24. September 2012



Heute nach ungefähr zwölf Jahren wieder eine Frau getroffen, mit der ich früher arbeitsmäßig zu tun hatte. Wir haben immer gerne miteinander geplaudert, um nicht zu sagen geblödelt. Mit einem gewissen Lauern im Ton fragt sie mich "Und? Inzwischen mal geheiratet?" Ge-was? "Geheiratet?" Ich merkte währenddessen, während mich das Befremden einholte, wie ich selbst von meinem Befremden befremdet bin. Warum verwundert mich die Frage so maßlos? Als wäre ich von einem anderen Stern, wo Heiraten nur einer ganz selten vorkommenden Spezies vorbehalten ist. Na ja, wie auch immer. Sie selber ist verheiratet, aber hat die eine oder andere Anmerkung gemacht, die ahnen lässt, dass das Gegenteil für Sie mit fortgeschrittenen Jahren auch nicht unerstrebenswert erscheint. Ich bin da ganz undogmatisch. Ich wollte schon zigmal heiraten. Also nicht praktisch, nur so romantisch-theoretisch angeträumt. Ist aber nie dazu gekommen. Ich habe es auch nie forciert, nie etwas in den Raum gestellt. So konkret war es dann letztlich auch nicht gemeint. Ich habe nach wie vor kein Dogma und kann mir sogar vorstellen, dass ich mich erst mit Hundert so weit fühle, wenn man eben denkt, es passt. Oder halt auch nicht.



Ganz bestimmt ist es eine meiner größten persönlichen Lebensleistungen, dass ich so viele tradierte, an mich gerichtete Erwartungshaltungen ohne Nachwehen abgeschüttelt habe. Bei anderen durchaus mit Wehen verbunden, tatsächlich am wenigsten bei mir. Was schreibe ich da nur. Aber so ist es. Am allerwenigsten beneide ich meine Mitmenschen um die engen Verstrickungen in traditionelle, familiäre Rituale, wenigstens nicht, wenn sie mir den Eindruck vermitteln, als sei das meiste daran eher lästig, ein Opferakt, um des lieben Friedens willen. Das Schwierigste ist, sich selbst begreiflich zu machen, dass man kein schlechtes Gewissen haben muss, nur weil man einen völlig andersartigen Lebensstil vorzieht, in dem kein Platz für gewisse ererbte Traditionen ist, weil das Leben eben sehr kurz ist. Nichts gegen althergebrachte Rituale, aber man muss einen Draht dazu haben, sich darin wiederfinden. Das lässt sich nicht erzwingen und nicht herbeibeten. Das schreibe ich, weil es viel mit mir zu tun hat.



Aber auch, weil ich es bei anderen spüre. Dieses Korsett. Drückende Stäbe über den Rippen, um den Brustkorb. Es ist völlig erlaubt, eigene Traditionen zu erfinden. Für sich selbst, man muss sie nicht einmal an Kinder weitergeben, nicht weitervererben. Man kann sie nur für sich kultivieren. Bloggen als Beispiel. Hauptsache, man hat das Gefühl, es ist eine Tradition, der man sich mit Leib und Seele gerne hingibt, ohne das Gefühl, Lebenszeit zu opfern, und: um sich dabei wenigstens in irgendeiner Form gesegnet zu fühlen. Ein Opfer sollte mit einem Gefühl des Segens an anderer Stelle - oder vielleicht sogar - besser noch - an derselben Stelle - verbunden sein, meine ich. Sonst ist es doch ganz unnütz, oder?

