04. November 2014





Wien, dritter Bezirk, Salmgasse 23. Raucherzimmer, Moped. Von der Eden-Bar bin ich schnurstracks zum Stephansplatz, was ja nur ein Katzensprung ist, und hinunter in die U-Bahn, U 3, Richtung Simmering, drei Haltestellen bis "Rochusgasse", von da war es nicht mehr weit zu Fuß bis zur Salmgasse. Draußen war noch schöner Sonnenschein, aber ich glaube, der Schanigarten (so nennen die Wiener das, wenn vor dem Lokal auf dem Gehsteig Tische und Stühle stehen, weiß gar nicht, wie man das bei uns nennt. Gibt gar keinen Begriff oder? Biergarten wäre ja stark übertrieben) lag im Schatten. Deswegen haben Duke und Brigh, die da drinnen waren, im Lokal in der Salmgasse 23, dem Moped, hinten im Raucherzimmer, auch nicht mitbekommen, dass draußen den ganzen Nachmittag Frühlingssonne gewesen wäre. Die beiden hatten einen Platz direkt auf der Sichtachse zur Eingangstür, aber ganz hinten, in dem sehr gemütlichen Wohnzimmer, in dem viele Lampen für schummrige Beleuchtung gesorgt haben. Das richtige Lokal für einen bewölkten, regnerischen Tag, nachdem es ja auch ausgesehen hatte, vier Stunden vorher. Als ich nach der Begrüßung gleich erzählen musste, dass draußen schon den ganzen Nachmittag die Sonne scheint, haben mich die beiden ungläubig angeguckt. Ich kam ja gerade vom Stephansplatz, wo ich noch als letzte Eindrücke hatte, dass Frauen mit nackigen Oberarmen und Sonnenbrillen kalte Getränke zu sich genommen haben (Beweisfoto). Jedenfalls ist das lauschige Wohnzimmer auch bestimmt ein angenehmer Ort, um da einen Nachmittag zu verbringen. Die beiden kennen Wien ja nun schon. Brigh wohnt da und Duke hat auch immer wieder mal da gewohnt. Es war schon gut, dass ich alleine so viel Auslauf hatte, so musste sich niemand an meiner Seite über meine hingebungsvolle Begeisterung für für andere alltägliche Ansichten wundern. Es ist schon auch schön, nach Herzenslust Touristin sein zu dürfen! In meiner Begeisterung habe ich gleich erzählen müssen, dass ich ganz viel gesehen habe und mir der Judenplatz so gut gefallen hat, und dass da ja auch Lokale waren, wo man essen könnte. Und rein zufällig, waren das genau auch die Lokale, die Brigh uns empfehlen wollte! So ein Zufall! Ich hatte überhaupt das Gefühl, ich hätte mich gleich noch vier Stunden ohne Punkt und Komma mit ihr ohne Probleme unterhalten können. Sie war mir gleich sehr sympathisch. Aber langsam war es auch Zeit für sie aufzubrechen und ich habe langsam auch Hunger gekriegt. Wir sind noch zu dritt bis zur U-Bahn-Station "Wien Mitte/Landstraße" gelaufen und haben uns dort warm verabschiedet. Brigh ist heim und wir wieder Richtung Stephansplatz. Wenn ich so darüber nachdenke, ist es schon verrückt, wie unterschiedlich man vier Stunden verbringen kann. Ich habe so viele Straßen und Gassen gesehen, wie manche vielleicht in einer Woche. Hätte ich mich auch in ein Café gesetzt, wären die vier Stunden auch gut vergangen, aber ich hätte nur verschiedene Getränke gesehen. Es hat mich aber sehr gefreut, dass ich auch einen Eindruck von einem Lokal bekommen habe, in das ich sonst nicht gekommen wäre, weil es nicht so ganz zentral liegt. Eben ein Lokal, wo vielleicht eher einheimische junge Leute hingehen. Solche Cafés mit zusammengewürfelten Retro-Möbeln kann man auch in Berlin finden, da sehen einige recht ähnlich aus. Aber als Wien-Azubi muss ich mich natürlich erst einmal vorrangig um Grundlagenwissen bemühen, Sehenswürdigkeiten mit Alleinstellungsmerkmal! Da bin ich auch ehrgeizig. Irgendwie bin ich doch ein effizienter Typ, merke ich wieder. Direkt ökonomisch. Das Leben ist kurz! Wäre ja blöd, wenn ich in Wien gewesen wäre, und jeden Tag vier Stunden in einem einzigen Lokal gewesen wäre! Jetzt amüsiert mich allerdings auch, dass ich durch meine überaus hingebungsvolle, nachträgliche Recherche, Sachen in Erfahrung bringe, die vielleicht mitunter auch für erfahrenere Wien-Freunde nicht durchweg zur sofort abrufbaren Wien-Bildung gehören. Ich bin halt ein unheimlich gründlicher Typ!



Das auf dem Stuhl ist übrigens kein gepolstertes Kissen, wie ich im ersten Moment beim Durchschauen der Bilder gedacht habe, sondern die Umhängetasche von Duke. Es ist schon so lange her.

: : alle Wiener Geschichten : :

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Margarete 20. Dezember...
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Saskia Rutner Sieht...
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