14. April 2014



Undramatisch. Bin gerade ein bißchen mehr in meiner anderen, dreidimenisonalen Welt. Jenseits der geliebten, luftigen, elektrifizierten. Repariere Sachen, arbeite zuverlässig. Bohre und schraube ein bißchen rum (also wirklich, nicht am Computer). Lese. Suche und finde - zum Glück - Ruhe. Hier bei mir. Daheim. Gucke ab und zu was im Fernseher kommt. Mehr als früher. Schalte aber auch oft frühzeitig wieder ab. Wie heute. Wie gestern. Zu viele Kochsendungen ohne Besichtigungsmöglichkeit von Privatwohnungen. Schon bin ich desinteressiert. Dagegen manche lustige oder auch einfach nur interessante Konversation oder Beobachtung im Alltag. Eine Frau, beinah so alt wie ich, feiert ihren fünfzigsten Geburtstag. Sie erzählt von einer Schiffsfahrt auf der Donau von Passau bis Wien. Hat sie sich gegönnt. Allein. Tochter hat gerade Abi-Prüfungen. Sie schon eine Weile glücklich geschieden. Erzählt von einem Flirt mit dem Barkeeper auf dem Schiff. Ich sehe ihn vor mir. Ich sehe aber keinen Mann unserer Generation. Ich sehe einen um einiges jüngeren Mann vor meinem geistigen Auge. Ungefähr Mitte Dreißig. Obwohl sie ihn in keinster Weise näher beschrieben hat. Nur, wie er gezwinkert hat. Ein Bartender auf einem Schiff. Mit dem sie Lust hatte zu flirten. So einer ist nicht unsere Generation. Oder eher selten. Leider... Ich frage sie, ob es ihr ähnlich wie mir geht. Ich sage, dass ich mitunter merke, wie die dann doch weniger werdenden Avancen auch von Herren kommen, bei denen ich innerlich Formulierungen wie "Was bildet sich der alte Sack eigentlich ein...?" in freier Schwebe in meinem Kopf registriere. Bei näherer Betrachtung oder Nachfrage stellt sich dann vielleicht heraus, dass es sich um Angehörige meiner Generation handelt. Die sich eben nicht so gut gehalten haben. Wie ich mir von mir gerne einbilde. Was aber nicht in dem Ausmaß stimmen kann, wie ich es gerne von mir empfinde. Denn sonst wären ja die Avancen der jüngeren Generation nennenswerter. Was man sich so einbildet. Sie bestätigt jedenfalls, dass sie auch eine verzerrte Wahrnehmung hat, was die Zugehörigkeit zur eigenen Generation angeht. Dann Frauen der eigenen Generation in der Öffentlichkeit. Ohne Namen zu nennen - aber Unterspritzungen lassen einen selten jünger und frischer aussehen. Das Phänomen bei solchen Eingriffen ist ja erschreckenderweise, dass ein sichtbarer Eingriff immer die Assoziation von einem noch weit fortgeschrittenerem Alter auslöst, als der Personalausweis offenbaren könnte. Kaum erkennt man die Unter- und Aufspritzung und die operative Straffung, denkt man an ein Lebensalter zwischen Mitte Fünfzig und Siebzig plus. Ein ganz heikles Unterfangen. Selten wirklich gelungen zu beobachten. Ich wäre ja nicht dagegen, wenn es wirklich gute Beispiele zu sehen gäbe. Wird es wohl auch geben, aber da ist dann wieder Diskretion das Maß aller Dinge. Die angekündigten Bikini-Fotos kommen auch noch irgendwann, aber um nicht weiter kryptische, Teaser-mäßige Andeutungen zu machen - wenn ich je von Bikini-Fotos erzähle, geht es um ein Stück Berliner Architektur. Ich habe aktuell keine Pläne, mich im Zweiteiler aus Stoff zu präsentieren. Wir haben ja momentan auch gar nicht das Wetter dafür. Obwohl, heute war schon wieder ein bißchen mehr Sonne. Und dann auch noch zur Generations-Neurose fällt mir ein, wie ich mich doch allen Ernstes gefreut habe, dass mich im Supermarkt in der Großen Hamburger Straße an der Kasse ein entschieden jüngerer Mann so von der Seite angequatscht hat. Er war nicht ganz nüchtern, vermute ich. Zumindest zielten seine Pläne für den Feierabend eindeutig in diese Richtung. Wir hatten beide alkoholische Getränke auf dem Förderband. Er meinte dann so ungefähr: "Das wird wohl wild heute Abend!" Ich: "Och nö, nicht so wild..." Auf jeden Fall freut man sich dann auch schon mal, so vor dem demnächst anstehenden, beginnenden fünften Lebensjahrzehnt, wenn man von so einem Mittdreißiger von der Seite angequatscht wird. Also nicht als Mutti. Habe ich eigentlich schon einmal erzählt, was meine absolut favorisierte Männer-Reaktion im Straßenverkehr ist? Auch von Frauen natürlich, da nur noch seltener erfahren: in dem Augenblick, in dem man auf Augenhöhe vorbeiläuft, anfangen ein Liedchen zu summen. Würde ich mich nie beschweren. Wenn sie mir den Tag verschönern wollen, und ich an ihnen vorbeilaufe, fangen sie doch einfach an ein kleines Lied zu summen. Ich liebe das. Nicht pfeifen, keine Bemerkung, keine Sprüche. Nur ein kleines Lied. Das führt auch zu nichts Weiterführendem, aber es macht den Tag ein bißchen frühlingshafter. Und ich weiß dann, dass ich so weitermachen kann. Und noch nicht jenseits von Gut und Böse bin. Alles auf Anfang. Irgendwie. So ähnlich. Sinngemäß. Und so weiter und so f.
zuckerwattewolkenmond - 15. Apr, 00:09