23. September 2012



Montag, 5. März 2012. Das sieht mir doch noch nicht nach Frühlingswetter aus. Den braunschwarzen Zebrafake-Rock hatte ich auch in schwarzweiß, daraus habe ich Bezüge für meine beiden Küchenstühle gemacht. Hier angucken. Jeden Tag erfreue ich mich daran! Müsste ich mal waschen, ist aber Gefrickel, die Bezüge von den Stühlen zu machen. Obwohl, jetzt wo ich es schreibe, nimmt es mich ein bißchen in die Pflicht. Ich möchte ja nicht als Schlamperliese dastehen. Ich bin sehr auf Reinlichkeit bedacht. Nur Bügeln kann ich nicht ausstehen, lieber hänge ich die Sachen klatschnass auf und zurre sie ein bißchen zurecht. So komme ich schon ein paar Jahrzehnte durchs Leben. Weiß gar nicht, wann ich zuletzt ein Bügeleisen benutzt habe. Ich hab eins, für absolute Notfälle. Wenn ich ein Teil aus dem Schrank ziehe, das blöde Falten hat, weil es unvorteilhaft gehangen hat, schmeiße ich es lieber in die Waschmaschine und hänge es dann klatschnass auf. Außerdem ist es dann frisch gewaschen, das fühlt sich immer super an. Ich hätte gerne jemand, der mir die Wäsche macht. Das wäre eigenlich so die einzige Dienstbarkeit, die ich gerne in Anspruch nehmen würde, aber ohne dass jemand zu mir heim kommt. Ich würde die Sachen in die Wäscherei bringen und tiptop geplättet abholen. Dann hätte ich vielmehr weiße gestärkte Blusen oder Hemden oder Hemdblusen. Hab ich auch, aber die könnten noch besser aussehen, wenn ich mich nur zum Bügeln durchringen könnte! Es ist ein Kreuz. So hat jeder sein Päckchen mit dem Haushalt zu tragen. Und Fenster putzen ist auch nicht meins. Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Meine Putzanfälle stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit angekündigten Handwerkerbesuchen, Heizungsablesern oder von seltenen Freunden. Das halte ich allerdings auch für sehr effizient, da ich dann viel schneller staubsauge etc. als ich es sonst machen würde. Einfach ökonomischer! Auch hat es dann so eine Art Workout-Charakter, ich komme total ins Schwitzen. Nur meine Knie leiden dann immer ein bißchen, weil ich beim Staubsaugen immer auf den Knien rutsche. Ich staubsauge nämlich sehr gründlich, ganz ohne Düsenaufsatz, jeder Quadrat-Millimeter wird mit größtem Hochdruck bearbeitet. Dann ist aber auch wieder gut, für ein Weilchen. Wenn man das so supergründlich macht wie ich, muss man es auch nicht jede Woche machen, bin ich der Meinung!

23. September 2012



Ich meine, das wäre das letzte Mal gewesen, dass ich die Kamera auf die Sophienstraße gehalten habe. Für mich ist die Sophienstraße in den letzten Jahren eine Art autobiographischer Eckpfeiler geworden, genauso wie die Gipsstraße, die Rosenthaler, die Joachimstraße, die Linienstraße, die Auguststraße. Ich kann mich oft nicht mehr recht an Nebenstraßen erinnern, wo ich früher gewohnt habe. Manchmal vergesse ich sogar den Namen der Straße selbst, wenn es lange her ist, wie in Wilmersdorf. Eine Frau, die mich lange kennt, meinte letzte Woche, "Ah ja, ich erinnere mich, da hast du doch in der Rauenthaler Straße gewohnt." Ich war irritiert, weil ich überrascht war und dachte, ich könnte mich nicht recht erinnern und glaubte ihr dann, obwohl ich nicht ganz sicher war. Für mich hatte sie dann eben einfach recht. Jetzt erst, wo ich das schreibe, fällt mir ein, es war die Straße daneben oder eine Parallelstraße. In der Rauenthaler habe ich nie gewohnt, bin aber oft durchgelaufen. Na ja. Jedenfalls ist die Sophienstraße so ein fester Bestandteil meiner inneren Heimatlandkarte. Ich gehe schlafwandlerisch entlang, nehme nur beiläufig kleine Veränderungen wahr und bin meistens in Gedanken oder blinzle in die Sonne und denke daran, was der Tag wohl bringen wird, wenn ich morgens entlanglaufe. Für Touristen hat die Sophienstraße eine andere Bedeutung. Sie erschließen sich ein Stück altes Berlin, das sehr liebevoll saniert wurde und gehen spazieren, setzen sich ins Sophieneck, gucken auf die kleine Karte, wo genau nochmal die Synagoge ist. Solche Sachen. Im Dezember gibt es so einen hippiemäßigen Weihnachtsmarkt, der sich nur über die Sophienstraße erstreckt. Dann hängen große Sternlampions an Strippen über die Straße gespannt, das ist ganz putzig. Klein aber fein, wahrscheinlich der kleinste Weihnachtsmarkt von allen, ich kenne keinen kleineren. Diese Bilder vom vierten März sehen richtig herbstlich aus, denke ich gerade. Passt eigentlich ganz gut. Auch wenn wir heute in Berlin eine freundliche Spätsommersonne haben. Muß mal was zum Frühstück machen. Und noch mal Kaffee kochen. Habe eine große Tasse auf den graublauen Teppich gekippt. Was für ein Riesen-Fleck! Da schrubbt man eine ganze Weile. Die Tasse war randvoll. Mit ordentlich Kaffeesatz. Ich bin richtig ins Schwitzen gekommen beim Bearbeiten der Unglücksstelle. Also nochmal Kaffee kochen.

