02. Dezember 2010
Der Himmel ist ja immer blau. Man ist nur nicht immer weit genug über den Wolken. Es ist schon ein apokalyptisches Gefühl von zur Hölle zu fahren, wenn man im Flieger sitzt, aus der Sonne kommt und sich das Fluggerät beim Landeanflug aus tiefblauer Sphäre durch eine dicke Wolken-Beton-Decke bohrt. Ich finde das unheimlich. Nicht, dass ich gerade aus der Sonne käme. Eher im Gegenteil. Aber ich habe ein gutes Gedächtnis. Und darunter regnet es. Oder schneit. Umgekehrt ist schöner. Man muss zur Zeit ein bißchen über's Wetter bloggen, das ist gerade ein Thema. Ich möchte die Sache heute vom gesundheitlichen Standpunkt beleuchten.
Es ist schon ein bißchen ungewohnt, dass man in diesen Tagen so wenige freudige Schneefalleinträge liest, wo diese Wettersorte doch sonst bei ihrer ersten Wiederkehr stets beschönigend Willkommen geheißen wird. Traditionell wurde in der Vergangenheit immer sehr von ausgedehnten Sonntags-Spaziergängen in verschneiten Landschaften geschwärmt und um sterbende Gletscher geweint. Auf Fotos finde ich das auch sehr schön, aber mir ist das schon immer zu kalt. Ich halte das, um ganz deutlich zu werden, sogar für gefährlich. Schon seit meiner Kindheit, wo ich immer an die frische Luft musste und im Winter Schnee schippen, weil die Eltern freiwillig in so einem Haus wohnten. Man selber musste sich als Kind auch dort aufhalten, gezwungenermaßen und demzufolge auch ein bis zwei Stunden mit Schnee schippen. Mitgehangen, mitgefangen. Das erwähne ich nur, damit niemand behaupten kann, ich wüsste nicht, wovon ich rede. Ich bin eine begeisterte Spaziergängerin, wenn es siebzehn Grad aufwärts hat, alles darunter ist mir zu frostig und halte ich persönlich für medizinisch nicht vertretbar. Die Augen tränen und die Nase läuft, was ich nicht in der Lage bin, anders als ein Zeichen einer gesunden Abwehrreaktion zu werten. Ohne Handschuhe frieren die Fingerspitzen ein, der Wind pfeift. Das hat mir und meinem Körper noch nie gefallen. Abhärtungsmaßnahmen wie kalte Duschen und Winterspaziergänge halte ich für verantwortungslosen Leichtsinn.
Erkältungen vermeidet man, in dem man sich von erkälteten Menschen und Kälte absondert, und nicht, indem man sich rudelweise ohne zeitliche Begrenzung und ohne Mundschutz im Freien aufhält. Aber auf mich hört ja keiner. Wollen wir doch mal sehen, wer hier ohne Erkältung durch den bösen Winter kommt! Ich propagiere Aufenthalte außerhalb von beheizten Räumen niemals länger als maximal zehn Minuten zu praktizieren. Das stellt bereits die Obergrenze dar. Als Empfehlung gilt: muss ich bei Minustemperaturen von A nach B und bin nicht in Eile, unterbreche ich den Kälteaufenthalt, in dem ich auf halber Strecke ein beheiztes Geschäft aufsuche. Man kann das auch dritteln oder vierteln usw. usf., um auf Nummer Sicher zu gehen. Praktisches Wegbeispiel von der S-Bahn-Haltestelle Hackescher Markt zum Gipsdreieck. Bei vertretbarem Wetter kann man die Strecke ohne Unterbrechung in zehn Minuten gehen (Schlendrian). Haben wir es eilig, benötigen wir sieben Minuten. Haber wir es sehr eilig und müssen ein bißchen rennen, schaffen wir es in fünf Minuten. Bei unwirtlichen Bodenverhältnissen wie jetzt, muss man mit zwölf Minuten rechnen. Hier ist eindeutig die erlaubte zehn-Minuten-Grenze für Kälteaufenthalte überschritten.
Daher empfehle ich die folgende Vorgehensweise: ich überquere die Ampel am Hackeschen Markt Richtung Rosenthaler Straße. Einkaufen muss man schließlich immer, also suche ich zielstrebig den Edeka-Supermarkt gegenüber von den Hackeschen Höfen auf und halte mich dort 5 bis 15 Minuten auf, um Dinge des täglichen Lebens zu kaufen und meine Körperwärme zu regulieren. Nebenan ist Rossmann, Shampoo und Klopapier ist eigentlich auch irgendwie dauernd alle, also ergreife ich die Gelegenheit, erneut etwas Wärme auf Vorrat zu speichern und dennoch meinem Ziel etwas näher zu kommen. Gut temperiert nähere ich mich der Kreuzung Weinmeisterstraße. Das Tragen der schweren Einkaufstüten regt kontinuierlich den Kreislauf an und ich wirke aktiv dem Abfallen der Temperatur entgegen. Wir nähern uns Butter Lindner auf der linken Seite, ca. hundertfünfzig bis zweihundert Meter schräg gegenüber vom Drogeriemarkt entfernt. Da man wie immer anstehen muss, ist in den nächsten zehn Minuten nicht mit Kälteeinwirkung zu rechnen. Hier gilt es, sich von der Eingangstür fern zu halten und unmäßige Nähe zu inkognito erkälteten Kunden (Achtung!: Hochziehen, Räuspern, aufgeraute Nasenlöcher) zu meiden bzw. den Schal, der uns stets als Mundschutz dient, nur für die Dauer des Verkaufsgesprächs zu entfernen.
Sind wir bei Butter Lindner fertig, überqueren wir die Sophienstraße und begeben uns so schnell wie möglich zum Eingang der teilüberdachten, gut geschützen Sophie-Gipshöfe, um ohne übermäßigen Körperwärmeverlust in ca. drei bis vier Minuten am Ziel zu sein. Neuerdings bietet sich noch ein weiterer Wärmestopp an, da neulich ein Riccardo Dingsbums-Schuhladen Ecke Sophienstraße oder ist es Ecke Gipsstraße (?) aufgemacht hat. Das ist allerdings nur eine Empfehlung, wenn Geld gerade gar keine Rolle spielen sollte. Das war jetzt auch nur ein Wegbeispiel. Sicher entdecken Sie nach Lektüre dieses Eintrags ausreichend Möglichkeiten bei sich, um unnötig lange Aufenthalte in der Kälte zu modifizieren und somit Ihren persönlichen Beitrag zur Volksgesundheit zu leisten.
Und immer daran denken: DER HIMMEL IST BLAU
g a g a - 2. Dezember 2010, 23:59
Eigentlich müsste ich mal zum Briefkasten und auch etwas einkaufen, aber ich kann mich nicht aufraffen.