26. Oktober 2012



Nie habe ich einen Grund gesehen, mich mit den religiösen Gefühlen des sehr geschätzten Malers Emil Nolde zu beschäftigen. Auch nicht unbedingt an diesem zweiten April Zweitausendzwölf. Ich wollte viel mehr endlich die Räumlichkeiten sehen, der noch nicht so lange existierenden Berliner Dependance der Nolde Stiftung in der Jägerstraße am Gendarmenmarkt. Am ersten Montag eines Monats ist der Eintrittspreis reduziert. Das kann man alles auf der Seite der Stiftung nachlesen. Es gibt dort keine feste Ausstellung, sondern wechselnde Exponate aus seinem gesamten Lebenswerk. Ich kann mich nicht genau erinnern, ob ich wusste, welches Bild mich dort unter anderen erwarten würde. Ich bin keine Freundin von Jesus-Darstellungen, obgleich ich auf Anweisung des Religionslehrers als Kind einige schöne Bilder vom Jesus-Leben gemalt habe. Für "Jesus geht über's Wasser" hat er mir sogar als Preis - die anderen Kinder durften abstimmen, welches das Schönste ist - eine Muschel aus Papua Neuguinea geschenkt. Die habe ich heute noch. Er hat sie selber mitgebracht, er war nämlich dort, wahrscheinlich um den Heidenkindern die "frohe Botschaft" näherzubringen. Oder aus ethnologischem Interesse. Wahrscheinlich eine Mischung. Er war sehr locker drauf, wir mochten ihn gerne. Locken hatte er, wirre Locken. Aber ich wollte ja über die Ausstellung in der Nolde-Stiftung schreiben. Natürlich ist Fotografieren strengstens verboten, was ich auch fast vollständig berücksichtigt habe. Schade nur, dass ich den neunteiligen Altar mit dem Jesus-Leben nicht abgelichtet habe. Das war so ziemlich das comic-hafteste, was ich je von Nolde gesehen habe. Die Farben ganz frisch und knallig. Schon eher Pop Art als Expressionismus. Man muss sich den Eindruck vorstellen wie von einer riesigen Seite mit neun biographischen Cartoons und in der Mitte der arme Jesus recht groß am Kreuz. Religiös berührt hat mich das nicht, aber ich war durchaus von den Socken. Beinah ungelenk gepinselt wirkte es, wie von Kinderhand, unheimlich naiv. Und unheimlich neu. Als hätte es gerade eben eine begeisterte Kinder-Malklasse fertiggestellt. Warum ich aber so von den Socken war, war nicht nur die unverblümte Malweise, sondern die Erkenntnis, die Tatsache, dass ich vor einem der überlebenden Werke aus der Nazi-Ausstellung von 1937 "Entartete Kunst" stand. Es war nicht nur irgendein Exponat in der anprangernden Bilderschau, sondern das Werk, das im Mittelpunkt der Häme stand. Kein Maler war in der Ausstellung mit so vielen Bildern wie Emil Nolde vertreten. Dass es nicht vernichtet wurde, verwundert mich. Aber auch nur im ersten Moment. Die Nazis wussten durchaus um den Verkaufswert expressionistischer Kunst im Rest der Welt. Albert Speer liebte die Bilder von Nolde und besaß eine bemerkenswerte Gemäldesammlung, in deren Anfängen auch expressionistische Malerei einen Platz fand. Man erfährt davon in seinen Erinnerungen, die ich vor einiger Zeit las. Er war auch nicht der einzige in Hitlers Dunstkreis, der den Wert erkannte, allerdings verständigte man sich, nachdem Hitler definiert hatte, was entartet sei, stillschweigend darauf, bestimmte Werke auch nicht mehr in privaten Räumlichkeiten zu zeigen, zu denen Hitler unter Umständen Zugang hatte. Die Bilder wurden kurzerhand im stillen Kämmerchen gebunkert oder verschachert. Das ging mir durch den Kopf, als ich davor stand. Der Altar scheint in Familienbesitz geblieben zu sein, wenn ich nicht irre. Ich bin immer noch keine Freundin von Jesus-am-Kreuz-Gepinsel, es gab aber auch ein erotisierendes religiöses Bild, irgendeine Frau mit viel Rot und Schwarz und einem feurigen Blick, das mir sehr gefiel (finde ich gerade leider nicht). Dass sich religiöse Gefühle und Erotik ausschließen, hat der liebe Gott ja Gott sei Dank auch nie behauptet. Die übrigen Bilder fand ich eher uninteressant, zum Teil sogar misslungen. Zu plakativ, mitunter plump, uninspirierend. Sehenswert jedoch ist die Ausstellungsarchitektur. Nobel, elegant und großzügig, wie es sich in der Jägerstraße gehört. State of Art.