22. September 2012



Ich gehe vielleicht jeden zweiten oder dritten oder vierten Tag einmal durch die Rosenhöfe. Es ist eine neuere Passage mit vielen neuen Geschäften und ein paar Restaurants, die ein paar Hundert Meter weiter einen weiteren Zugang zu den Hackeschen Höfen gewährt, ebenfalls von der Rosenthaler Straße aus. Im Eingangsbereich von der Rosenthaler ist noch viel von der alten Bausubstanz erhalten, besonders die schöne verschnörkelte Treppe, die ich noch im alten Zustand kenne, als das heute vergoldete Schmiedeeisen noch schwarz war. Man hat einem sehr verspielten Architekten freie Hand gelassen. Selten sieht man sonst rosa Fassaden und bizarre Schnörkel. Ich mag diese Passage gerne. In dem Yoga-Studio war ich noch nie. Ich war überhaupt noch nie in einem Yoga-Studio oder einer Yoga-Stunde.



Ich habe einmal ein Video von Ralf Bauer gesehen, da macht er Yoga-Übungen auf einem Felsplateau auf Sardinien, glaube ich. Das hat allerdings weniger den Wunsch bei mir geweckt, in einer Gruppe, wie man es im Video sieht, Yoga-Übungen im Sonnenauf- oder untergang zu praktizieren, als vielmehr, einmal dort herumzuwandern, ohne Gruppe. Eine tolle Landschaft war das. Glattes Felsplateau mit unterschiedlichen Erhebungen, darunter das Meer. Ich kannte mal jemanden, den ich unregelmäßig getroffen habe und der aufgrund seiner offenkundigen Vergesslichkeit jedesmal den Impuls hatte, mich zu fragen, ob ich eigentlich Yoga machen würde. Oder meditieren? "Du wirkst so unglaublich entspannt, wie machst du das?" Ich musste immer lachen. Meine Art der Meditation - für Fortgeschrittene! Aber das Angebot heutzutage, dass man es jederzeit spaßeshalber mal machen könnte, ist schon ganz super. Ich könnte mir ohne Weiteres vorstellen, dass ich durch die Rosenhöfe laufe und mir Gwyneth Paltrow in pinker Turnhose und rosa Yogamatte, nach ihrer Spirit-Yoga-Doppel-Stunde, über die verschnörkelte Treppe entgegenkommt. Das wäre absolut stimmig. Ich glaube in der Internet-Bunten steht heute, dass sie in letzter Zeit Depressionen hat und Therapie machen muss. Wahrscheinlich zusätzlich zum Yoga. Früher gab es in meinem näheren Bekanntenkreis zwei Menschen, die regelmäßig meditiert haben, so nach Gebrauchsanleitung. Man setzt sich auf so einen Puff, also so ein rundes, ausgestopftes Bodenkissen, gerne in einem Zentrum mit anderen oder im Schlafzimmer und dann wird nach Gongschlag innige Stille geübt und versucht, an nichts zu denken bzw. nicht zu denken und tief geatmet. Im Hier und Jetzt, wie es immer so schön heißt. Ich war einmal dabei, in so einem buddhistischen Zentrum.