Ich finde

es auch immer sehr schön, wenn mich alte Omis von hinten als "Junger Mann" ansprechen. NICHT!

g a g a - 15. Apr, 00:16

Diese Erfahrung durfte ich Anno 1985 ausgiebig genießen. Lag wohl an der damaligen Styling-Vorliebe für raspelkurze Haare, Herrenanzüge und etwas ungraziösem Laufstil. Hat mich ganz stark motiviet, von Männerfrisuren wieder Abstand zu nehmen. Obwohl ich manchmal Lust auf so eine kecke, platinblonde Irokesen-Struppi-Frisur wie Pink oder diese Hamburger Maklerin hätte. Die Omis sind halt noch auf ladylike Trippelschritte programmiert, wenn Geschlechter-Identifikation von hinten ansteht. Ich mühe mich auch redlich, dem etwas zuzuarbeiten. Aber ein Liedchen auf den Lippen bei jemandem zu provozieren, ist schon schön, oder? Das bescheinigt mir immerhin eine gewisse Musen-Schlüsselqualifikation. Mein Kerngeschäft! Unter anderem. Neulich, vor ungefähr einem halben Jahr, hat tatsächlich eine ca. siebzigjährige, sehr schicke Lady angefangen zu summen, als ich ihr im Ausgang der Sophienstraße (fast) in die Arme lief. Ich spürte deutlich, dass sie das Ethno-Muster meines Pullovers ganz stark inspiriert hat! Man fühlt diese Dinge einfach!
zuckerwattewolkenmond - 15. Apr, 00:23

Wer möchte andere nicht zum Singen bringen? Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, als ich jeden Morgen an einer Baustelle vorbei zu meiner Arbeitsstelle gehen mußte und jeden Morgen rief mir dort ein Bauarbeiter hinterher: "Da geht ja die Sonne auf, da geht ja der Mond unter!" Fand ich damals etwas albern, eigentlich mag ich ja das Hinterhergerufe oder Gepfeife nicht, aber ich habe es nicht vergessen. *gg*
g a g a - 15. Apr, 00:33

Das grenzt aber schon ganz stark an Poesie!

"DA GEHT JA DIE SONNE AUF, DA GEHT JA DER MOND UNTER!"

Ich bin jetzt ein bißchen neidisch. Aber ich gönne es dir und freue mich mit! Ganz stark hat mich auch schon von jeher immer inspiriert, wenn seinerzeit (ja das war leider alles früher) der eine oder andere flüchtige Kollege die viel zu selten praktizierte, schöne Berliner Redewendung "Da kommt ja wieder meine Sonne!" zur Aufführung brachte. Auch erinnere ich gerne eine ältere Dame, mit der ich vorübergehend zusammenarbeiten durfte (sie hatte in der Konstellation quasi Herrschaftswissen), die mich wiederholt als Zuckerschnecke ("Na, Sie sind mir ja so eine kleine Zuckerschnecke!") titulierte. Meistens hatte ich vorher irgendeine neue Arbeitstechnik eingeführt, die nicht den Gepflogenheiten entsprach, aber durchaus vereinzelte Sympathien auszulösen vermochte).
zuckerwattewolkenmond - 15. Apr, 00:45

Hi hi,

Zuckerschnecke ist auch schön. Aber irgendwie war früher sowas tatsächlich mehr als heutzutage. Man wirkt mit dem Alter eben auch gesetzter. Mein inoffizieller Spitzname einige Jahre lang unter Kollegen war "Susi Sonnenschein".
g a g a - 15. Apr, 01:00