Falkin from outer space - 26. Okt, 07:26

nun, Nolde wird ja nachgesagt, national-stolz und tendentiell rechtslastig gewesen zu sein. Hiervon zeugt u.a. seine Mitgliedschaft in einer Nationalsozialistischen Künstler-AG von der er sich versprach, Unterstützung und Förderung für den Expressionismus als germanische Überkunst zu erfahren. Er erhoffte sich diesbezüglich gar zum künstlerischen ZugPferd des neuen in der NSDAP propagierten Deutschtum-s/ -bewußtseins zu werden. Und jedwelchen Entartungs-Aktionen Marke: Fehlkalkuliert Rubrik: Blöd-gelaufen zum Trotze konnte James van Dyke doch recht glaubwürdig die enge Verbundenheit Noldes mit Himmler aufzeigen. Nun, Ihnen werde ich damit nichts Neues sagen. In diesem Zusammenhang finde ich das Überleben diverser Werke jedoch nicht ganz so verwunderlich.

Seine religiösen Motive bergen tatsächlich etwas karikatureskes. Wobei... - darf manfrau ja garnicht sagen - ich generell dieses nackige, belendenschurzte im Leiden sich hingebende Firmenlogo der größten deutschen Glaubens-GmbH als nicht unkomisch befinde. Liegt wohl an meinem recht speziellen Humor. ^v^

g a g a - 26. Okt, 11:16

Ja, ich weiß, auch Nolde hatte Sympathien für die "neue Bewegung". Wie viele andere hochintelligente Künstler, die irrtümlich erhofften, sie wären bei einer neuen modernen Bewegung ganz vorne mit dabei. Man muss das im Kontext sehen. Die Nazis hatten ein starkes Marketing, die visuelle Aufbereitung im Film und im Merchandising hatte Züge der Avantgarde, heute stufen wir die Anhänger als ewig gestrig ein, das können wir aber nur, weil wir den Rest der Geschichte kennen. Ich habe im DHM (Deutschen Historischen Museum) sehr intensiv die äußeren Versatzstücke des Kultes betrachtet, die mir vorher nur durch Bildmaterial zugänglich waren. Die kraftvolle Sowilo-Rune in Weiß auf Schwarz und die Swastika in einem weißen Kreis auf knallrotem Hintergrund, das würde auch heute wieder funktionieren, wäre es nie dagewesen, gewissermaßen eine kraftvolle, entschiedene Ästhetik wie sie zu einer coolen Metal-Band passen würde. Ich hätte die Nazifahne, rein visuell betrachtet, absolut cool gefunden, die hat wirklich gerockt, ästhetisch. Übrigens ein Entwurf von Hitler. Mitunter hatte er tatsächlich grafisches Talent. Ich finde es wichtig, mit Empathie an die Einschätzung dieser Zeit heranzugehen. Mit pauschaler Verurteilung kommt man nicht weiter, wenn man diese Epoche mit ihrem Grauen und den Folgen bis in unsere Zeit begreifen will.

P.S.
http://gaga.twoday.net/stories/97016624/

http://www.flickr.com/photos/gaganielsen/sets/72157629654401828/
arboretum - 28. Okt, 15:26

Ich sah vor einigen Jahren in der Berliner Nolde-Stiftung eine sehr schöne Ausstellung seiner Aquarelle, dort wurde auch deutlich auf Noldes anfänglich positive Haltung zu den Nationalsozialisten hingewiesen. Malverbot bekam er dann trotzdem, das bedeutete zum einen, dass sie ihm buchstäblich Schnüffler vorbeischickten - deshalb malte er dann Aquarelle. Da lag dann kein verräterischer Geruch in der Luft. Zum anderen konnte er wegen des Malverbots selbst keine Malutensilien mehr kaufen - was sich auf die Farbgebung seiner Gemälde auswirkte. Manche Farben gingen einfach zu Neige oder waren alle. Außerdem bemalte er einige Bilder auf der Vor- und Rückseite, weil das Papier knapp oder aus war.
g a g a - 28. Okt, 15:45