Ich musste blöderweise vor lauter Konzentration auf Nichts und Stille und Atmen dauernd schlucken, mein Mund war ganz trocken und ich habe gehofft, dass die anderen mein Schlucken nicht hören und dann schlussfolgern, dass ich total unentspannt bin, was ich entgegen meiner sonstigen Verfassung auch war, und dass es recht bald vorbei ist. Selten war ich so verkrampft! Alle haben eine ähnlich unbequeme, zum Teil verknotete Sitzhaltung auf dem Boden eingenommen, das war mir schon zu reglementiert. Mir war einfach nur langweilig, obwohl ich mich noch nie mit mir alleine gelangweilt habe. Lieber wäre ich rücklings im Gras gelegen und hätte in die Wolken geguckt und an alles Mögliche gedacht, aber nicht zwanghaft an Nichts. Aber ich bin sowieso nicht die ideale Zielgruppe für buddhistische Rituale und diese ganzen religiösen Zeremonien mit festgelegten Abläufen. An Indien fasziniert mich zum Beispiel durchaus die Opulenz der Farben und Formen, die Kunstgeschichte, die Architektur, meinethalben noch das Kamasutra und ein bißchen Dichtkunst, aber die religiöse Sichtweise ist mir eher suspekt. Nicht falsch verstehen - jeder, wie es ihm gefällt - nur mich bitte nicht belehren oder bekehren wollen.

22. September 2012



Ikonographie. Ob ich regelmäßige Leser habe, die noch nie in Berlin waren? Das übersteigt gerade meine Vorstellungskraft. Bald könnten die Bilder von einem Oktobertag sein. Im März gab es noch keine Blätter an den Bäumen. Die Decken wurden immer noch mit auf die Stühle gepackt. Jetzt sind sie zurückgekehrt, für den Abend draußen. Wie oft mag ich über den Hackeschen Markt gelaufen sein, in den letzten dreizehn Jahren? Viele Tausend mal, an manchen Tagen mehrmals. Als ich von Wilmersdorf nach Mitte zog, war der Hackesche Markt noch nicht vollständig bebaut, da wo heute das Haus mit dem Lokal Ossena steht, gegenüber von den Hackeschen Höfen, war eine Brachfläche, eine wilde Wiese.



Jetzt ist alles fertig, es gibt keine unbebaute Ecke mehr, soweit ich es überblicke. Es ist gut geworden, ich kann keine erheblichen Bausünden feststellen. Die Fassaden-Reklame-Schilder der Hackeschen Höfe mit goldener Schrift auf schwarzem Grund haben mich von Anfang an erfreut. Alle Mieter haben ihren Schriftzug und ihr Logo farblich angepasst. Es sieht schön aus. Die farbliche Reduktion ist vielen Schriftzügen zuträglich. Sogar das Sparkassen-Logo wirkte auf einmal elegant. Die Sparkasse ist schon wieder ausgezogen, nach gegenüber, dort dürfen sie wieder in Rot-Weiß ihre Reklame machen, nicht so attraktiv. Ich bin aber trotzdem seit ewigen Zeiten mit meinem Konto dort. Der Geldautomat, und der Kontoauszugsdrucker, den ich am häufigsten besuche, ist in der Zweigstelle am Hackeschen Markt.