"Susi Sonnenschein" kann ich wirklich nicht toppen.
Toll. Toll. Toll.
(I love it! ... ich dachte schon öfter mal, wenn man mich zwingen würde, ein Kinder- oder Mädchenbuch zu schreiben, würde die Hauptprotagonistin "Jenny Sonnenschein" heißen! Kein Scheiß! Aber ich habe leider keine Motivation, Bücher zu schreiben. Wie gerne würden junge Mädchen von den pubertären Erlebnissen von Jenny Sonnenschein erfahren.... aber es hat halt nicht sollen sein!)
zuckerwattewolkenmond - 15. Apr, 01:06

Blöd nur,

daß Susi Sonnenschein als Pseudonym für eine Autorin psychologischer Romane und Thriller eher unpassend ist. Und zu Kinderbüchern habe ich auch keine Ambitionen. Deshalb bleibt das mein völlig geheimer Deckname.
g a g a - 15. Apr, 01:10

Ich halte dicht!
Versprochen!
(Gute Nacht...!)
arboretum - 15. Apr, 15:58

Werden Sie auch häufiger mit "junge Frau" angesprochen - von anderen Frauen, die etwa gleich alt oder sogar deutlich jünger sind? Einer Freundin und mir passiert das mitunter, ich finde das etwas irritierend.

g a g a - 15. Apr, 16:18

"junge Frau" höre ich auch immer mal wieder, und zwar auschließlich von anderen Frauen, die entweder eindeutig deutlich älter sind, oder von Frauen, die ich für ungefähr grob gleichaltrig halte, bzw. nur minimal älter. Meistens aber ein Typus, der vom Ausdruck und Habitus keine kindlichen oder jugendlichen Anteile miehr mit sich herumträgt. Eben echte Erwachsene! Nicht solche Mogelpackungen wie ich. Obwohl ich meine, neulich hätte mich sogar ein junger Mann so tituliert, ich glaube von einem Stand von Amnesty International oder einer Tierschutzorganisation am Hackeschen Markt. Die bemühen sich auch immer um eine launige Ansprache. Dass vielleicht unter den Damen auch schon welche waren, die sechs Wochen jünger als ich waren, kann ich nicht zuverlässig ausschließen. Man fragt dann ja auch nicht nach. Auf jeden Fall ist "junge Frau" auch in der leicht aggressiven Variante immer noch der Ansprache "gute Frau" vorzuziehen. Das hat glaube ich nur einmal ein Mann am Telefon zu mir gesagt. Mir ist, als wäre das Gespräch dann auch recht schnell beendet worden. Von mir.
schneck08 - 16. Apr, 23:25

Ts, "Zuckerschnecke". Na Sie habens ja gut. Sowas ist mir noch nie!

g a g a - 17. Apr, 00:09

Die Dame (Jahrgang 1941) hätte das auch nie zu einem männlichen Mitarbeiter, Auszubildenden oder Praktikanen gesagt. Sie wären da einfach nicht die Zielgruppe gewesen, von Geschlechts wegen. Damals, Anno 1986, gab es noch einen Ehrenkodex, Anstandsregeln und Benimm. Sonst hätte es ja auch gleich wieder in der Bunten geheißen: "hat sich Frau Müller einen neuen Toyboy geangelt?" Das ist ja jetzt das Standard-Etikett, wenn man als Frau menschlichen Kontakt mit Personen unterhält, die nicht weiblich und laut Personalausweis ein bis zehn Monate oder Jährchen jünger sind, als man selber. Unlängst las ich die ebenfalls ungelenke Bezeichnung oder besser Beleidigung Toygirl in der Konstallation Mann sechzig plus und Frau twentysomething. Hat sich aber nicht durchgesetzt bislang. Man könnte auch die Perspektive einnehmen, dass sich gleichaltrige oder ältere Lebenspartner beleidigt fühlen könnten, dass sie nicht den Ehrentitel Toyboy/Toygirl verdienen, nur weil das Geburtsjahr dem des Lebenspartners stark ähnelt. Ist man etwa schon zu alt dafür, dass mit einem nett gespielt werden kann? Das riecht mir ganz stark nach Diskriminierung. Also wenn ich eines fernen Tages einen knackigen fünfunddreißigjährigen Begleiter habe, möchte ich schon auch gerne als sein Toygirl durchgehen. So alt bin ich noch nicht! Aber das ist natürlich alles Zukunftsmusik. Bis es so weit ist, wird die Evolution ja vielleicht einen Quantensprung gemacht haben. Und dann dürfen endlich alle Zuckerschnecken sein! Amen.

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