Am stärksten finde ich Nolde bei Portraits. Weniger berühren mich Noldes (späte) Blumenwiesen-Landschaftsbilder, seine beinah impressionistischen Werke. Wahrscheinlich hat man Ähnliches zu oft gesehen, Kalenderbilder, harmlos und nett. Aber auch gelungen, freilich. Das wahre Gesicht, die Fratze jener irrtümlichen, vermeintlichen Götterdämmerung hat einige kalt erwischt. Umso interessanter zu begreifen, es zu versuchen zumindest, worin der Lockstoff des Klebstoffs lag, der erschreckend intelligente, bildende Künstler und auch Schriftsteller bewog, dem für uns aus der Distanz betrachtet, offensichtlich Abgründigen auf den Leim zu gehen. Darüber wurde schon viel geforscht und auch viel Erkenntnis gewonnen. Je mehr man eintaucht, umso mehr versteht man. Ich habe eine Menge verstanden, als ich Leni Riefenstahls und Albert Speers Erinnerungen las. Denn beide waren fortschrittlich orientierte, eigenwillige Künstlerpersönlichkeiten, die vor allem geschmeichelt waren, für die Speerspitze einer neuen (!) Bewegung ausersehen zu sein, verbunden mit konzentrierter Verdrängung grausamer Details, die eigentlich hätten wachrütteln müssen. Der Eitelkeit geschuldet. Es war immer schon etwas Besonderes, als freigeistiger, innovativer Künstler vom Establishment unterstützt zu werden. Lukrativ arbeiten zu können, internationale Anerkennung zu genießen ist der Traum jedes freischaffenden Künstlers. Es ist wohl wahr, Leni Riefenstahl hätte ohne weiteres mit ihrem Talent woanders groß werden können, aber so leicht verlässt man die Heimat nicht, wenn man eine hat. Man muss ihr zugutehalten, dass sie das alles auch angemessen gequält hat, für den Rest ihres langen Lebens. Es stimmt nicht, dass sie uneinsichtig war, das Gegenteil ist der Fall.
Falkin from outer space - 26. Okt, 11:59

vollkommene Zustimmung. Meine Kritzeleien sollten nicht ab-, be-werten, sondern lediglich "neutral" ergänzen. Nun, ich persönlich bin bekennende Anhängerin eben jener von Ihnen erwähnten Ästhetik. Ich verehre und bewundere Riefenstahl und Breker. Zutiefst. Und voller Ehrfurcht derer ich fähig.

Darüberhinaus durch mich ausdrücklich befürwortet: die Rehabilitation der Sowilo. (Wie auf meiner löblichen, indes vorübergehend wintereingeschläferten Heimseite AsatruART ausführlicher ausgeführt.)

...vor vielen Jahren lebte ich kurzfristig in Neuseeland. Dort begegnete mir die Sonnenrune in Übergröße, golden, tausendfach ihre Kraft entfaltend im gleißenden Sonnenlicht auf dem Giebel eines buddhistischen Klosters. Wem stünde es zu, dies zu verbieten?! Ach so ja, der deutschen Regierung.

Die Sinnhaftigkeit den Gebrauch eines sehr alten, "heiligen" Symboles zu verbieten, nur, weil es kurzfristig einer verbrecherischen Gesellschaftsentwicklung symbolisch diente, ist mir nicht nachvollziehbar. Ein Thema für sich. Ein Thema für alle indes wäre jenes, Baseballschläger zu verbieten. Wie mir bekannt wurden wie werden sie nicht selten mißbraucht, jemanden zu erschlagen. ^v^

g a g a - 26. Okt, 12:15

Ja, ich verstehe sehr gut. Ich habe den Ásatrú-Background schon mitbekommen. Duke hat das Problem der Rehabilitation (d. Swastika) in seinem Sonnenrad-Song (den die meisten deutschsprachigen, nicht rechtslastigen Ásatrú wahrscheinlich kennen...) sehr schön thematisiert, auf eine lebensfrohe, heitere Art und mit angemessener Kampfansage.