Ganz oft gehe ich zu Edeka in der Rosenthaler Straße. "Frank Budie" steht dran, im blau-gelben Edeka-Schriftzug. Neulich hat mich die eine Kassiererin angesprochen, eine Hübsche, mit kurzen blonden Haaren, so um die Fünzig, dass sie mich schon lange nicht mehr gesehen hätte. Ich habe ihr von meiner Aldi-Sparaktion erzählt und dass ich aber jetzt draufgekommen bin, dass Edeka in dem "gut und günstig"-Sortiment preisgleiche Angebote hat, prima Eiscreme zum Beispiel, und dass ich jetzt wieder regelmäßig kommen werde. Sie hat sich gefreut! Ich finde das toll, wenn mir eine Kassiererin sagt, dass sie mich vermisst hat. Überhaupt sind die Kassiererinnen beim Frank Budie-Edeka unheimlich familiär.



Immer ein nettes Wort, eine kleine aufmunternde Bemerkung, irgendwas. So macht einkaufen Spaß! Bei Aldi erlebt man das nicht ganz so oft, auch wenn man Stammkunde ist. Nur neulich,



bei Aldi in der Brunnenstraße hat mich der junge Filial-Leiter, der auch manchmal selber kassiert, an der Kasse gefragt, ob ich nicht erst gestern da gewesen wäre und auch schon so viel Sahne-Kefir gekauft hätte. "Da müssen Sie mich wohl verwechseln - oder ich habe eine Doppelgängerin!" Auf jeden Fall ist es sonst nicht so seine Art, solche Sachen zu sagen, aber ihm war wohl nach ein bißchen Kommunikation. Also auch sehr nett! Überhaupt kann ich mit den meisten Kassiererinnen und Kassierern recht gut, stelle ich fest. Es gibt selten ein Verständigungsproblem. Eine Berufsgruppe, die starke Nerven und viel Konzentration bei der Arbeit braucht, denke ich mir. Respekt! Am Hackeschen Markt ist auch die S-Bahnhaltestelle, die mir am nächsten ist und wo ich am öftesten einsteige. Die andere nächste wäre die S-Bahn-Haltestelle in der Tucholskystraße, "Oranienburger Str.", da fahre ich aber nicht so oft. Und wenn ich mit der U-Bahn Richtung Süden muss, gehe ich zur Haltestelle Weinmeisterstraße, wenn ich nach Norden muß, direkt zum Rosenthaler Platz. So jetzt wissen alle Bescheid!

20. September 2012



Wilfried Fitzenreiter hat die Mädchen gemacht. Die Füße gefallen mir. Und die Hände. Auch die anderen Körperteile. Der Gesichtsausdruck nicht so besonders, so ungefähr stelle ich mir Kohlhiesels Töchter vor. Nur aus einem bestimmten, hochkomplizierten Winkel sieht die Frau mit dem langen Zopf nicht rammdösig aus. Geradezu apart habe ich sie in der Nahaufnahme hingekriegt, erstaunlich. Vielleicht waren es ja erinnerte, frühere Geliebte des Bildhauers oder irgendwelche Mädchen aus der Nachbarschaft. Man weiß es nicht. Egal. Wobei eigentlich schon recht gewagt, wie sie da so nackig sitzen und mit den Beinen in die Spree baumeln und Richtung Dom gucken. Der Berliner Dom ist evangelisch. Weiß gar nicht, wie es die Evangelen so mit der Barbusigkeit in aller Öffentlichkeit halten. Meine Sache ist das ja nicht. Ich bin überhaupt recht prüde, wenn es um öffentliche Badeanstalten geht. FKK-Strände, Gruppenumkleidekabinen, Gruppenduschkabinen, Schwimmbad, Sportunterricht. Alles ganz schwierig. Unangenehme Kindheitserinnerungen. Die Blicke - - - Gleichaltriger, Älterer. Egal, Blicke. Verschämtes, vorgebliches Vorbeigeblicke. In einer öffentlichen Sauna wird man mich nie antreffen, außer ich wäre dort garantiert ganz alleine. Aber auch mit einer Freundin wollte ich nicht nackig in einer Sauna schwitzen. Schweiß, Körperflüssigkeiten, das ist mir alles zu intim, zu sexuell konnotiert. Nicht, dass mich die fremden Leute erregen würden, eher mit ihrer unwiderruflichen, entblößten Fleischigkeit mit Haut und Haar, massiv vom Eigentlichen ablenken. In der Fotografie kann ich mich dagegen durchaus für nackte Tatsachen in meisterlichem Licht begeistern. Da schaut nur einer in eine Richtung. Ich auf das Foto oder umgekehrt, kein Austausch, keine Hitzewallungen, keine verschwitzten Zwangsassoziationen, kein Gebaumel, keine Gerüche, keine Blicke, keine verlegenen Gespräche, sehr angenehm. Weiter am Ufer entlang. Unter der Brücke durch. Heim. Richtung Hackescher.


