Ich hatte noch nie einen Liebhaber, der Zeichen von Eifersucht gezeigt hat, nicht einmal im geringsten Ansatz. Ich denke, das nervt erst ab einem pathologischen Ausmaß, wenn jemand Verfolgungs- und Kontrollwahn entwickelt. Aber die Vorstellung, dass ich bei einer Geselligkeit ein bißchen ausgiebiger mit einem hochattraktiven Mann, den ich ich noch nicht kenne, plaudere und lache und mein (nur in der Phantasie existierender) Geliebter mal rüberguckt und später sehr interessiert fragt, wer das denn eigentlich war und ob ich den attraktiv fände, amüsiert mich. Das ist so eine winzige Dosis von Eifersucht, die ich durchaus nett fände. Also ein Zeichen, dass es jemandem nicht komplett egal ist, wo ich mich an einem Abend rumtreibe, mit wem ich mich amüsiere und was mich dabei bewegt. Das wäre für mich ein Zeichen von Interesse an mir und meinem Leben. Aber habe ich noch niemals erlebt. Eigentlich nur Männer, die versichern, dass sie überhaupt keine Eifersucht kennen, was auch in allen Fällen nicht nur ein Lippenbekenntnis war, was ich eher als Zeichen einer gewissen Beliebigkeit empfand. Sie waren auch nicht selten nur an mir interessiert, das nur ganz nebenbei. Ich bin ohnehin kein potenzielles Opfer für Kontrolle, weil ich ein Rückzugs- und Abgrenzungsprofi bin. Ich lege Wert auf eine eigene Wohnung, verweigere die Tür zu öffnen, wenn jemand unangemeldet klingelt, telefoniere wenig, weiß nicht, wie man smst, schicke selten Mails, habe kein Handy oder Smartphone bei mir und kontrolliere im Übrigen auch andere nicht mit solchen überwachungsfähigen Instrumenten. Dass meine Eifersuchtsgefühle in der Vergangenheit noch weitaus berechtigter waren, als ich zu dem Zeitpunkt im Gefühl hatte (ich rieche, wenn jemand lügt und höre den falschen Ton in der Stimme, wenn mir jemand eine seltsame Geschichte auftischt), habe ich oft erst Jahre später im vollen Ausmaß erfahren. Ich ziehe sehr freiheitsliebende Menschen an, und zwar in jeder Hinsicht. Bin ich selbst ja auch in vieler Hinsicht, auch ein bißchen widersprüchlich. Ich kann auch viele Menschen attraktiv finden und lieben, habe aber bei erotischer Attraktion immer sofort das Bedürfnis, das ausschließlich auf eine Person bezogen zu praktizieren. Hat mit Intensität zu tun. Es ist ein weites Feld.

Meine Intuition sagte mir das auch immer, nur habe ich es nicht immer sofort gehört. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mal auf eine harmlose Lüge am Telefon entgegnete: Ach, komm, das war doch eben gelogen. Er gab es zu und ersetze die eine Lüge durch eine andere. Weil es mir keine Ruhe ließ, flog ich am nächsten Tag nach Berlin. Linie, sauteuer. Derjenige war zwar sehr überrascht, setzte dann aber nur noch eine Lüge drauf. Aber auch die flog am Ende auf, er stritt aber selbst dann noch alles ab. Ziemlich erbärmlich.

Mit grundloser Eifersucht Dritter habe ich mehrfach und ausgiebig Erfahrung gemacht. Auch nicht schön. Insgesamt waren bislang zwar mehr Frauen meinetwegen eifersüchtig, aber es waren auch Männer darunter.

Das Bizarrste was mir einst in dem Zusammenhang widerfuhr, war der Anruf einer mir völlig unbekannten Frau, die gleich mit der Tür ins Haus fiel, und mich in (verständlicherweise) angesäuertem Tonfall darüber informierte, dass sie die langjährige Lebensgefährtin des Mannes sei, dessen langjjährige Lebensgefährtin ich zu sein glaubte, das war ungefähr 1997, und ich hatte bereits fünf Jahre mit dem Mann zu tun. Als der Anruf kam, saß er in meiner Küche, wir hatten das Wochenende zusammen verbracht und gerade gefrühstückt. Danach habe ich ihn zur Rede gestellt. Er hat nichts abgestritten. Eine Erfahrung der besonderen Art. Gruselig. Einige Jahre später versuchte ich mit einem Mann zurechtzukommen, der mir offen seine polygamen Neigungen gestand, ich wollte es aber trotzdem nicht wahrhaben. Er hat mich dann wohlweislich mit Details verschont, weil er wusste, dass ich nicht juhu rufe, wenn er seine Aufmerksamkeit nicht nur mir schenkt, sondern breit streut. Wie breit, habe ich auch erst später erfahren. Er hatte sich selbst dahingehend konditioniert, möglichst viel an Detailinformationen unter den Teppich zu kehren, also zu schweigen und genießen. Und ich habe ihn selten zur Rede gestellt. Irgendwann explodiert der unterdrückte Gram aber eben doch. Alles nicht so schön. Heute sind wir tatsächlich in Frieden und gewissermaßen Freunde. Hat aber viele Jahre (einsame) Verarbeitung und Relativierung gebraucht, zu erkennen, dass man zwar in vieler Hinsicht ähnlich tickt, aber in existentiellen Beziehungsidealen keinen gemeinsamen Nenner hat.