Sonnenrad Song

Unsere Vorväter schwärzten die Sonne
Und gingen zum Untergang
Ich schwor den älteren Ahnen
Umkehr und Neuanfang

Beim Horn, das ich hob zum Schwören
Von Freunden ist es bezeugt
Die Swastika, die soll gehören
Dem Frieden von Freyja und Freyr

Die Fäden der Nornen sind länger
Als mancher der Heutigen glaubt
Wir kommen, so wahr der Morgen
Des neuen Jahrtausends graut

Die Nornirs Ætt hat sich versammelt
Über zwei Dutzend Herzen sind heiß
Das Hakenkreuz, das wird gebrochen
Das Sonnenrad wieder weiß

Vielfältig Volk – Haut und Haare
Alle Farben mischt Mutter Natur
Was ist den Völkern gemeinsam
Das Blut! Das Blut!
Und rot ist es immer, und nur

Das Sonnenrad, das wird gehören
Dem Frieden von Freyja und Freyr


Text & Musik © Duke Meyer 1997 / 2000

(Ich bin zwar selbst keine Ásatrú-Anhängerin, aber ich habe vor gut zehn Jahren einen sehr engen Kontakt (Fotos, Kriegsbemalung, Kostüm, Ausstattung u. Teile der Dramaturgie seiner Eibensang-Performance waren von mir) zu Duke gehabt, und dadurch viel von dieser Kultur und der Zerrissenheit und den Konflikten innerhalb der Ásatrú- und Heidenszene mitbekommen.)
Falkin from outer space - 26. Okt, 13:36

die Rechtslast ist eine unnötige, überflüssige wie leider und unglücklicherweise aufspaltende Bürde im vanasentreuen Volke. Stimmt wohl.

Sehr schön der Text. Und JA Duke ist ein heller, bewegender, kraft-voller Geist... Nur für Sie habe ich jetzt meine verpackte HP wieder online gestellt.... dabei sind dort meinen Umbaumaßnahmen geschuldet unzählige Verlinkungen und Bildeinbindungen zerschossen, was wiederum an meiner Eitelkeit kratzt... und dringend der Schönheitsop bedarf. ...aber wohlan. klicktrick Im linken Menue unter Rechtslast befindet sich ein erhellender Vortrag vom fürstlichen Duke. Als die Sau noch Göttin war... Ach ja damals... mei, war des schee..
g a g a - 26. Okt, 14:23

Ich war auf der reanimierten Seite neulich schon mal, als sie noch online war ;-) Den Vortrag kenne ich, ich glaube ich habe sogar ein uraltes VHS-Video davon. Au weia, jetzt fällt mir ein, dass er mir seinerzeit nahezu alle seine alten VHS-Cassetten und Hi 8-Videocassetten alter Dokumentationen seiner Auftritte im Original überlassen hat, wir wollten mal etwas Brauchbares zusammenschneiden und er hatte damals nicht das Equipment. Ist zum Teil auch passiert, aber vor allem haben wir neue Video-Aufnahmen mit Sequenzen der Eibensang-Performance gemacht, bei mir in Berlin, hier in der Auguststraße. Wurde dann aber wieder aus den Augen verloren und nie veröffentlicht. Damals noch mit analogem Equipment. (Alles sehr lange her.)
Falkin from outer space - 26. Okt, 16:07

das ist interessant und kurious. Synchronizitätentechnisch.

Ich war einst angefragt zu einem Auftritt/ Interview eben bzgl Asatruaufklärungsgedönse. Da Duke im Gegensatz zu mir eine Rampensau ist, fragte ich damals bei ihm an, ob er mitmache. Der Termin platzte. Lag aber nicht uns. Später ging es um einen Auftritt in Berlin ... ich hätte da eine ganz gute Location gehabt und überhaupt. Aber auch das zerschlug sich.

Fühlt sich wie aus einem anderen Leben an. (Alles noch viel länger her)
g a g a - 26. Okt, 16:30

(Das war Anfang 2000 bis Ende 2002, ich kannte ihn schon sehr viel länger, durch einen gemeinsamen Freundeskreis, als er mit seinen ersten Bands und Performances Anfang der Achtziger Jahre unterwegs war, dann lebte er von 1998 bis 1999 in Pankow und zog glaube ich im Nov. 99 zurück nach Süddeutschland, ich wusste gar nicht, dass er vorübergehend in Berlin lebte, wir hatten seit Mitte der Achtziger, als ich nach Berlin ging, keinen Kontakt mehr und stolperten im Januar 2000 über das Internet wieder übereinander, lange Geschichte...)
Falkin from outer space - 26. Okt, 16:44

..interessante durch Herrn Nolde hervorgerufene Erinnerungsschnittmenge.. Mei diese Auftrittsgeschichte war... tscha gute Frage... schätzungsweise 2007, 2008. Jedenfalls wohnte er damals i-wo im Süddeutschen Raume. Wir hatten einen ungemein inspirierenden Austausch... wie seltsam.. dieser verlief sich ins Nichts... Wobei das auch durchaus in mir begründet sein mochte. Schätze es durchaus, mich immer wieder zu verflüchtigen und entziehen. Nun ja, auch bereichernder AusTausch sollte wohldosiert stattfinden und nicht das Selbst in Eindrücken ertränken. Wie es ist, ist es gut.