17. September 2012



Noch einmal hin, jetzt wo die Kuppel aufhat, im März. So lange es Frost gibt, bleibt der Kuppelrundgang draußen unzugänglich, man könnte hinfallen und ausrutschen auf dem Eis, da oben. Ich bin schnell zum Ticketschalter im opulenten Treppenhaus, sieben Euro Domerhaltungsgebühr muss man entrichten. Dann dachte ich, weil ich erst zwei Wochen vorher da war, ich würde mich schon super auskennen und bin an den kurfürstlichen Sarkophagen vorbeigedüst und habe irgendwie den Treppenaufgang nicht mehr gefunden. Ein netter Aufpasser in Uniform, der ein bißchen wie Sidney Poitier ausgeschaut hat, war mir sehr behilflich. Er war zum Scherzen aufgelegt, ich weiß nicht mehr genau, was er alles an lustigen Sachen gesagt hat, aber ich habe mitgespielt und die passenden blödsinnigen Antworten gegeben, die er gerne haben wollte. Dann ist er ernst geworden und hat mich fest angeschaut und gemeint: "Sie haben etwas Wichtiges im Leben verstanden: Sie haben Lebensfreude - das spürt man!" Oh ja, ich hatte Lebensfreude an dem Tag und habe sie noch. Mein Gefühl hier ist niemals: "Na ja, bin ich eben hier" sondern immer "Dass ich hier sein darf! Danke, dass ich hier sein darf". Als könnte mich jemals jemand wegschicken, weil ich es nicht genug verdiente, hier zu sein. Aber ich strenge mich stets an, ich mache mich verdient, wie man sieht. Schließlich muss ja irgendjemand, der hier wohnt und deswegen auch viel mehr Zeit dafür hat, ausgiebig auf die ganzen Kuppeln gehen, und schöne Fotos machen, ganz viele. Nicht bloß eins oder zwei sondern aus allen Winkeln. Deswegen hat es Gaga Nielsen auf jeden Fall verdient, hier zu sein. Ich werde mich auch immer weiter bemühen und Berlin niemals Schande machen, das verspreche ich. Außerdem will ich hier später einmal begraben sein, weil ich hier zuhause bin. Hier unten und auch ganz oben im Himmel, in den Lüften, weil ich auch ein bißchen wie ein Vogel bin.




16. September 2012



Gaga Nielsen zum Weltgeschehen.
"Pictures full of Joy"

►watch on youtube

14. September 2012



Gott weiß, ich würde lieber andere Einträge schreiben! Tippe ich hier mit der halb geleerten Bordeauxflasche, auf Sichtachse linker Augenwinkel. Ah! Muss schon wieder schlafen. Ich finde, die Einträge hier müssten irgendwie wieder opulenter werden, spritziger, glamouröser. Ach ja, das wäre schön. Heute mit einem Herrn telefoniert, der mir vorab schrieb, per Mail. Manchmal würde man gerne Namen fallen lassen. Er klagte mir ein interessantes Leid, es hat mit dem Phänomen zu tun, dass aus seiner Perspektive uferlos viele junge, hochtalentierte Menschen in kreativen Berufen tätig werden wollen, sogar unbezahlt, aber ganz schwer jemand für den alltäglichen, verwaltenden Arbeitsanteil zu finden ist. Sehr interessant. Ich hätte gedacht, selbst darum reißen sich junge Menschen, die gerne was mit Film zu tun haben wollen. "Irgendwas mit Medien". Der Herr betreibt eine nicht ganz erfolglose Filmproduktionsfirma. Immerhin war sein Anruf nicht ergebnislos. Vielleicht sollte ich mich mal bei ihm bewerben. Hatte eine angenehme Stimme. (...aber die Miete...)

