07. September 2015








Freitag, vierter September. Nachmittags um vier. In Charlottenburg, in der Galerie von Johanna Breede. Sie zeigt Bilder von Sheila Rock und Beat Presser. Was für Namen. Rock und Beat. Auch wenn man selbst viel fotografiert und viel gesehen hat, kennt man nicht jeden bemerkenswerten Fotografen, nicht jede bemerkenswerte Fotografin. Das kann man alles gar nicht schaffen, bewältigen. Ich bin ja keine Kuratorin, die dafür bezahlt wird, sich da auszukennen. Es sind Zufälle, dass ich das erfahre, einen Termin mitbekomme. Manchmal Verteiler, in denen ich bin, manchmal weitergeleitete Infos, oft durch Jan, wofür ich dankbar bin. Ich renne nicht in jede Ausstellung, aber wenn ich das Gesicht eines Fotografen sehe - oder einer Fotografin - kann es unabhängig von deren Werk passieren, dass ich neugierig werde. Es gab ein Gespräch mit beiden zu ihrer an jenem Nachmittag noch laufenden Ausstellung bei Johanna Breede in der Fasanenstraße. Ich finde, es ist eine der schönsten Galerien in Berlin überhaupt. Ich bin da ein bißchen empfindlich. Ich fühle mich oft nicht sehr wohl in Ausstellungsräumen, weil das Licht zu kalt und hart ist, die Details nebensächlich. Ich mag es genau so, wie es bei Johanna Breede ist. Mit dem weißlackierten Parkettboden, den subtilen Spotlights auf die Exponate. Der schöne Fuß des Macs auf dem Schreibtisch, diese Halbkugel. Die Markise. Das sind Details, die auch sehr in die Fasanenstraße passen. Das ist für mich die Fasanenstraße, die ich in bestimmten Abschnitten sehr, sehr mag. Eine Atmosphäre, die es nirgendwo in Ostberlin gibt, auch nicht in den schönsten Seitenstraßen vom Gendarmenmarkt. Das ist das alte Westberlin und seine atmosphärische Patina, eine lässige Eleganz, die nicht viel Veränderung braucht, seit Jahren nicht, eher Maßnahmen zur Erhaltung. Was Klasse hat. muss sich nicht dauernd neu erfinden.




Vogue UK erwähnt in einem Beitrag zu Sheila Rock: "Legendary music photographer Sheila Rock will launch her new book, Punk (...) The picture-based tome is a visual documentation of the punk movement in London, featuring never-seen-before shots of pivotal musicians including The Clash, Chrissie Hynde, Paul Weller and The Sex Pistols. The collection of photos had previously been stored in a box in Rock's garden shed. "I looked at how much work I had actually done at the time and realised that I had actually captured an interesting moment in time on many levels," Im deutschsprachigen Wikipediaeintrag zu Beat Presser steht u. a.:





"Bereits im Alter von 15 Jahren beschloss Presser Fotograf zu werden. Im Jahr 1972 unternahm er eine mehrmonatige Weltreise (...) Presser begann 1973 bei Mansutti in Basel eine Ausbildung als Fotograf, die er an 1974 in Paris bei Peter Knapp fortsetzte. Ab 1975 folgte eine Ausbildung zum Kameraassistenten (...) Nach einer kurzen Tätigkeit als Matrose arbeitete Presser unter anderem in New York. (...) Danach war er in Paris für verschiedene Modefotografen tätig und verlegte das Fotomagazin Palm Beach News (...) (...) In den 1980er Jahren arbeitete Presser eng mit dem Regisseur Werner Herzog und dem Schauspieler Klaus Kinski zusammen. So dokumentierte er die Entstehung der Filme Fitzcarraldo (1982) und Cobra Verde (1987). Die während der Zusammenarbeit mit Herzog und Kinski entstandenen Fotos bildeten die Basis mehrerer von Presser veröffentlichter Bildbände und Ausstellungen (...)" usw. usf. Ich glaube nicht, dass ich großartig erklären muss, dass es interessant ist, diese beiden Fotografen aus nächster Nähe zu erleben. In der Ausstellung waren kaum Portraits zu sehen, wir sahen von beiden (die sich ebenfalls bei einer Ausstellung in der Galerie von Johanna Breede kennenlernten, 2010 wie ich erfahren habe) Aufnahmen aus beider Archiven, die in einem Zusammenhang zum Meer standen. Aus vielen Ländern, vielen Küsten. Virtuose Aufnahmen. Bei einer sehr schönen von ihm, die ein Segelboot, ich glaube irgendwo in Asien, mit aufgeblähtem Segel in voller Fahrt zeigte, wies er darauf hin, dass er leider die obere Spitze des Segels nicht einfangen konnte, aufgrund der Dynamik... das war sehr sympathisch, dass er das anmerkte. Wer ein gutes Auge hat, und selbst fotografiert, sieht das. Ein anderer bemerkt es wahrscheinlich gar nicht. Eine Kleinigkeit. Mit meinen Aufnahmen der beiden bin ich nicht so zufrieden. Ich konnte ihn zwar vom Ausdruck her teilweise ganz gut einfangen, aber alle Bilder sind verrauscht, da beide niemals im direkten Lichtpegel standen. Ich habe Beat einen Link zu den Bildern gemailt, und er hat mir geantwortet, was mich freute, weil er mehr als nur "Danke, viele Grüße" schrieb, (was nicht selbstverständlich ist) sondern noch einige Gedanken dazu, wie zum Beispiel, dass er die digitale Revoulution in der Fotografie und die neuen Möglichkeiten, die sich dadurch entfalten, fasziniert beobachtet. Er kannte zum Beispiel flickr nicht. Wenn er durch meinen Account Bekanntschaft damit macht, hat er allerdings auch ein exorbitant bestücktes Beispiel eines digitalen Streams vor sich.




Aber nicht den schlechtesten. Solche kleinen Begegnungen sind eine große Bereicherung. Sie kosten weder Eintritt noch sonstige Bemühungen. Außer hinzugehen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Matthias Harder ebenfalls gekommen war. Er ist Direktor der Newton Foundation und mein Jahrgang. Auch sehr sympathisch.




Ich habe keinen weiteren Kontakt an diesem Nachmittag gesucht, denn ich sah durch das Fenster, dass es sich aufgehellt hatte und hatte Lust, auf die unerwartet in Sonne getauchte Fasanenstraße zu gehen, nach Hause. Über den Kudamm. Es hatte kurz geregnet und nun strahlte die Spätsommersonne wieder. Wunderbar. Ich liebe den KuDamm, diese Ecke. Die Rotunde vom Kranzler. Ich könnte die fotografieren, als hätte ich sie noch nie gesehen. Oder zum ersten Mal. Auch mit dem blöden Gerry Weber-Schriftzug darunter. Ich erinnere mich noch, wie Mitte der Achtziger, als das ganze Gebäude noch das Café Kranzler war, die Stühle und Kaffeehaustische auf dem Trottoir standen. Das fehlt mir an der Ecke. Da gehören diese kleinen Marmortischchen wieder hin und auch unten die rotweiß-gestreiften Markisen, nicht nur ganz oben, wo die verkleinerte Kranzler-Reminiszenz zuhause ist. Aber trotzdem alles gut, alles schön. Jammern auf hohem Niveau ist passé. Bei mir eh. Lange schon. Ich hoffe, dass unsere Refugees bald, irgendwann, eines nicht zu fernen Tages, einen ruhigen Punkt finden, wo sie ein permanentes Dach über dem Kopf haben und einfach nur über den KuDamm laufen können. Nur um zu schauen. Mehr habe ich auch nicht gemacht. Einfach nur schauen und in die Septembersonne blinzeln. Mehr habe ich dazu jetzt nicht zu sagen, ich muss auch schlafen gehen. Ich hatte ein paar Tage frei, in denen ich machen konnte, was ich wollte und habe viel geschlafen. Morgen dann wieder ein anderer Rhythmus. Aber auch ein guter.
kid37 - 7. Sep, 23:56

Ich bin nur hier wegen Ihrem Kleid! Schick! (Sheila Rock ist natürlich auch super. Visuelle Wegbegleiterin meiner frühen Jahre.)

g a g a - 8. Sep, 00:07

<3

(ich liebe solche Kommentare, warum kriege ich nur so wenige davon...)

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