Haben Sie schon eine Entscheidung bzgl Ihrer Wohnsituation erwogen?
g a g a - 26. Okt, 18:57

Hm ja, Wohldosierung war seine Sache nicht. Aber meine auch nicht, insofern sind da zwei Charaktere mit einem ausgeprägten Hang zur unkontrollierten Überdosierung aufeinander getroffen. Vor zehn Jahren haben wir die Verbindung abgebrochen. Wir haben damals eine Menge ausgelotet. Mehr möchte ich dazu aber nicht schreiben, das wird dann doch arg privat, merke ich gerade.

Meine Wohnsituation ist (zumindest für die nächsten sieben bis acht Jahre) nicht in Frage gestellt, lediglich die Höhe der Miete, es sei denn, ich hätte von meiner Seite aus einen Impuls zur Veränderung, aber das ist im Augenblick noch nicht absehbar. Ich bleibe bis auf weiteres in meinem Adlerhorst, habe auch nicht darüber nachgedacht, hier wegzugehen. Für mich gibt es derzeit keinen attraktiveren Ort als Mitte, es steigert sich sogar immer noch, was ich nicht für möglich gehalten hätte. (Es hat mit Elektrizität zu tun, und damit meine ich nicht meinen Stromvertrag mit Greenpeace Energy). Ich habe Kontakt zum Anwalt der Eigentümer und um Exposés bzw. um Besichtigungsmöglichkeiten der Vergleichswohnungen, zur Verifizierung der Vergleichbarkeit und Angemessenheit, gebeten. Bis auf weiteres unterschreibe ich nichts. Nun ist die Gegenseite am Zug. Der Anwalt hat mir in vorauseilendem Gehorsam (am Telefon mit leicht gesenkter Stimme) mitgeteilt, dass ich von seiner Seite erst mal nicht befürchten müsste, dass er nach der Frist sofort die Klage veranlasst, und er mit dem Eigentümern klärt, dass ich einen Eindruck der anderen Wohnungen erhalte. Ich habe eine Strategie im Hinterkopf, über die ich mich hier aber eigentlich nicht auslassen will, das kostet mich schon im richtigen Leben genug Zeit, hier will ich mich erholen. Ich arbeite daran und habe Austausch mit der anderen Mieterin im DG gegenüber, gleiche Situation, allerdings hat sie eine Rechtsschutzversicherung und ich profitiere infomäßig von ihren bisherigen Aktivitäten. Vielleicht biete ich am Ende von mir aus großzügig eine Mieterhöhung nach meinem eigenen Ermessen an, einen symbolischen Betrag, wie beispielsweise eine Aufrundung auf den nächsten vollen Euro :-)
g a g a - 26. Okt, 20:15

P.S. ich musste gerade über einen Text von ihm grinsen, den er mir damals gewidmet hat, ich lese die Reime gerade mit ganz neuen Augen. Bei dem Wort Wüstenkind habe ich ein déjà vu, immerhin. Wie versunken das alles ist. Heute zaubert es mir aus der zeitlichen Entfernung ein Lächeln ins Gesicht.

Die Schöne und der Scheich

Kommt ein Wüstenkind zum Scheich
Fragt ihn: “Seid Ihr wirklich reich?”
Sagt der Scheich zum Wüstenkind:
“Schöne, tanz für mich geschwind!”

Sagt das Wüstenkind zum Scheich:
“Kein Problem, das ha´m wir gleich.”
Den Takt zum Tanz der Schönen pocht er,
Denn er mag die Wüstentochter.

Und am liebsten, ja, da möcht´ er
Viele solcher Wüstentöchter.
Er entbietet ihr Kamele,
Doch sie wehrt ab: “Oh Herr, ich wähle
Lieber Wüstenhorizont,
Als dass ich in den Harem komm!”