10. September 2012

Meine Nerven. Gerade eine entscheidende Passage zum Berliner Mietrecht gelesen.

Eigenbedarf: Sperrfristen in Berlin

In folgenden Bezirken gilt seit dem 1.9.2011 eine von der Berliner Landesregierung festgelegte 7-jährige Sperrfrist:

Mitte
Charlottenburg-Wilmersdorf
Friedrichshain-Kreuzberg
Pankow*
Steglitz-Zehlendorf


* zu Pankow zählt seit der Bezirksverwaltungsfusion auch der Prenzlauer Berg

Ich nehme es jetzt als ein gutes Omen, dass das Gesetz an meinem Geburtstag erlassen wurde. Und sieben Jahre ist auch eine schöne Frist. Habe die letzten Stunden mit Lektüre von Kündigungsrecht wegen Eigenbedarf verbracht. Seit ich vor drei Stunden eine Mitteilung einer Immobilienvertriebsgesellschaft aus dem Briefkasten gezogen habe, die besagt, dass das Haus in dem ich wohne, in Eigentumswohnungen geteilt wird und ich ein Vorkaufsrecht habe. Ich bin hier so zuhause, aber ich habe keine Lust, einen Kredit aufzunehmen, um "meine" Wohnung zu kaufen. Das würde ich auch nicht machen, wenn genug Geld auf dem Konto wäre. Ich will keine derartigen Besitztümer und Verpflichtungen haben, keine Eigenverantwortung für Reparaturarbeiten. So, erst mal Luft holen. Wer auch immer die Wohnung kaufen wird, kann sie frühestens in sieben Jahren nach dem Kauf beanspruchen. Wusste gar nicht, dass es solche Sperrfristen gibt. In anderen Bezirken beträgt die Frist nur drei Jahre. Vielleicht weil die oben genannten besonders anfällig für Spekulation mit Immobilien sind, siehe Mietspiegel. Erst die Mieterhöhung vor gut einer Woche und jetzt diese Neuigkeit. Ich muss jetzt mal ein bißchen runterkommen, hat mich doch sehr aufgewühlt. Morgen frage ich mal, wie teuer die Wohnung eigentlich verkauft werden soll, nur um mal die Dimension zu realisieren. Alles ist in Bewegung. Selbst wenn ich in sieben Jahren nach dem Verkauf eine Kündigung bekäme, müsste der Eigenbedarf immer noch exzellent begründet werden. Der Eigentümer muss tatsächlich den Verwandtschaftsgrad und die Situation erhellen. Einfach nur Eigenbedarf benennen ist nicht ausreichend. Das entfernteste Verhältnis darf Nichte oder Neffe sein aber nicht weiter. Und auch nur dann. Oh là là. Man lernt nie aus. Eigentlich schon ein erstaunlicher Mieterschutz. Hätte ich nicht gedacht. So, das ist das Neueste aus meiner weltlichen Existenz. Ich muss unbedingt was Geistreiches trinken und mich erholen.

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ANH 19. APRIL 2024...
19.04.24, 12:57
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Ina Weisse Wusstest...
17.04.24, 13:33
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17.04.24, 00:21
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Ina Weisse Oh das...
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Eckart Britsch 1968...
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Christoph M. Haha,...
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Ich hoffe, das ist...
14.04.24, 11:17
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Eckart Britsch Rom...
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