08. April 2012

Nun ist die große Stunde gekommen! Wir begeben uns gemeinsam in die Hohenzollerngruft. Sicher erhoffen auch Sie sich davon einen unvergesslichen und irgendwie aufwühlenden Höhepunkt unseres gemeinsamen Ausfluges zum Berliner Dom. Auch ich habe mir die Erfüllung dieses lange gehegten Herzenswunsches seit vielen Jahren in den prachtvollsten, wenn auch eher dunkel gehaltenen Anthrazit-Schattierungen ausgemalt. Genau genommen war meine Vorstellung, dass man sich nach Erwerb der Zugangsberechtigung vielleicht Schlag Zwölf Mitternacht zur vollen Stunde mit einem Ortskundigen am Grufteingang trifft, wo jeweils maximal sieben bis neun andere Gruftbesucher um Einlass bitten. Der düster dreinschauende, vielleicht etwas bucklige Leiter der Gruftführung (unbestimmbaren Alters) würde eine zuckende Holzfackel in der knorrigen, gichtgekrümmten Hand halten und durch eine unheilvoll quietschende, wurmstichige Holztür würde man tollkühn und todesmutig gemeinsam die feuchten, stechend muffig übelriechenden, vermoosten Steinstufen hinabschreiten. Eine enge, schlecht ausgeleuchtete Wendeltreppe hinab, in ein ungewisses, modriges Dunkelgewölbe. Der irgendwie mittelalterlich wirkende Führer hätte an die Gruppe - ganz modern - vor dem Abstieg ins Grauen noch antiseptischen Mundschutz verteilt. Man weiß ja, Schimmelpilz und das gefährliche Leichengift. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Mit einem knarzigen Hänsel-und-Gretel-Quietschen, untermalt vom verschwörerisch meckernden Lachen des irren Alten würde die schwere Tür unversehens ins Eisenschloss fallen und das einzige Tageslicht auf unbestimmte Zeit, für ein, zwei Stunden, die einem wie eine Ewigkeit vorkommen würden, aussperren. Das jüngste Gericht wäre der reinste Osterspaziergang dagegen. Für das, was einen unten in den gruseligen Gewölben erwarten würde, bräuchte man auch beim anschließenden Bloggen richtig, richtig starke Nerven oder wenigstens Riechsalz. Die modrigen, durch Schleier von Spinnweb erahnbaren Katafalke des Hauses Hohenzollern würden wie durch geisternde Irrlichter hie und da von der zuckenden Fackel von jenem zahnlosen, missgestalteten Greise erhellt (der sich nebenher auch noch für ein Zubrot als Glöckner verdingen würde).



Stockfleckiges, mottenlöchriges Sargfutter mit fadenscheinigen Prunkstickereien für die einstmals gekrönten, verrottenden toten Leiber würden für Sekunden durch die schiefen, leicht angehobenen Sargdeckel schimmern. Durch die Ritzen erkennt man hier eine graue, klumpig verfilzte Haarsträhne, dort eine gefaltete Knochenhand mit einem wurmstichigen Prunkkreuz auf verblichenem Leichengewande. Ich denke, Sie wissen so grob ungefähr, was ich meine. In diesem dramaturgischen Sinne ist es vielleicht sogar ganz zuträglich, dass die Aufnahmen die unschärfsten und schemenhaftesten der ganzen schönen Domreihe sind. Ein bißchen schummrig war es nun ja doch. Ansonsten alles picobello. Auf dem hochglänzend polierten Steinboden hätte man ohne Weiteres Picknick machen können. Mundschutz wurde nicht benötigt. Ich habe allerdings den Verdacht, dass dort ein modernes Mittel zum Einsatz kommt, das den muffigen Leichengeruch, der ja zwangsläufig doch durch die morschen Särge dringen muss, neutralisiert! Was ich allerdings unbedingt lobend erwähnen möchte, sind die ausgestellten Sargmodelle. Da ist eigentlich für jeden Geschmack etwas dabei.



Aparte Applikationen, festliche Holzornamente und Beschläge sowie schöne Intarsienarbeiten. Was mich persönlich ganz stark anspricht, sind diese dunkelroten Samtkissen auf der Kopfseite mit schöner goldener Krone obenauf. Das hat Stil, das zeugt von Geschmack und angemessener Ehrerbietung. Das könnte ich mir von der Sache her auch für mich vorstellen. Auf jeden Fall haben mir viele Särge entschieden mehr zugesagt, als diese ganz modernen Sargmodelle wie zum Beispiel der neulich von Whitney Houston oder Michael Jackson. Ich glaube, die hatten sogar den gleichen Katafalk. Das Modell hat mir eher ausgesehen wie eine längliche, kugelsichere Geldschatulle mit Futter. Zu glatt poliert und das Goldfarbene auch insgesamt zu aufdringlich. Meinem Geschmack entspricht da eher eine einfache viereckige Kiste, meinethalben leicht gepolstert, ohne Schmuckleisten und Schnörkel-Scharniere, aber dafür aus einem edlen, vielleicht rötlichen Gehölz, schön matt gewachst, mit sehr zurückhaltender Maserung und bitte ganz ohne Astlöcher. Das Ganze soll immer noch elegant aussehen und nicht nach Marke Eigenbau vom Obi-Baumarkt oder Siebziger-Jahre-Wohngemeinschaft. Was mir auch noch ausgezeichnet gefallen hat, ist die geheimnisvolle Gruftnische für die namenlose Prinzessin. Sehr mysteriös, ganz nach meinem Geschmack! An Kindersärgen mangelt es ja nicht da unten, aber diese Nische, ja man könnte sagen, dieses Ein-Zimmer-Gruft-Apartment, ist ganz besonders. Durch die Gitterstäbe eines hermetisch verschlossenen, schmiedeeisernen Schnörkeltors wird einem gnädig gestattet, aus ziemlicher Entfernung einen Blick auf einen kleinen weißen Sarg mit einem vertrockneten Blumenstrauß zu erhaschen. Nicht einmal Königin Sophie-Charlotte hat eine so exorbitant exklusive letzte Ruhestätte da unten. Dabei hat das kleine Würmchen, für den der Geburtsvorgang scheinbar zu starker Tobak war, noch nicht einmal einen Namen. Da muss schon arg viel Hinwendung im Spiel gewesen sein, dass die kleine Baby-Prinzessin so einen Platz in der Ewigkeit der alten Hohenzollerngruft bekommen hat. Soweit zur Gruft, wieder was vom Tisch! Zuguterletzt erwartet einen dann um die Ecke des Kellergewölbes der Dom-Shop, mit schicken besinnlichen Souvenirs und daneben so einem Mini-Einstein-Café.



Da ich damals bereits auf dem Hardcore-Spartrip war, war eine teure Tasse Kaffee natürlich nicht drin, wo ich mir schließlich um die Ecke daheim bedeutend preisgünstiger selber ausgezeichneten Bohnenkaffee zubereiten kann! Ich denke, heute am Ostersonntag ist es vielleicht besonders schicklich, wenn ich die Gruft-Bilder hochlade, da ich ja sogar den österlichen Sinnspruch dort unten gefunden habe "ER ist nicht HIER - ER ist auferstanden". Na bitte.

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