“Dort sind,” ruft er ergrimmt, “nur Geier!
Komm zu mir! Ich kauf dir Schleier!”
Da bricht die Maid, im Herzen weh,
Ihren Tanz ab: “Nein, ich geh!
Denn was mich in Wahrheit ziert,
Das, oh edler Herr, habt Ihr
Offensichtlich nicht kapiert!”

Doch der Scheich denkt nur, sie schmollt,
Reicht ihr einen Beutel Gold:
“Schönes Kind, das ist für dich.
Und jetzt tanz nochmal für mich!”

Da lacht sie hell: “Ach, steckt das schnell
Dahin zurück, wo Ihr´s entnommen!
Deswegen bin ich nicht gekommen!
Nicht für Geld hab ich getanzt!”

Da springt er auf: “Ja, wofür dann?”
Und sein weißes Scheichgewand
Wirbelt Sand auf, sehr viel Sand,
Bis er nichts mehr sehen kann.

Als sich der Wüstensturm gelegt,
Steht der Scheich allein da, bebt.
Und er sucht den Horizont
Nach der Schönen ab: umsonst.

Wofür hat sie nur getanzt?
Fragt der Scheich sich und steht ganz
Ratlos in der Sonne Glanz.


Text © Duke Meyer 2001
Für Gaga


http://www.eibensang.de/index.php/die-schoene-und-der-scheich/

Ich glaube, ich kann mich heute mehr damit identifizieren als damals, haha. Wer übrigens behauptet, Songlyrics wären niemals hundertprozentig autobiographisch, lügt wie gedruckt. Ich würde sogar sagen, Dukes Texte sind fünfhundert Prozent autobiographisch. Untergrenze. Es gab auch noch zwei elegischere Werke, vertont zum Geburtstag, allerdings nur für den privaten Gebrauch, in einmaliger Auflage. Wenn man älter wird erinnert man sich gern an solche Aufmerksamkeiten der Sturm- und Drangzeit zurück. Muss ich mir nochmal anhören. (War, im Gegensatz zu dem da oben, ausgesprochen sentimental.)
Falkin from outer space - 27. Okt, 08:05

...ah, ok. Ich hatte die Wohnsituation falsch verstanden,. in Frage gestellt gesehen und die Möglichkeit in der jetzigen Wohnung zu verbleiben anders eingeschätzt. ..in einem meiner Berliner Quartiere - eine zauberhafte, lichtdurchflutete Wohnung mit Atelier, Balkon, schöner Aussicht, angenehmer Nachbarschaft - wurden sämtliche Bewohner durch mehr oder minder ausgeübten Druck, sowie Alternativangebote.. zum Auszug bewegt. Bis auf mich. Ich verweigerte mich, mich aus meiner Haut entfernen zu lassen. Erfolgreich. Zu dem Zeitpunkt war es mir undenkbar, an anderer Stelle, anderem Ort verwurzeln zu können. Später ergab sich das Undenkbare fließend und leicht. Gelebt habe ich mehrere Jahre in Mitte, später phasisch im Wedding (Atelier), arbeite im Norden, mein Mann hat sein Büro in Xberg. Doch je öfter ich in Berlin bin, desto fremder wird es mir. Mittlerweile. Wie gesagt, dass war vor Urzeiten anders. Und ich habe das Gefühl, dass das von mir durchlebte "avantgardistisch-anarchistisch-authentisch-e Berlin" sich in einem winzigen Punkt selber verschluckt, auflöst. Die Stadt lebt und verändert sich. Wobei meine Wahr-nehmung und mein Bezug über meine individuelle Entwicklung und nicht über die Stadt aussagt. (Wobei viele meiner "Künstlerfreunde" sich mittlerweile aus ähnlich empfundenen Gründen aus B abgeseilt und an anderer Stelle verwurzelt haben.)

Was Duke anbelangt... so waren wir uns nie nahe, so intim. Auch von einer Freundschaft würde ich nicht sprechen. Der Kontakt entstand über jedwelche schamagischen Plattformen und wir inspirierten uns gegenseitigen in unseren Wort-er-schöpfungen und -bildern. Aber das war.s auch schon an Nähe. Bis vor Kurzem winkten wir uns ab und an auf FB zu, aber ich habe mich von dieser bizarren Plattform abgeseilt. Nicht meins. Außerdem befand ich mich ja vorübergehend mal wieder im Entmaterialisierungsmodus. Sehr angenehm, diese Steppenwölfinnen-Option.

