnb, 9flats oder Wimbu einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wer seine Eigentumswohnung wochen- oder tageweise vermietet, diese aber nicht als Ferienappartement gewidmet hat, müsse dafür erst das O. k. der anderen Hauseigentümer einholen. Wer seine Mietwohnung ohne Zustimmung des Vermieters weitervermietet, riskiere die Kündigung.“. In Berlin haben wir das Problem, dass das Personal nicht ausreicht, um den illegalen Angeboten hinterherzurecherieren. Aber immerhin ist die Online-Recherche nicht mehr in Frage gestellt. Ich wünsche mir eine Quotenregelung für den Anteil von Ferienwohnungen in Innenstädten. Man möchte ja selbst gerne einmal so ein Angebot nutzen können mit einem guten Gefühl, und muss dann sicher auch akzeptieren, dass exclusive Lagen nicht in unbegrenztem Umfang verfügbar sind. Vor längerer Zeit haben Kitty Koma, Lucky Strikes und ich ja schon einmal auf den Artikel im Tagesspiegel hingewiesen. Interessant, wie vergleichsweise wenig es verlinkt und kommentiert wurde. Macht einen schon sehr nachdenklich.

Kommentar auf der Vorspeisenplatte Gaga Nielsen, 14. Mai 2015, 13:28

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