...gewidmete Texte sind etwas natürlich Besonderes. Mir wurden ein Lied und ein Songtext gewidmet. Wärend der Text mehr den recht einseitigen Blickwinkel und winzigen Wahrnehmungsausschnitt eines Verliebten wiedergibt.. und ich (mittlerweile.... beim Erhalt war ich empört!!) mich durchaus geehrt, allerdings nicht tatsächlich erkannt fühle, verrät das rein instrumentale Liedchen Unmengen über eine einmalige Verbundenheit. Snake.s Kiss. Kleine Timemachine. Wenn ich es höre, schleudert mich die Erinnerung direkt in dieses sehr postiv und angenehm erinnerte Miteinander.

...Schöne und Scheich - kompakter Text. Und Duke schafft es in witzigen, leichtfüßigen, kleinen Sätzen ganze Archetypen aufzurollen und wirken zu lassen. Spellbinder. Mich erinnert die Begegnung an die der Wilden Frau und den Patriarchen, an Adam und Lilith. An Duke und Gaga hätte ich hierbei nicht gedacht, dafür kenne ich (Sie) beide zu wenig. Sehr schön!
g a g a - 27. Okt, 13:23

Das stimmt, der Archetyp des Patriarchen ist eher nicht so nachvollziehbar, in diesem ja doch auch absichtsvoll albernen, putzigen Kindermärchen-Szenario. Die Metapher liegt nicht im Scheich, dem Alphatier, der Herrscherfigur, sondern dem verfügbaren Harem ;-) Nichtsdestoweniger träumt es sich gerne, gerade wenn man kein Scheich ist, in eine Märchenwelt, in der man sich mit ein paar verspielten Worten als Scheich verkleidet, der die Puppen tanzen lässt. Man muss dazu sagen, dass die Kommunikation zwischen uns sehr viele verspielte Aspekte hatte. Es gab einige liebenswerte Phantasie-Alter Egos, mit denen wüst herumgespielt wurde. Das reinste Theaterstück, sehr unterhaltsam. Geschrieben hat er ja schon immer gern.

Ich habe bei facebook auch nur einen vier Jahre alten Account, der von mir nicht weiter benutzt wird, mir ist die Ästhetik von facebook fremd, ich habe bis vor drei Jahren ein bißchen mitgespielt und dies und das, aber da entstand nichts von substanziellem Wert, ich meine inhaltlich und visuell. Aber für manche ist das eine Art Stromleitung, pulsierende Nabelschnur zum Rest der Menschheit, bereichernde, kleine Lebenszeichen, nehme ich an. Ich will das nicht abwerten, es ist nur nichts, was mich anzieht. Ich investiere lieber ein paar Minuten in einen umfangreicheren Beitrag hier. Danke übrigens für die detaillierten Kommentare, ich finde das sehr aufmerksam und weiß es sehr zu schätzen. Ich poste ja sehr viele Einträge, die wie im Nichts zu verhallen scheinen. Gut, dass ich mich selber daran erfreuen kann! Vielleicht sollte ich eine neue Kultur einführen, dass man sich selber angemessene, anspruchsvolle Kommentare unter die eigenen Einträge schreibt, nicht nur antwortenderweise.
g a g a - 27. Okt, 14:01

warum Gaga Nielsen Gaga heißt

P.S. apropos "verspielte Kommunikation"... nun kann ich endlich nach vielen Jahren das Geheimnis lüften, warum ich Gaga heiße! Markus Richter hat mich das ja seinerzeit, vor drei Jahren, auch bei Fritz (Minute 9:24) gefragt und ich habe mich ein bißchen geziert, von wegen "lange Geschichte". Duke und ich blödelten per Mail so herum und er meinte "Du bist doch gaga!" Und ich unterschrieb die nächste Mail mit "ich, Gaga!". Seit dem bin ich Gaga. Er nahm das auch gleich wie selbstverständlich auf und die Mails begannen nur noch mit Lieb(st)e Gaga,... und auch wenn wir uns trafen oder telefonierten setzte es sich fort, als wäre es nie anders gewesen. Duke ist sozusagen mein Taufpate. Von dieser Mail an, hieß ich nie mehr wie vorher. Es gibt allerdings einen Bezug zu meinem ursprünglichen Taufnamen, deswegen schien es ganz natürlich. Das war irgendwann im Jahr 2000.


(Test: 28. Okt., 23:55 Uhr: aha, Kommentar editieren geht also. Kommentar wird chronologisch nach oben gewuchtet)

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Margarete 22. April...
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